Bei 5G wird oft ein Auge – oder gleich zwei - zugedrückt
Ein Baugesuch für eine 5G-Antenne in Cham soll trotz 141 Einsprachen und Überschreitung der Grenzwerte realisiert werden. Dieser Fall zeigt auf, dass das kantonale Amt für Umwelt in seiner beratenden Funktion versagt, offensichtliche Fehler in den Bauanträgen zu bemängeln.
Vor einem Jahr stellte die Swisscom bei der Gemeinde Cham einen Bauantrag für eine 5G-Antenne. Auf dem Flachdach des vierstöckigen Gebäudes der Zugerstrasse 78 soll ein rund sechs Meter hoher Mast errichtet werden mit 48 adaptiven Antennen.
Das Problem: Während die Antennen der 2. bis 4. Mobilfunk-Generation in alle Richtungen strahlen, strahlt die 5. Generation zielgerichtet auf den jeweiligen Nutzer. Sogenannte Strahlenkeulen, weil sie oft nur einen Zehntel ihres Bereichs zum jeweiligen Zeitpunkt abdecken. Das ist auch der Grund, weshalb der Bundesrat es gutheisst, dass nur ein Zehntel der tatsächlichen Strahlung für die Berechnung des Grenzwerts kalkuliert wird. Dass durch die Miniaturisierung der Elektronik die 16-fache Anzahl Antennen an einem Mast eingesetzt werden, wird jedoch nicht berücksichtigt.
Im März 2022 gingen gegen das Baugesuch 141 Einsprachen ein; die Bürger haben sich gegen die unbegrenzte Zunahme der Bestrahlung gewehrt und holten sich Unterstützung beim Verein 5Gfrei.ch. Folglich konsultierte die Gemeinde das kantonale Amt für Umwelt. Gemäss Vereinspräsident Andreas Gross sei der Bauantrag nur oberflächlich beurteilt worden. Den das AFU kam zum Schluss, «die Grenzwerte der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) werden eingehalten.»
In der Standortbeurteilung in Form einer Checkliste wurden teilweise Kommentare von A bis E hinzugefügt. D steht für: «Höhenangaben und Abstände wurden durch uns nicht vor Ort verifiziert.» Doch gerade diese Abstände sind entscheidend dafür, ob die Grenzwerte auch eingehalten werden. Laut Gross wäre die Prüfung dieser die eigentliche Kernaufgaben des AFU, um falsche Angaben im Bauantrag aufzudecken. Dafür müsste das Amt nicht einmal vor Ort; die Datenbank des Bundes liefert mit exaktem Kartenmaterial die nötigen Informationen.
Der Abstand der Antenne zur Front des Nachbargebäudes ist demnach 21 Meter. Swisscom hat dagegen im Antrag eine falsche Entfernung von 34.2 Meter angegeben. Das macht einen entscheidenden Unterschied. Gemäss Swisscom resultiert die elektrische Feldstärke von 4.86 V/m, also gerade mal unterhalb des Grenzwertes von 5. Mit dem korrigierten Abstand resultiert die Strahlenbelastung zu 7.36 V/m, also einer heftigen, unzumutbaren Grenzwertüberschreitung.
Der Verein 5Gfrei.ch wurde 2020 in Morgarten gegründet und hat seither im Kanton Zug 35 Baueinsprachen gegen Mobilfunkantennen initiiert, von denen keine Baugenehmigung rechtskräftig geworden ist.
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Hemberg Emitter
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