Samstagnachmittag auf Einkaufs-Tour

Aus der Serie «Natitingou – Aus dem Afrika-Tagebuch eines Toubab». Folge 5.

Die Blase drückt. Ich erwache aus der Siesta, winde mich aus dem Moskitonetz. Es ist heiss und extrem trocken. Ich verteile mehre Liter Wasser auf dem Steinboden. Eine halbe Stunde später ist alles verdunstet.

Mein Bart staut die Hitze, Butter und Obst gehen zur Neige. Ab in die Stadt. Nach meinem Sturz mit dem Velo nehme ich lieber den klimaerhitzenden 4x4. Holperpiste, dann breite Schotterstrasse, auf der ich gewöhnlich mit achtzig dahinbrause. Quer, die ganze Fahrbahn versperrend, ein Sattelschlepper. Ich frage ein paar junge Leute nebenan: «Ist das ein Unfall?» «Ja, ja.» «Gibt es eine Umfahrungsmöglichkeit?» Er sitzt schon auf dem Motorrad, fährt mir über schmale Wege und abgeerntete Hirsefelder voraus, um dann wieder auf die breite Strasse einzuzweigen. Vielen Dank!

Obama lacht mir entgegen. Mein 5-Tage-Bart fällt. Was er denn so an einem Tag verdiene? Fünf bis sechs Euro, vor den Festtagen bis zu zwölf oder fünfzehn. Und die Ausgaben? Zum Glück sei er die Zählermiete und Energiekosten der nationalen Elektrizitätsgesellschaft mit den vielen Stromunterbrüchen los, dank mir. Die Miete des Lokals: zwanzig pro Monat. Das Essen und wenn jemand krank ist: seine Frau, sein Kind, der Lehrling, er selbst. Aber ein Motorrad, das sei unerlässlich: Freunde besuchen und überhaupt. Er solle Geld auf die Seite tun, um in ein bis zwei Jahren die Solarbatterien zu erneuern. Ich werde ihm nicht noch mehr schenken! – Oui, patron.

Quidata: Biskuits, Butter, frittierte Kochbananen zum Apéro, lieber sieben Euro für die Flasche Bordeaux als fünf für den Cape-Wein. Total: rund zwanzig Euro, das sind sechs Tageslöhne eines Hilfsarbeiters. Zehn Rappen Trinkgeld für den Wächter löst ein breites Lachen aus: Merci, patron!

Auf der Heimfahrt Zwischenhalt an einem der vielen Obststände. Eine Avocado zum Znacht. Ah, die Orangen gehen mir bald aus: ein Türmchen mit fünf Stück, die kleineren für 35, die grösseren für 40 Rappen das Türmchen. Eine Papaya. Zitrönchen habe ich noch.

Fast hätte ich meine Schneiderin vergessen. Sie näht Afrolook-Handy-Täschchen. Ich bestelle fünf grosse für Luxus-Smartphones, fünf mittlere und zwei kleine für gewöhnliche Handys, wie ich eins habe. Sie nimmt Mass an ihrem grossen und meinem kleinen. Ich witzle: Sie sei reich mit ihrem grossen Telefon, ich sei arm. Sie lacht mich aus.

Ihr Söhnchen klebt an mir, wagt es, meinen Unterarm zu betasten, zupft an den grauen Härchen. Ich streiche über seinen Arm: «Du hast keine Haare.» Über sein Kinn: «Und keinen Bart. Bald bist du ein Mann» – und lenke seine Hand an meine frisch rasierte Wange. Was ich denn am Arm hätte, will er wissen. Ich bin mit dem Fahrrad gestürzt. Ich solle das Velo verkaufen, und wenn ich es nicht verkaufen könne, ihm schenken, sagt der Vierjährige.

Auf der Heimfahrt begleitet mich ein riesiger oranger Feuerball. Bald ist die Sonne hinter den Hügeln verschwunden. Der Sattelschlepper steht ordentlich am Strassenrand. Er stand quer, um möglichst nahe an den Eingang des Zementdepots zu gelangen. Hätte ich eine offene Frage gestellt, «Was macht der Lastwagen hier?», hätte ich die richtige Antwort erhalten: «Um Zementsäcke auszuladen.»