Wem wird der «eiserne Vorhang» mehr schaden, Russland oder dem Westen?

Die Rückstufung russischer Staatsschulden bringt auch westliche Kreditgeber in Bedrängnis und könnte wie in der Finanzkrise 2008 zu einem Vertrauensverlust unter Banken führen.

(Foto: Uwe Jelting / pixabay.com)

Am 25.2. stuften Moody's und Fitch die russischen Staatsschulden auf Ramsch herab. Moody’s senkte sie am 6.3. nochmals herunter auf Ca, die zweitniedrigste Stufe. Die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls bei den russischen Auslandsschulden von 100 Mrd.$ wird derzeit mit 80% angegeben.

Ratingagenturen sind bekannt als Werkzeuge des Finanzkriegs, und ihr jüngster Schritt zeigt, wie sie beim Vorstoss von den USA, Grossbritannien, der NATO und der EU zur Zerstörung der russischen Wirtschaft eingesetzt werden.

Die Zentren der Finanzmacht mögen bösartig sein, aber sie sind nicht so dumm, nicht zu wissen, dass dies einen Ausfall bei Finanzinstituten, die russische Auslandsschulden halten, auslösen kann, was wiederum einen systemischen Zusammenbruch zur Folge hätte.

«Tatsächlich befinden wir uns auf unbekanntem Terrain», formulierte es Clay Lowery, Vizepräsident des Institute of International Finance, einer Handelsgruppe globaler Banken. «Wir wissen, dass es Konsequenzen gibt, die wir nicht vorhersagen können.»

Wie Wallstreetonparade am 7.3. schrieb: «Es sind 41 Mrd. Dollar an Kreditausfall-Swaps (CDS) auf russische Schulden bekannt. Es gibt wahrscheinlich viele Milliarden mehr an unbekannten Beträgen. Darüber hinaus gibt es weitere Milliarden an CDS auf Schulden von russischen Staatsunternehmen und nicht-staatliche russische Unternehmensschulden.»

CDS sind Kreditausfallversicherungen, die fällig werden, wenn Russland seine Auslandschulden nicht bezahlt. Das Problem ist, dass man nicht weiss, wer diese Papiere besitzt und für die Verpflichtungen aufkommen muss.

Was sich abzeichne, seien «die Anzeichen für eine Wiederholung der Bankenkrise von 2008, als die Banken sich bei der Kreditvergabe zurückhielten, weil sie nicht wussten, wer als nächstes von den toxischen Subprime-Krediten betroffen sein würde. Das führte zu einer Liquiditätskrise und dem beispiellosen Engagement der US-Zentralbank Federal Reserve System, die heimlich Billionen von Dollar in die Megabanken an der Wall Street und ihre ausländischen Derivat-Gegenparteien pumpte.»

Die Zentralbanken bereiten sich bereits darauf vor, erneut Billionen von Dollar und Euro in das Finanzsystem zu pumpen. Alle Pläne für eine Verlangsamung oder Beendigung des Liquiditätsstroms sind aus dem Fenster geworfen. Gleichzeitig wurde durch die westlichen Sanktionen gegen Russland ein «eiserner Vorhang» errichtet, der verheerende Auswirkungen auf Energiepreise, Lebensmittel und Lieferketten hat.

«Hunderte von Tankern und Massengutfrachtern wurden vom Schwarzen Meer abgezogen, Dutzende weitere stecken in Häfen und auf See fest und können ihre wertvolle Ladung nicht entladen», berichtete AP am 4.3. Auf die Ukraine und Russland entfallen 30% der weltweiten Weizenexporte, 19% der Maisausfuhren und 80% des Sonnenblumenöls, das in der Lebensmittelverarbeitung verwendet wird. Nichts davon wird derzeit über die Schwarzmeerhäfen verschifft.

Russland verfügt über 44% der weltweiten Palladiumvorräte, die Ukraine produziert 70% des weltweiten Neon-Angebots – die beiden wichtigsten Rohstoffe für die Chipherstellung. Dies bedeutet, dass die Autoindustrie – aber auch Computer, Mobiltelefone und Flugzeuge – wie schon im letzten Jahr unter Mangel an Mikrochips leiden werden.

Abgesehen von den Folgen der Sanktionen wie dem Verbot von SWIFT-Finanztransaktionen, dem Embargo auf bestimmte Technologien und Flugreisen hat das allgemeine politische Klima dazu geführt, dass Industrie-, Handels- und Finanzunternehmen Russland panikartig verlassen, weil sie befürchten, gegen irgendwelche Sanktionen zu verstossen. Ein kollektiver Wahnsinn erfasst zahllose weltweit tätige Unternehmen, die ihre Produktion einstellen, Investitionen abziehen oder den russischen Markt verlassen.

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Der Text stammt aus dem (kostenpflichtigen) Newsletter des Schiller-Instituts.