Spiesse zu Bohnenstangen

Spiessbürger waren früher keine Bünzlis, sondern ehrenwerte und geschätzte Leute. Im Mittelalter verteidigten sie sich und ihre Stadt mit Spiessen. Diese Waffen waren leicht, billig und man konnte sie einfach selbst herstellen. Doch ihr Einsatz brauchte Mut, weshalb die Spiessbürger damals hoch angesehen, und im Gegensatz zur Landbevölkerung frei und unabhängig waren.
Ihr Ansehen sank als die Feuerwaffen aufkamen. Nun war es nicht mehr effizient, mit dem Spiess auf oder vor der Stadtmauer zu stehen und Feinde abwehren zu wollen. Manche Bürger wollten das partout nicht einsehen. Sie zogen weiterhin wie ihre Urgrossväter mit Spiessen in den Kampf – und bekamen vom Gegner mächtig eins aufs Dach. Mit der Zeit wurde «Spiessbürger» zum Inbegriff für Rückständigkeit und Engstirnigkeit, zu einem Synonym für Leute, die eine veraltete Anschauung vertreten und eine starke Abneigung gegen Veränderungen haben. Für richtige Bünzlis halt.

In einer Zeit, in der Flugzeuge und Vierzigtönner jederzeit jedes Gemüse der Welt billig in jeden Laden der Schweiz liefern, mag der Anbau von eigenem Gemüse und Salat ebenfalls rückständig erscheinen. Noch dazu, wenn dabei auf chemische Feuerwaffen, wie synthetische Dünger und Pflanzenschutzmittel, verzichtet wird. Man kann den Spiess aber auch umkehren: So wie die FriedensBewegung einst dazu aufrief, «Schwerter zu Pflugscharen» zu machen, plädieren wir dafür, «Spiesse als Bohnenstangen» zu verwenden. Der Anbau von eigenem Gemüse und Salat ist weder altmodisch noch rückständig, sondern sinnig. Die eigene Ernte macht frei und unabhängig. Den Stolz auf das, was unter unseren Händen gewachsen ist, kann einem niemand nehmen und die Freude am Gärtnern schon gar nicht.

Vielleicht können wir mit unserem Buch dazu beitragen, dass in der Schweiz, sei es im Garten, auf dem Balkon oder in Hinterhöfen, noch viel mehr gesundes Gemüse und Salat spriesst. Angebaut von trotzigen Spriessbürgerinnen und Spriessbürgern, die mit viel Freude alte Techniken mit modernen Methoden, fundiertem Wissen und innovativen Ideen kombinieren. Die dabei ohne Scheuklappen gärtnerische Mythen hinterfragen und eigenen Erfahrungen gegenüberstellen. Das halten wir nämlich keineswegs für spiessig, sondern für ausgesprochen «spriessig».  

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Eveline Dudda (auf dem Bild) hat zusammen mit Klaus Laitenberger im eigens dafür gegründeten Verlag ein absolut erfreuliches und praktisches Gartenbuch herausgegeben: «Spriessbürger – Handbuch für den Anbau von Gemüse und Salat in der Schweiz». Die Texte transportieren die Freude an den verschiedenen Gemüsen und dem Gärtnern ins Herz und in die Fingerspitzen, dass man am liebsten gleich in den Garten gehen und loslegen möchte. Ein humorvolles und überaus praktisches Buch, das viele andere, von Verlagsmanagern geprägte Publikationen glatt vergessen lässt – und das in schwarz-weiss. Eveline Dudda und Klaus Laitenberger sind gestandene Autoren, die ihre ganze Erfahrung und Begeisterung in dieses Buch gepackt haben und zu seiner Realisation gleich einen eigenen Verlag gegründet haben.  Wir würden, wenn wir könnten, die beiden zu Ehrenspriessbürgern ernennen und können das Buch allen, die sich einen grünen Daumen wachsen lassen wollen, wärmstens empfehlen. Einen besseren Dünger für Ihre Liebe zu den Pflanzen werden Sie in diesem Frühling kaum finden.



Eveline Dudda und Klaus Laitenberger: Spriessbürger – Handbuch für den Anbau von Gemüse und Salat in der Schweiz. Spriessbürger Verlag, 2016. 368 S., geb. Fr. 40.–. http://www.spriessbuerger.ch/das-buch-spriessbuerger/


Die nächsten Termine mit Eveline Dudda:
30. März, Altstätten
31. März Chur
8. April Alstätten
http://www.spriessbuerger.ch/termine/