Ein Bericht vom Zeitpunkttag am 1. Mai.

Wir machen uns selbst klein, wenn wir immer sagen, wir seien in der Nische: Die Menschen, die für einen Paradigmenwechsel einstehen sind da, ihre Initiativen sind lebendig und wachsend. Es ist an der Zeit, mutig voranzugehen und diese Menschen und Initiativen zu vereinen.


So stand der Zeitpunkttag am 1. Mai ganz unter dem Zeichen des Austauschs und des konkreten Handelns. Über 60 Teilnehmende aus der ganzen Schweiz versammelten sich im «Raum für Kultur» in Basel, der an diesem Tag in einen Raum für Diskussion, Kennenlernen, Vernetzung, Essen und Singen umgewandelt worden war.
 

Ein Höhepunkt des Tages war die Verteilung des gesammelten Fonds für zukunftsfähige Projekte: Margrit Dieterle erhielt für ihr Projekt «Source de vie» in Bénin 1500 Fr. für den Bau eines dringend benötigten Arbeitsgebäudes und Felix Küchler von der Genossenschaft «Val nature» im Wallis erhielt 1000 Fr. für die Umwandlung einer Reben-Monokultur in einen Waldgarten nach Permakultuprinzipien. Die Gewinner wählte eine Jury von drei Personen. Die weiteren vorgestellten Projekte waren: der Wassertag am 29. August in Solothurn von Wanda Miescher, die Komposttoiletten-Vermieter «Kompotoi» und der junge «Graswurzel-Journalist» Jens Wernicke, der für seine Arbeit eine gute Kamera brauchte. Um diesen Wunsch zu erfüllen meldeten sich Teilnehmer aus dem Publikum, die gerne eine Sachspende machen wollten.


Um Geld ging es auch bei der Begrüssungsrede von Christoph Pfluger, dem Herausgeber des Zeitpunkt Magazins: Er sprach über die Zeitpräferenz des Menschen, den Drang, immer alles jetzt und sofort zu haben – dafür zu bezahlen aber lieber erst später. Diese Zeitpräferenz locke den Menschen in ein Geldsystem, das schlussendlich den Einzelnen teuer zu stehen komme. Erfolgreiche Projektinitiantinnen brauchen also statt der Flinkheit eines Börsenmaklers eher die Geduld eines Mönchs: Je länger wir warten können, desto höher wird der Ertrag sein.
Seine Funktion am Zeitpunkttag sah Christoph Pfluger im «Strategischen Pessimisten». Als er über seine Pläne für «sozialen Wandel in homöopathischer Dosis» sprach, klang er aber doch ziemlich zuversichtlich.
 

Um den Geist aufzufrischen vor der zweiten Rede, lud Lioba Schneemann die Teilnehmenden zu einer Achtsamkeitsübung ein. In der Stille setzte sich so mancher aufgewirbelte Gedanke und zog langsam davon. Ute Scheub, die «Strategische Optimistin» des Tages, erzählte von der Glücksökonomie, die auf empathischen Beziehungen, Freundschaft, Freundlichkeit, Vertrauen, Sicherheit, Zugehörigkeit und Kooperation beruhe. Ihr Wert übersteige das, was man herkömmlich unter Ökonomie versteht, um ein Vielfaches. «Eine Milliarde Menschen auf der ganzen Welt sind an Genossenschaften beteiligt. Hören wir auf, uns kleinzureden!». Und aus den «Tagen der Utopie» in Vorarlberg bringt sie das mutmachende Statement mit: «Es ist alles schon da.»


Die Teilnehmenden vom Zeitpunkttag kamen aber nicht, um einen ganzen Tag lang nur zuzuhören: Von Anfang an wurden alle miteinbezogen, z.B. mit Philippe Rayot, der den Körper und die Stimmbänder wachschüttelte bis sich die 60 Teilnehmenden an südafrikanisches Liedergut wagten; z.B. mit «Shosholoza», einem alten südafrikanischen Volkslied das auf Zulu auch «Mutig vorangehen» bedeutet. Was hätte besser einstimmen können auf die Standortbestimmung am Zeitpunkttag?
 

Die Frage, wo unsere Gesellschaft heute stehe, wurde in zwei grossen «Open Space»-Foren angegangen. Bei der anschliessenden Synthese kam heraus, dass vor allem Sichtbarmachen und Vernetzen von guten Lösungen wichtig ist. Das schenke Hoffnung und die Ideen der friedlichen Umwälzer würden an Gewicht gewinnen. Gleichzeitig sei es wichtig, auch immer wieder innezuhalten in der Hektik des «Machens» und so vielleicht mehr Begegnungen zu ermöglichen (ganz nach dem Motto von Bruder David Steindl-Rast: «Stop – Look – Go»). Die Vision zur Rolle des Zeitpunkts ging in eine ähnliche Richtung: Die wachsenden Wälder sollten selbständig gross und stark werden, während Anlässe  wie die Zeitpunkt-Apéros und der Zeitpunkttag dazu dienen würden, dass sich Leserinnen und Leser kennenlernten und daraus eigenständig Neues entstünde.


Diesem Anspruch schien der erste Zeitpunkttag gerecht geworden zu sein: Die guten Gespräche, die rege Beteiligung der Teilnehmenden und die Dankbarkeit, die die Organisierenden entgegennehmen durften, sprachen dafür.
 

Wir sind gespannt, ob der Zeitpunkttag als homöopathisches Tröpfchen im grossen Weltozean die Bäumchen weiter spriessen lassen wird, welche nach geduldigem Warten hoffentlich wunderschöne Früchte tragen werden.

 

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Eine Auswahl von Projekten, die am Zeitpunkttag vertreten waren:


«La source de vie» ermöglicht jungen Menschen in Bénin eine Berufsausbildung: www.ong-source-de-vie.ch

Die Genossenschaft «Val nature» möchte mit Permakultur zum Modell einer «Null-Emissions-Landwirtschaft» werden: www.valnature.ch


«La Bona Vivo» möchte auf genossenschaftlicher Basis bedingungslose Grundleistungen zur Verfügung stellen: www.l-b-v.net


Urs Maurer (www.netzwerk-bildung-architektur.ch) erzählte vom Freidorf in Muttenz, über welches bald ein Buch erscheinen soll: www.freidorf-muttenz.ch; zudem plant er die Veröffentlichung eines Manifests zur Erhaltung des Kunsthandwerks.

Irène Rai möchte SchweizerInnen und AsylbewerberInnen zu sozialem Austausch zusammenbringen, Kontakt für Interessierte: info(ät)indianhope.ch. Zudem führt sie mit ihrem Mann ein erfolgreiches Hilfswerk in Indien: www.indianhope.ch

Uwe Burka verschenkte am Zeitpunkttag sein Buch «Eine zukunftsfähige Geld- und Wirtschaftsordnung für Mensch und Natur». Es ist auch erhältlich unter: www.aktivzukunftsichern.com.
Bei Uwe Burka findet am 29. Mai der nächste Zeitpunkt-Apéro statt.

Der «Raum für Kultur» in Basel: www.facebook.com/h95info
Occupy Basel: www.occupybasel.ch
«Social Meal», eine online Plattform um sich zum gemeinsamen Essen zu verabreden: www.socialmeal.ch
Der Blog vom jungen Journalisten Jens Wernicke: www.jensewernicke.wordpress.com
Die Webseite von Ute Scheub: www.utescheub.ch
Basel Wandel (noch ohne Webseite)
Die wichtigste Initiative der Schweiz: www.vollgeld-initiative.ch