Tattoo-Studio
Also: Nur noch Musiker sein, das will ich nicht mehr – falls wieder ein Virus kommt. Ich habe mich umgeschaut und das Richtige für mich gefunden. Sie können sich nun bei mir auf Ihre Brust ein Herz tätowieren lassen. Kolumne.
Die Konzertverbote während der Corona-Krise lösten in mir als Musiker schwere existentielle Ängste aus. Es wurde mir immer mehr bewusst, dass ich beruflich ein zweites berufliches Standbein brauche. Dass meine neue berufliche Tätigkeit im Trend liegen muss, versteht sich von selbst.
Nach vielen schlaflosen Nächten kam mir die zündende Idee: Ich beschloss ein Tattoo-Studio zu eröffnen. Zwar kann ich überhaupt nicht gut zeichnen, aber das müssen ja meine zukünftigen Kunden nicht unbedingt wissen. Wenn man sich um einen Job bewirbt, schreibt man ja auch nicht in den Lebenslauf, dass man längere Zeit im Gefängnis war. Ich jedenfalls lasse solch Dinge immer aus. Und was das Zeichnen betrifft: Ich übe täglich, und ich denke, ich werde langsam besser. Auch beim Zeichnen und Tätowieren gilt nämlich: 1 Prozent Talent und 99 Prozent Übung!
Da auch der Tattoo-Markt mittlerweile stark umkämpft ist (in Gysenstein gibt es allerdings noch kein Tattoo-Studio), empfahl mir mein Freund Manuel, mich auch noch innerhalb dieser Branche zu spezialisieren. Ich werde deshalb ausschliesslich Ganzkörpertattoos anbieten. Clever daran ist, dass ich die Kundinnen und Kunden dadurch über Jahre an mein Studio binde. Innerhalb der Ganzkörpertattoos spezialisiere ich mich zudem auf die reale Abbildung der Innereien. Sie müssen sich das so vorstellen: Auf die Stirn tätowiere ich ein Hirn, auf die Finger die Fingerknochen, über das Herz ein Herz, über die Leber eine Leber usw.
Ich beschäftige mich deshalb momentan auch stark mit Anatomie. Es wäre ja zum Beispiel echt doof, wenn ich das Herz auf der falschen Seite der Brust tätowieren würde. Haben Sie gewusst, dass von 15'000 Menschen einer das Herz auf der rechten Seite hat? Falls Sie sich von mir tätowieren lassen wollen, sollten Sie deshalb unbedingt zuerst herausfinden, auf welcher Seite ihr Herz ist. Sonst mache ich es dann vielleicht falsch.
Nun möchte ich meine erworbenen Fähigkeiten endlich am lebenden Objekt ausprobieren. Aus diesem Grund suche ich ab sofort Menschen, die sich gerne tätowieren lassen möchten. Ideal wären etwas ältere Menschen. Falls mir nämlich eine Tätowierung – zum Beispiel ein Hirn auf die Stirn – nicht so gut gelingt, müssen ältere Menschen dann logischerweise auch nicht mehr solange darunter leiden. Fall Sie sich angesprochen fühlen, zögern Sie nicht und vereinbaren Sie einen ersten Termin unter: [email protected]
von:
Über
Anton Brüschweiler
Anton Brüschweiler ist Musiker, Veranstalter von Anlässen mit Geheimtipp-Potenzial in der Chäsi Gysenstein und Autor des Buches «Das AntWort – die Wahrheit des Absurden», eine Sammlung von lebensrettenden Weisheiten in einer verrückten Welt.
- Anmelden oder Registieren um Kommentare verfassen zu können