Kultur-Landwirtschaft: Hand anlegen – gewusst wie

Die Landwirtschaft braucht vieler Menschen Hände. Im Kapitel 8 des Essays über Kultur-Landwirtschaft geht es um konkrete Handlungsansätze und wie sie finanziert werden können.

Mia Leu
«Darum müssen wir wo immer möglich mit menschlichem Einsatz die Arbeit bewerkstelligen.» Foto: Mia Leu

Nur ein bewusster Wandel unseres Konsumverhaltens, eine andere Art der individuellen Verantwortung und das konkrete Handeln danach ermöglichen es, dass gesellschaftliche Forderungen und politische Zielsetzungen fruchtbar werden können.

Innerhalb der biologischen- und biologisch-dynamischen Landbaumethode, sowie in SoLaWis (Solidarische Landwirtschaft) und Permakultur-Gemeinschaften sind kleine, aber im Verhältnis zur hochtechnisierten Agrarwirtschaft wichtige und konkrete Handlungsansätze vorhanden. Es sollte jedoch immer berücksichtigt werden, dass Landwirtschaft per se eine der Gesellschaft dienende Lebensgrundlage darstellen muss. Diese Ansätze müssen sich also hin zu gesellschaftlich relevanten Netzwerken und organischen Handelsräumen ausweiten. Sie müssen sich vor allem in und mit Siedlungsräumen organisch verbinden.

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Dieser Beitrag stammt aus dem neuen Zeitpunkt-Magazins zum Thema: Das Hohelied der Landwirtschaft - hier können Sie es bestellen.
Den komplette Text von Andreas Beers veröffentlichen wir sukzessive.

Die wirtschaftlichen Erfordernisse innerhalb der jeweiligen Produktions-Initiativen sollten sich aus den Erlösen der Urproduktion, sprich den produzierten Früchten ergeben. Sie sollten, wenn immer möglich, unabhängig sein von Geldflüssen, die aus Wirtschaftskreisläufen resultieren, die den Grundsätzen zur Entwicklung der Kultur-Landwirtschaft entgegenstehen. Die unterschiedlichsten «Subventionierungsmassnahmen» müssen diesbezüglich geprüft werden. Es dürfen sich dadurch keine Abhängigkeiten ergeben.

Die praktische Umsetzung der Vision Kultur-Landwirtschaft ist ein Gemeinwohl ersten Ranges und dient dem Wohle aller Menschen auf unserer Erde.

Um wahrhaft aussergewöhnliche Eigenschaften im Charakter eines Menschen zu entdecken, muss man das Glück haben, sein Tun über Jahre beobachten zu können. Wenn dieses Tun frei ist von jedem Egoismus, wenn die Idee, die sein Handeln leitet, von beispielloser Grosszügigkeit ist, wenn ganz sicher ist, dass es nicht auf irgendeine Belohnung aus war, und wenn es obendrein in der Welt sichtbare Spuren hinterlassen hat, dann hat man ohne jeden Zweifel einen unvergesslichen Charakter vor sich. (1)

Gewusst wie – die Methode ist entscheidend

Das fachliche Können in der Arbeit des Menschen mit der Natur im Sinne einer Kultur-Landwirtschaft ist der entscheidende Faktor für ihre fruchtbare Umsetzung.

Säen braucht seine Zeit, wachsen braucht seine Zeit, ernten braucht seine Zeit. Die Gesetzmässigkeiten der Zeit, die es braucht, um Leben in allen seinen Formen hervorzubringen, basiert auf Grundlage der physischen Parameter: Boden, Wasser, Wärme und Klima.

Wenn der Mensch über lange Zeiträume hinweg Pflanzen fruchtbar kultivieren will, muss er den zweifachen «Leib» der Pflanze dabei in Betracht ziehen: Ihren physischen und ihren Äther- oder Bilde-Kräfte-Leib. Letzterer sorgt dafür, dass ihre artspezifische viergliedrige Gestalt (Wurzel, Stängel, Blatt und Blüte ausgehend vom Samen), aus den Stoffen der Erde und der Atmosphäre gebildet werden kann.

Das Wachstum der Pflanze ist eine strömende Zeit-Bewegungs-Gestalt. Sie keimt, wächst, reift, trägt ihre Früchte und verwelkt – von der Erde hin zur Sonne. Diese Zeit-Bewegungs-Gestalt wird durch irdische und Kosmische Kräftebewegungen bestimmt.

Eine zentrale Rolle hierbei spielen Erde, Mond und Sonne. Formbildend wirken hierbei die Planeten und die Sternen-Konstellationen unseres Sonnensystems (2). Dazu kommen noch die Wirkungen geophysikalischer Kräfte der Erde (geologische Formationen, Landschaftsformen und Vegetationszonen) und im Besonderen das Vorhandensein einer intakten, vielfältigen Fauna und Flora.

In der Anbaumethode der biologisch-dynamischen Landwirtschaft werden diese Kräfte, neben dem grundlegenden Fachwissen, bewusst und zielgerichtet berücksichtigt. (3)

Der Mensch kann diese Kräfte im Physischen in der Zeit-Bewegungs-Gestalt (4), in der Pflanzen-Metamorphose (5)erkennen und durch gezielte Schulung auch die ätherischen Kräftewirkungen wahrnehmen (6). Diese Kräftewirkungen sind immer da. Sie sind die Grundlage für ein langanhaltendes vitales Wachstum der Pflanzen. Nur so gewinnen wir gesunde Nahrungsmittel. Und dies ist doch die Kernaufgabe der Landwirtschaft! Ob dies gelingt, hängt davon ab, wie wir die Pflanzen kultivieren, das bedeutet: Wie wir eine wesensgemässe, fachlich fundierte Anbaumethode entwickeln und praktizieren.

Mit Technik können wir die Arbeit kurzfristig schneller bewerkstelligen. Dies hat jedoch immer kleinere und grössere schädliche Folgen für den Boden, die Pflanzen und im Weiteren für die ganze Natur. Ergo: je weniger Menschen sich an dieser Arbeit beteiligen, desto nachhaltiger und langfristiger sind die Schäden, die wir in der Landwirtschaft dadurch erzeugen.

Darum müssen wir wo immer möglich mit menschlichem Einsatz die Arbeit bewerkstelligen. Wo immer notwendig, muss gezielt und mit den Verhältnissen angepasster moderner und schonender Technik gearbeitet werden. Auch hier muss durch Erfahrung und Sachverstand praktisch vorgegangen werden – so viel wie nötig und so wenig wie möglich ist die Prämisse. Beispiele hierfür gibt es genügend.

Ein Mehr an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie angepasste Lebensverhältnisse für in der Landwirtschaft Arbeitende sollten das Resultat von Subventionen und Investitionen sein, nicht die Subventionierung der Agrarindustrie mit ihren Pharmakonzernen und Maschinenhändlern. Übertechnisierung, Energie- und Rohstoffvergeudung sowie die unsägliche Vergiftung der Böden, des Wassers, der Luft und nicht zuletzt unserer Lebensmittel muss unterbunden werden.

Auf jedem Mischkultur-Beet eines gut kultivierten Gartens und einer im biologisch-dynamischen Sinne geführten Landwirtschaft wächst ein Mehrfaches an gesunden Nahrungspflanzen, mit einem Minimum an Rohstoff- und Energieverbrauch, als es die hochtechnisierte Agrarwirtschaft je produzieren könnte.

Kultur-Landwirtschaft kann zielgerichtet finanziert werden

Mit den heutigen Agrarsubventionen ist ein einseitig regulierender Ansatz zur Förderung der Landwirtschaft angelegt. Dadurch wird eine immer noch die Umwelt sehr stark belastende Agrarwirtschaft subventioniert.

Dieser Aspekt wird mit der schon erwähnten, aktuellen eidgenössischen Volksinitiative «Initiative für ein sichere Ernährung» zu Recht und grundlegend in Frage gestellt. Die vorangestellten Kapitel weisen im Detail dazu genügend Fakten auf.

Es gibt meines Erachtens keinen einzigen Grund, warum eine nachweislich die Umwelt langfristig belastende und kostspielige Agrarwirtschaft weiterhin subventioniert werden soll. Laut der Denkfabrik Avenir Suisse kostet die neue Schweizer Agrarpolitik jährlich 20 Milliarden Franken. In der aktuellen Situation wird der Schweizer Bürger dreimal zur Kasse gebeten:

1. Steuergelder für eine umweltbelastende Agrarwirtschaft

2. Steuergelder zur Behebung von Umweltschäden, die diese Agrarwirtschaft verursacht

3. Steuergelder, die Forschung, Handel und Werbung dieser Agrarindustrie unterstützen, dazu noch Radio- und Rundfunkgebühren für ÖR-Medien, die nicht sachgemäss informieren und unser Konsum- und gesellschaftspolitisches Verhalten beeinflussen.

Kultur-Landwirtschaft bedeutet geteilte finanzielle Verantwortung

Die zielgerichtete Subventionierung einer modernen Kultur-Landwirtschaft könnte über zwei Stufen, wie folgt aussehen.

1. Stufe – Gesellschaftlich geforderte staatliche Finanzierung

Weiterhin subventioniert wird die Landwirtschaft, jedoch gezielt und bewusst hin in Richtung zur beschriebenen Form der Kultur-Landwirtschaft. Separat und transparent subventioniert wird nur noch die Umstellung (nicht der Fortbestand) der konventionellen und IP-Landwirtschaft, ebenfalls mit dem Ziel hin zur beschriebenen Form der Kultur-Landwirtschaft. In der 1. Stufe zeigt sich die konkrete gesellschaftspolitische Verantwortung einer Bevölkerung gegenüber ihrem Land und ihrer Landwirtschafts- und Ernährungskultur.

2. Stufe – Gesellschaftlich eigenverantwortliche individuelle Finanzierung

Mit dem Kauf von Landwirtschafts-Produkten des Inlands finanziert jeder Einzelne den Anteil des Produktionsaufwandes aus der Urproduktion und unterstützt damit direkt das Gedeihen der Kultur-Landwirtschaft im eigenen Land (gleichzeitig in den Exportländern). In der 2. Stufe zeigt sich die Verantwortung und der bewusste Handlungswille im Konsumverhalten des Individuums, des Bürgers, für seine Landwirtschafts- und Ernährungskultur. Der Konsument ist nach wie vor frei das zu kaufen, was er will, im vollen Bewusstsein, was er damit unterstützt oder eben nicht. Man könnte dies wie nachstehend beschrieben praktizieren.

Idee: Kultur-Landwirtschaft-Index -KLIX©

Jedes eingekaufte Produkt weist einen Kultur-Landwirtschaft-Index (KLIX©) aus. Dies bedeutet zum Beispiel: Ein Produkt mit dem Kultur-Landwirtschaftslabel hat den höchsten KLIX-Wert. Ein konventionell-inländisches Produkt hat einen mittleren KLIX-Wert. Ein biologisch-ausländisches Produkt hat einen niedrigen KLIX-Wert. Ein konventionell-ausländisches Produkt löst keinen KLIX-Wert aus. Diese KLIX-Werte sind auf dem Einkaufs-Bon ausgewiesen und können auf einer KLIX-Kumuluskarte gesammelt werden und bei der Steuererklärung (durch Beleg in Papier- oder Digital- Form) zur Verrechnung dienen.

Hohe KLIX-Werte = höhere Steuervergünstigung

Die so ausgewiesenen KLIX-Werte führen zu einer umgerechneten Steuervergünstigung, einem KLIX-Abzugswert (KLIX-AW). Dies bedeutet z.B.: hoher KLIX-AW, gleich hohe Steuervergünstigungen, da er dem Staat unnötige Ausgaben erspart. Niedriger KLIX-AW, gleich wenig oder keine Steuervergünstigungen, da er dem Staat unnötige Ausgaben verursacht.

Ein zielgerichtetes Umlagesystem ist realistisch

Ich bin mir sicher, dass wir heute in der Lage sind, mit minimalem Administrationsaufwand ein zielgerichtetes Umlagesystem zu installieren. Wie schon gesagt, jeder Konsument ist immer noch frei dazu, das zu kaufen, was er will. Er trägt jedoch direkt, «in harter Münze», die Verantwortung für die Folgen seines Handelns.

Mehr Eigenverantwortung und weniger Gesetze

Ich bin der Überzeugung, dass mehr Eigenverantwortung und weniger Gesetze die Maxime der Zukunft sein können. Ursachenorientiertes praktisches Handeln ist immer ökologischer, ökonomischer und förderlicher für Mensch und Natur.

Quellen:

(1) Jean Giono / Quint Buchholz, Der Mann, der Bäume pflanzte, Sanssouci im Carl Hanser Verlag,

München 2006.

(2) Jürgen Fritz: Biologisch-dynamische Pflanzenbaugrundlagen / Methodik und Forschung zur Leitidee des Organismus, 2013 Verlag Lebendige Erde. Hartmut Spiess: Chronobiologische Untersuchungen mit besonderer Berücksichtigung lunarer Rhythmen

(3) Rudolf Steiner: Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft, Acht Vorträge mit Fragenbeantwortung vor Landwirten, gehalten in Koberwitz bei Breslau vom 7.-16.6.1924, Rudolf Steiner Verlag Dornach.

(4) Johann Wolfgang Goethe: Die Metamorphose der Pflanze / 1817 Gotha

(5) Wilhelm Troll: Praktische Einführung in die Pflanzenmorphologie. G. Fischer, 1957

(6) Gesellschaft für Bildekräfteforschung E.V. / www.bildekräfte.de


 


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28. Juni 2024
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