Klima: Prognose, keine „absolute Sicherheit“
Rupert Neudeck über das Buch «Kulturgeschichte des Klimas – von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung» des Klimatologen Wolfgang Behringer.
Das ist das Buch eines nüchternen Wissenschaftlers, der sich nicht schnell ein X für ein U vormachen lässt. Dass etwas mit dem Klima nicht in Ordnung ist, wissen wir seit dem Club of Rome und den „Grenzen des Wachstums“ (D. Meadows). Aber, dass die Wissenschaft auch irritierend in ihren Prognosen sein kann, wer wüsste das nicht genauer als Wolfgang Behringer, Professor für Klimageschichte im Saarland.
In den 70er Jahren gab es wissenschaftliche Kalkulationen und Hochrechnungen in Richtung auf eine neue Eiszeit. Für das Weltklima wurde sogar an einen Damm zur Absperrung der Beringstrasse zwischen Alaska und Russland /UdSSR gedacht. John F. Kennedy zeigt sich solchen Anregungen im Wahlkampf aufgeschossen. Alles das waren Vorschläge zur Bekämpfung des global cooling. Zur Debatte standen auch das Abdecken der Polkappen mit schwarzen Folien oder – die vermehrte Erzeugung von CO2 zur Verstärkung des Treibhauseffekts. Diskutiert wurde damals bereit das Einbringen von Metallstaub in die Atmosphäre. Auch die Militärs fühlten sich inspiriert. Sie schlugen vor, wie der Autor berichtet, die Sprengung unterseeischer Berge südwestlich der Färöer Inseln mit Hilfe von Atombomben zur Verlängerung warmer Meeresströmungen in die Arktis. Die Aufheizung Grönlands mit Hilfe von Atomreaktoren oder das Schmelzen des Poleises mit Wasserstoffbomben.
Doch dann drehte sich alles um in den Kalküls und Debatten des Klimaschutzes. Es kam zu einer abnormen Steigerung des Flugverkehrs. Die Diskussion über die Ursachen der Globalen Erwärmung wurde in die Öffentlichkeit getragen wie kaum eine andere Streitfrage. Deshalb geht es um die letzten Reaktionen. Einmal gab es die Einrichtung des zwischenstaatlichen Ausschusses für den Klimawandel (IPCC), der seit 1988 von Genf aus die dramatischen Klimaforschungsberichte machte. Es gab die Konferenz von Rio 1992, auf der die UN Rahmenkonvention zum Klimawandel verabschiedet wurde. Es kam im Dezember 1997 zu dritten Folgekonferenz im japanischen Kyoto Einige Staaten akzeptierten keine Selbstbeschränkungen, aber andere wie die EU erlegten sich eine Reduktion um 8%, die USA um 7 %, Japan und Kanada um 6 % auf. Allerdings traten die USA aus dem Club aus, als sie unter der Präsidentschaft von G. W. Bush sich aus vielen globalen Verantwortlichkeiten zurückzogen.
Im 4. IPCC Report vom 3. Februar 2007 ist nun die Alarmglocke nicht mehr zu überhören. Auch die seriösesten Zeitungen berichten darüber. Der Autor betont aber noch einmal: Es gäbe für den anthropogenen Anteil an der globalen Erwärmung eine 90% Sicherheit. Der in den Zeitungen und Medien angeklungene Aspekt „absoluter Sicherheit“ ist allerdings falsch. Denn die gibt es in den Wissenschaften selten. Die Frage der Anthropogenen Erwärmung werde nach dem letzten IPCC Bericht (Intergovernmental Panel on Climate Change) nach Meinung von Achim Steiner in die Geschichtsbücher eingehen. Achim Steiner ist allerdings ein Deutscher, kein Brasilianer (wie das Buch behauptet), Nachfolger von Prof. Klaus Töpfer in Nairobi.
1990 betrug der Satz für Emission von Treibhausgas CO2 pro Jahr 23,5 Milliarden Tonnen, 2007 sind es bereits 26,4 Mrd Tonnen. Dazu kommen die indirekten Emissionen von 1,8 bis 9.9 Mrd Tonnen aus Waldrodung und veränderter Ladnutzung. Nehme man den Mittelwert der Prognosen, so ergebe das einen Meeresanstieg von 35 cm.
Es sei zwar heute noch übertrieben von Klimaflüchtlingen zu sprechen, wie die UNO es schon lange tut. Sollte der Meeresspiegel – so Wolfgang Behringer – allerdings um 1-2 Meter ansteigen, dann werden tief liegender Länder wie Bangladesh und vielleicht sogar unser Nachbar, die Niederlande Probleme bekommen.
Der Autor ist vorsichtig mit dem freihändigen Hantieren von „Umweltsünden“, also mit theologischen Substituten für das, was wir politisch nicht schaffen oder falsch machen. „In früheren Gesellschaften war es die Aufgabe der Priester, auf Gesetzesvorstösse hinzuweisen. Diese Rolle scheinen heute die Klimaforscher übernommen zu haben.“ Auch die medizinischen Vergleichsbilder liebt der Professor für Frühe Neuzeit an der Universität des Saarlandes nicht. In der Zukunft muss man für die Tagespolitik nicht mehr klären, wie hoch der anthropogene Anteil ist.
Viele der Massnahmen sind nicht allzu teuer und sogar unabhängig von einer Klimaänderung sinnvoll. Dazu – zählt der Autor am Schluss des sehr lesenswerten Buches auf – gehöre der Abbau von versteckten Subventionen für das Verbrennen fossiler Energien, die Reduzierung on ungesunden Abgasen, der Schutz der Wälder, die Verbesserung der Wärmedämmung“. Schön, wenn sich Wissenschaftler auf solche konkret erreichbaren Nahziele zurückbiegen.
Wolfgang Behringer: Kulturgeschichte des Klimas – von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung. C.H. Beck, 2007. 352 S. Fr. 40.10/€ 22.90
In den 70er Jahren gab es wissenschaftliche Kalkulationen und Hochrechnungen in Richtung auf eine neue Eiszeit. Für das Weltklima wurde sogar an einen Damm zur Absperrung der Beringstrasse zwischen Alaska und Russland /UdSSR gedacht. John F. Kennedy zeigt sich solchen Anregungen im Wahlkampf aufgeschossen. Alles das waren Vorschläge zur Bekämpfung des global cooling. Zur Debatte standen auch das Abdecken der Polkappen mit schwarzen Folien oder – die vermehrte Erzeugung von CO2 zur Verstärkung des Treibhauseffekts. Diskutiert wurde damals bereit das Einbringen von Metallstaub in die Atmosphäre. Auch die Militärs fühlten sich inspiriert. Sie schlugen vor, wie der Autor berichtet, die Sprengung unterseeischer Berge südwestlich der Färöer Inseln mit Hilfe von Atombomben zur Verlängerung warmer Meeresströmungen in die Arktis. Die Aufheizung Grönlands mit Hilfe von Atomreaktoren oder das Schmelzen des Poleises mit Wasserstoffbomben.
Doch dann drehte sich alles um in den Kalküls und Debatten des Klimaschutzes. Es kam zu einer abnormen Steigerung des Flugverkehrs. Die Diskussion über die Ursachen der Globalen Erwärmung wurde in die Öffentlichkeit getragen wie kaum eine andere Streitfrage. Deshalb geht es um die letzten Reaktionen. Einmal gab es die Einrichtung des zwischenstaatlichen Ausschusses für den Klimawandel (IPCC), der seit 1988 von Genf aus die dramatischen Klimaforschungsberichte machte. Es gab die Konferenz von Rio 1992, auf der die UN Rahmenkonvention zum Klimawandel verabschiedet wurde. Es kam im Dezember 1997 zu dritten Folgekonferenz im japanischen Kyoto Einige Staaten akzeptierten keine Selbstbeschränkungen, aber andere wie die EU erlegten sich eine Reduktion um 8%, die USA um 7 %, Japan und Kanada um 6 % auf. Allerdings traten die USA aus dem Club aus, als sie unter der Präsidentschaft von G. W. Bush sich aus vielen globalen Verantwortlichkeiten zurückzogen.
Im 4. IPCC Report vom 3. Februar 2007 ist nun die Alarmglocke nicht mehr zu überhören. Auch die seriösesten Zeitungen berichten darüber. Der Autor betont aber noch einmal: Es gäbe für den anthropogenen Anteil an der globalen Erwärmung eine 90% Sicherheit. Der in den Zeitungen und Medien angeklungene Aspekt „absoluter Sicherheit“ ist allerdings falsch. Denn die gibt es in den Wissenschaften selten. Die Frage der Anthropogenen Erwärmung werde nach dem letzten IPCC Bericht (Intergovernmental Panel on Climate Change) nach Meinung von Achim Steiner in die Geschichtsbücher eingehen. Achim Steiner ist allerdings ein Deutscher, kein Brasilianer (wie das Buch behauptet), Nachfolger von Prof. Klaus Töpfer in Nairobi.
1990 betrug der Satz für Emission von Treibhausgas CO2 pro Jahr 23,5 Milliarden Tonnen, 2007 sind es bereits 26,4 Mrd Tonnen. Dazu kommen die indirekten Emissionen von 1,8 bis 9.9 Mrd Tonnen aus Waldrodung und veränderter Ladnutzung. Nehme man den Mittelwert der Prognosen, so ergebe das einen Meeresanstieg von 35 cm.
Es sei zwar heute noch übertrieben von Klimaflüchtlingen zu sprechen, wie die UNO es schon lange tut. Sollte der Meeresspiegel – so Wolfgang Behringer – allerdings um 1-2 Meter ansteigen, dann werden tief liegender Länder wie Bangladesh und vielleicht sogar unser Nachbar, die Niederlande Probleme bekommen.
Der Autor ist vorsichtig mit dem freihändigen Hantieren von „Umweltsünden“, also mit theologischen Substituten für das, was wir politisch nicht schaffen oder falsch machen. „In früheren Gesellschaften war es die Aufgabe der Priester, auf Gesetzesvorstösse hinzuweisen. Diese Rolle scheinen heute die Klimaforscher übernommen zu haben.“ Auch die medizinischen Vergleichsbilder liebt der Professor für Frühe Neuzeit an der Universität des Saarlandes nicht. In der Zukunft muss man für die Tagespolitik nicht mehr klären, wie hoch der anthropogene Anteil ist.
Viele der Massnahmen sind nicht allzu teuer und sogar unabhängig von einer Klimaänderung sinnvoll. Dazu – zählt der Autor am Schluss des sehr lesenswerten Buches auf – gehöre der Abbau von versteckten Subventionen für das Verbrennen fossiler Energien, die Reduzierung on ungesunden Abgasen, der Schutz der Wälder, die Verbesserung der Wärmedämmung“. Schön, wenn sich Wissenschaftler auf solche konkret erreichbaren Nahziele zurückbiegen.
Wolfgang Behringer: Kulturgeschichte des Klimas – von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung. C.H. Beck, 2007. 352 S. Fr. 40.10/€ 22.90
19. Oktober 2007
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