Immer mehr! Und plötzlich nichts
Warum wir immer mehr wollen und wie alles verschwinden wird
Der Wachstumszwang wird enden, das ist sicher. Nur wann und wie, das wissen wir nicht. Wir können es auch nicht wissen. Das haben komplexe Systeme wie unsere vernetzte Zivilisation in sich. Aber Ahnungen könnten wir schon haben, und wir sollten auch. Denn ein Irrtum, wie der Wachstumsglaube einer ist, kann sehr schnell kippen. Selbst wenn wir uns über das Ende eines Trugschlusses freuen können: Nicht alle Wahrheiten finden schmerzlos ihren Weg. Gerade Wahrheiten, gegen die man sich wehrt, akzeptieren wir oft erst, wenn uns die Not dazu zwingt.
Handeln die Politiker und Wirtschaftsführer aus gutem Glauben, wenn sie Wachstum als Lösung fast aller Probleme bezeichnen und es fast ultimativ einfordern? Oder sind sie bereits mit Blindheit geschlagen wie ein Süchtiger, der sein Tun mit irgendwelchen Chimären begründet? Hauptsache, sie glauben selbst daran.
Der Wunsch nach immer mehr sitzt tief in uns drin; er ist gewissermassen naturgegeben. In einer Welt des Mangels ist das Überleben sicherer, wenn man etwas mehr hat, nicht mehr als die anderen, aber mehr als unbedingt nötig. Und es ist auch nichts Falsches dabei, die Dinge immer besser machen zu wollen. Ohne Drang nach Höherem würden wir vielleicht immer noch mit Keulen durch den Wald rennen. Die Frage ist berechtigt: Wie kann es sein, dass dieser natürliche Impuls, der uns sicher durch die Evolution geführt hat, uns ausgerechnet heute an den Abgrund stösst, in die totale Ausbeutung aller natürlichen und menschlichen Ressourcen? Ist die Evolution tatsächlich auf Selbstzerstörung programmiert? Ist der Mensch doch nicht so altruistisch, wie die moderne Neurobiologie gezeigt hat? Oder gibt es einen fundamentalen qualitativen Unterschied zwischen dem natürlichen Drang zu immer mehr und dem Wachstumszwang, der heute Politik und Wirtschaft beherrscht? Dazu gibt es drei Argumente:
1. Besitz ist heute sehr abstrakt geworden: Während man sich noch nie ungestraft bei jeder Mahlzeit überessen konnte, gibt es heute kaum negative Konsequenzen, wenn man seinen Besitz weit über die natürlichen Bedürfnisse ausdehnt, mal abgesehen davon, dass reiche Menschen gemäss Studien misstrauischer sind und sich Sorgen um ihren Reichtum machen. Weil sich Besitz heute zum grössten Teil nicht mehr in realen Gütern manifestiert, sondern in Geld, Wertpapieren und Rechten, merken wir nicht mehr, wenn wir das menschliche Mass überschreiten. Reichtum ist so abstrakt geworden, dass heute acht Multimilliardäre so viel besitzen, wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, wie das britische Hilfswerk Oxfam vor Kurzem meldete. Das ist einfach nur noch absurd.
2. Besitz ist grösstenteils unpersönlich: Rund zwei Drittel der Ersparnisse von Herr und Frau Schweizer liegen in den Pensionskassen. Über unsere Altersguthaben sind wir Mitbesitzer von Erdölfirmen, Waffenschmieden, Autofabriken, Pharmakonzernen oder Banken, die alle das Wachstum antreiben. Unser Einfluss auf die Anlagepraxis der Fonds, die ihrerseits vom Wachstum leben, ist minimal.
3. Geld erzwingt Wachstum: Geld wird von den privaten Banken aus dem Nichts geschöpft, jedesmal, wenn sie einen Kredit verleihen. Zurückzahlen muss der Kreditnehmer aber mehr, nämlich noch den Zins, der im System aber noch gar nicht vorhanden ist. Das Bankensystem «löst» dieses Problem, indem es weitere Kredite verleiht, die jedoch die Lücke zwischen Schuld und Geldmenge weiter vergrössern, die mit erneutem Kreditwachstum geschlossen werden soll. Darum will unser Geld- und Wirtschaftssystem das Unmögliche: Wachstum ohne Ende. Wenn das Geld nicht wächst, können die schneller wachsenden Schulden nicht mehr bedient werden und es wird wertlos. Dieses System der Geldschöpfung wird nicht nur mit mathematischer Sicherheit zusammenbrechen, es zerstört auf dem Weg dazu auch unsere Lebensgrundlagen. Die versteckten Zins- und Kapitalkosten dieser Form der Schuldgeldschöpfung liegt bei rund 30 Prozent. Wir produzieren also rund ein Drittel mehr, als in einem zinsfreien Geldsystem an Bedarf anfallen würde. Weil das System die Gesellschaft derart unter Druck setzt, verursachen wir zusätzlich Verschwendung (z.B. in Form von Fleischkonsum), Fluchtkosten (Tourismus) und Schäden (Umweltverschmutzung, Krankheit, Militarisierung und Krieg) von mindestens noch einmal einem Drittel. Wir verbrauchen die Welt also mindestens dreimal so stark, als zur Erhaltung des bestehenden Lebensstandards unter gerechten und nachhaltigen Verhältnissen nötig wäre.
Weil es so abstrakt ist, aber jederzeit und nach Belieben in einen realen Wert umgewandelt werden kann, hatte der Mensch schon immer Mühe, einen richtigen Umgang mit Geld zu finden, selbst in der relativ realen Form von Münzen. Kinder zum Beispiel können Süssigkeiten problemlos gerecht teilen, Geld jedoch nicht. Diese wunderbare Erfindung zur Erleichterung des Austauschs zwischen den Menschen hat uns nicht nur viele Fortschritte, sondern auch schweres Leid gebracht. Und wenn es uns nicht bald gelingt, ein gerechtes Tauschmittel zu realisieren, bin ich mir nicht sicher, ob die Erfolgsbilanz dieser Erfindung positiv ausfällt. Ich verzichte gerne auf Handy, Auto und Zentralheizung, wenn dafür die Menschheit weiter existiert.
Das Verrückte, wenn nicht gar Magische am heutigen Geld ist aber nicht seine abstrakte Natur, sondern sein Wesen als ewige und ewig wachsende Schuld. Immer mehr und immer mehr. Es gibt in der Geschichte des Geldes, von der Tempelbuchhaltung im Zweistromland über die Münzen der Griechen und die Quittungen der Goldschmiede bis zur Aufhebung des Goldstandards durch Präsident Nixon 1971 viele bemerkenswerte Innovationen, die übrigens sehr oft der Finanzierung von Kriegen dienten. Aber das für die heutige Zeit wichtigste Ereignis dürfte wohl 1694 die Gründung der Bank of England gewesen sein, die als die Mutter aller Zentralbanken gilt und die erstmals privates Schuldgeld mit königlichem Siegel in Umlauf brachte. Während die privaten Banken des Mittelalters und der Renaissance untergingen – wer gibt, was er nicht hat, kann nicht überleben – hat sich das private Schuldgeldsystem seit 1694 durch alle Krisen und Kriege gemogelt, obwohl es, wie oben dargestellt, keineswegs nachhaltig ist. Natürlich: Die Allianz zwischen Staat und Bankenwelt im Verbund mit Militär, Justiz und Medien ist stark und hat bis jetzt alle Reformen unterdrückt. Und es hat auch immer Alternativen gegeben, die zeitweise sogar politische Mehrheiten erzielten. Aber ganz unschuldig sind wir auch als Individuen nicht an diesem unseligen System. Wir bevorzugen, wie verschiedene Studien bestätigen, mehrheitlich den kleineren Sofortgewinn als den grösseren in der Zukunft. Lieber jetzt ein Marshmallow als später zwei.
Ende der 1960er Jahre ist der österreichisch-amerikanische Psychologe Walter Mischel mit einem Test berühmt geworden, bei dem er vierjährigen Kindern ein Marshmallow vorsetzte und ihnen sagte, sie würden ein zweites kriegen, wenn sie mit dem Verzehr bis zu seiner Rückkehr warteten. Nach einer Viertelstunde kehrte der Studienleiter zurück, aber in der Zwischenzeit hatte die Versuchung schon zugeschlagen. Im Durchschnitt konnten die Vierjährigen dem Zuckerschaum sechs bis zehn Minuten widerstehen. 14 Jahre später untersuchte Mischel seine Marshmallow-Kinder erneut. Wer damals der Versuchung widerstehen konnte, war zu einem emotional stabilen jungen Erwachsenen geworden und konnte gut mit Rückschlägen umgehen.
Als Kollektiv handeln wir jedoch sehr unökonomisch und irrational, beherrscht von der Marshmallow-Logik kleiner Kinder: Lieber jetzt ein bisschen als später viel, auch wenn es uns viel teurer kommt. Selbst wenn wir als Individuen lieber sparen als Schulden machen, als gesellschaftliches Kollektiv bevorzugen wir eindeutig den Kredit. Wer Schulden macht, wird kräftig belohnt. Und um als Apfel in einer Kiste mit faulen Früchten gesund zu bleiben, erfordert es ganz besondere Kräfte.
Das Geld hat uns nicht nur in eine Wachstumsfalle gelockt, aus der es praktisch kein Entrinnen gibt, es macht auch süchtig. Wir wollen immer zehn Prozent mehr Lohn, egal wieviel wir verdienen. Dabei konnte Timothy Judge, Professor für Management an der University of Notre Dame in Indiana (USA) in einer Meta-Analyse von 120 Jahren Forschung zur Lohnzufriedenheit nur eine sehr schwache Korrelation zwischen Gehalt und Zufriedenheit feststellen. Ab einem gewissen Lohnniveau macht mehr Geld einfach nicht glücklicher.
Auch für die Unternehmen zahlt es sich nicht aus, die Mitarbeiter mit höheren Löhnen zu locken. Geld spielt für die Motivation offenbar eine weniger bedeutende Rolle als die Grösse der Arbeitsgruppe, die Aufmerksamkeit, die den Mitarbeitern entgegengebracht wird und das Gefühl, Teil eines spannenden Experimentes zu sein.
Als Wirtschaftssubjekte verhalten wir Menschen uns im Grossen und Ganzen sehr irrational, und dafür schafft das Schuldgeld die Voraussetzung. Wie erwähnt, führt die Geldschöpfung durch die privaten Banken zu einer immer grösseren Lücke zwischen Schulden und Geldmitteln und damit zu einem sich ausbreitenden Mangel. Das Resultat ist eine Ökonomisierung des Lebens, Stress und Wettbewerb jeder gegen jeden. In einer solchen Gesellschaft stehen menschliche Werte wie Hilfsbereitschaft, Mitgefühl und Grosszügigkeit unter enormem Druck.
Was für Folgen das haben kann, illustriert eine Studie, die in die Geschichte eingegangen ist und zu einem jahrzehntelangen Krieg mit Millionen Opfern geführt hat: In den 1960er Jahren setzten amerikanische Forscher Ratten einzeln in Käfige und gaben ihnen zwei Flaschen zu trinken. In der einen befand sich Wasser, in der anderen wurde das Wasser mit Heroin und Kokain versetzt. Neun von zehn Laborratten wurden süchtig und tranken sich zu Tode. Das Experiment bildete die wissenschaftliche Grundlage für den Krieg gegen die Drogen, die nach Angaben des World Drug Reports 2016 der Vereinten Nationen jährlich 200’000 Todesopfer fordern. Über die Jahrzehnte sind das Millionen Tote, die Kosten, das Elend und die Gewalt nicht eingerechnet. Nur: Das Experiment war unwissenschaftlich.
In den 1970er Jahren erweiterte nämlich der kanadische Psychologieprofessor Bruce K. Alexander den Versuch und gab den Ratten einen luxuriösen Käfig mit Spiel- und Klettermöglichkeiten, bestem Futter und vielen Freunden, sowie reines und mit Drogen versetztes Wasser. Ergebnis: Die Ratten im «glücklichen» Umfeld tranken bloss ein Viertel des mit Drogen versetzten Wassers im Vergleich zu den isolierten Ratten. Keine wurde süchtig und keine starb.
Zugespitzt und auf unser Thema übertragen heisst das: Geld macht nicht nur süchtig, es schafft auch Bedingungen, die die Sucht erheblich begünstigen, ein klassischer Teufelskreis. Wie können wir uns aus ihm befreien?
In einem späteren Versuch brachte Alexander Ratten, die vorher während 57 Tagen süchtig gemacht wurden, in seinen Rattenpark. Einige zeigten Entzugssymptome, doch sie kehrten zu ihrem drogenfreien Leben zurück. Das gilt im übrigen nicht nur für Ratten, sondern auch für Menschen, wie die Erfahrung mit Soldaten im Vietnamkrieg zeigt. Während gemäss einer Studie aus den staatllichen «Archives of General Psychology» 20 Prozent der Soldaten während des Einsatzes in Vietnam heroinsüchtig waren, stoppten 95 Prozent der Süchtigen den Konsum nach ihrer Rückkehr in die Heimat. Das Milieu und nicht die Substanz erzeugt die Sucht. Die Droge ist bloss der untaugliche Ersatz für fehlende Lebenswerte.
Es wäre also theoretisch möglich, durch ein genügsames Leben mit menschlichen Werten die Bedingungen zu schaffen, in der wir uns von der eigenen Abhängigkeit von den falschen Versprechungen des Geldes befreien, wieder vernünftige Menschen werden und uns für eine umfassende Geld- und Wirtschaftsreform einsetzen könnten. Ich bin nicht sicher, ob sich innert nützlicher Frist genügend Menschen für eine solche Umkehr gewinnen lassen. Denn die Zeit ist in dreifacher Hinsicht knapp: Zum einen nähert sich das Biotop Erde in mehreren Bereichen kritischen Grenzen.
Zum andern ist der Zustand des globalen Finanzsystems höchst fragil. Claudio Borio, Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sieht «Zeichen eines Sturmes, der sich seit Längerem aufgebaut hat». Und drittens kann man nicht einfach weniger wachsen oder sogar schrumpfen, ohne gleichzeitig das Finanzsystem zu destabilisieren.
Die Finanzeliten wissen, dass es so nicht mehr weitergehen kann, auch wenn sie es nicht sagen. Aus den drei grossen Schocks der letzten 20 Jahre, dem Zusammenbruch des Long Term Capital Management Fund (LCTM) von 1998, dem Platzen der Dotcom-Blase 2001 und der Finanzkrise von 2008 wurde nicht nur nichts gelernt, die Fehler wurden multipliziert: Die Regulierung der Derivate wurde gelockert, Schulden wurden mit neuen Schulden in die Zukunft verschoben und die Banken, die 2008 too big to fail waren, sind noch grösser geworden. Auch die Vorbeben, die eine grössere Krise ankündigen, sind häufiger geworden: Frankenschock, Yuan-Abwertung, Brexit und Bargeld-Katastrophe in Indien, allein in den letzten beiden Jahren. Wenn der Dollar noch stärker wird, und die Zeichen sprechen dafür, werden viele Kredite in Dollar notleidend werden. Eine grössere Krise könnten die Zentralbanken nicht mehr meistern, ihr Pulver ist verschossen. Eine massive Ausweitung der Geldschwemme können sie sich nach den Exzessen der letzten Jahre nicht leisten, ohne das System akut zu gefährden.
James Rickards, Autor des soeben erschienenen Buches «Road zu Ruin» (auf deutsch: «Die Geld-Apokalypse») sieht ein anderes Szenario. Der Untertitel «The Global Elites’ Secret Plan for the Next Financial Crisis» tönt zwar nach Verschwörungstheorie, aber der Mann ist ein Praktiker. Nachdem er als Wallstreet-Anwalt geholfen hatte, beim Zusammenbruch des LCTM eine Kernschmelze zu verhindern, widmete er sich dem Studium von Finanzkrisen und ihrer Früherkennung und wurde dafür auch von der CIA engagiert und zu Kongresshearings gerufen. Die letzten zehn Monate verbrachte er damit, bestens gestellte Finanzleute zur Stabilität des Bankensystems zu befragen, darunter den letzten Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, oder den Koordinator der Bilderberger, den er allerdings nicht namentlich nennt. Rickards Fazit:
Die nächste Krise wird um Grössenordnungen heftiger sein als die letzte und sie wird durch einen globalen freeze temporär in Schach gehalten, wie dies in der Geschichte auf nationaler Ebene mehrmals geschehen ist. Die Konten werden weltweit für unbestimmte Zeit eingefroren und alle Transaktionen gestoppt, wofür nicht nur die technischen, sondern auch die juristischen Möglichkeiten bestehen. In der Zwischenzeit werden die seit 1969 bestehenden «Sonderziehungsrechte» (SZR) des Internationalen Währungsfonds als neue Weltwährung für den Verkehr zwischen Banken und Staaten eingeführt. Die SZR sind aus dem Nichts geschöpftes Geld, dessen Wert sich an einem Korb mit den fünf wichtigsten Währungen misst. Dann wird der Verkehr mit einer Neubewertung der Vermögen wieder aufgenommen und ein weltweites Steuersystem eingeführt. Motto: «one money, one order, one tax» – seit je der Traum der Eliten. Der Plan wird nach Angaben von Rickards von mindestens 189 Individuen an Schlüsselstellen der globalen Finanzwirtschaft mitgetragen, nicht durch Anweisung, sondern durch Konsens und im festen Glauben, damit Gutes zu tun.
Wann der Plan umgesetzt wird, darüber macht Rickards keine Angaben. Genaue Prognosen sind in komplexen dynamischen Systemen, die auch durch kleinere Ereignisse destabilisiert werden können, ohnehin nicht möglich. Aber immerhin trägt ein Kapitel die Überschrift «Earthquake: 2018». Rickards lässt keine Zweifel offen, dass das neue Regime faschistisch sein wird, gekennzeichnet durch eine enge Kooperation zwischen den globalen Regulatoren und der privaten Wirtschaft. Alternativen oder eine Strategie zur Verhinderung dieses Szenarios gibt er nicht, bloss Anlagetipps (10 Prozent physisches Gold oder Silber, 30 Prozent Cash, 20 Prozent Immobilien, plus Wertpapiere und Kunst). Na ja …
Falls 2018 eine realistische Einschätzung ist, und dafür sprechen auch die Bemühungen, das Bargeld bis dann weitgehend aus dem Verkehr zu ziehen, dann steht für Alternativen in der Tat nicht mehr viel Zeit zu Verfügung. Denn sie wären vorhanden. Ultima ratio für eine Welt im Konkurs wäre natürlich ein ordentliches Konkursverfahren mit Schuldenerlass. Das steht leider nicht zur Diskussion. Auf nationaler Ebene könnten sich einige Länder mit einer Vollgeld-Reform komplett entschulden, viele entlasten und vor allem die Bedingungen für eine Lösung des Wachstumszwangs schaffen. In einer Vollgeld-Reform wird die private Schuldgeldschöpfung durch die Banken unterbunden und durch öffentliche Geldschöpfung ersetzt. Geld wird nach Massgabe der Wirtschaftsleistung von der öffentlichen Hand in Umlauf gebracht, schuld- und zinsfrei! Das ist der Königsweg, sich vom Wachstumszwang und dem Diktat der Finanzwirtschaft zu befreien. Ob es ein kleiner verborgener Pfad bleibt oder eine grosse Strasse für eine ganze Volkswirtschaft wird, liegt an uns. Das Schuldgeld der Banken mag ein fieser Trick sein, der uns an unserer schwächsten Stelle erwischt. Ab es ist immer noch eine Falle, aus der wir uns selbst befreien können.
Leider nicht allein.
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Mehr zum Thema «mehr | weniger» im Zeitpunkt 148
Handeln die Politiker und Wirtschaftsführer aus gutem Glauben, wenn sie Wachstum als Lösung fast aller Probleme bezeichnen und es fast ultimativ einfordern? Oder sind sie bereits mit Blindheit geschlagen wie ein Süchtiger, der sein Tun mit irgendwelchen Chimären begründet? Hauptsache, sie glauben selbst daran.
Der Wunsch nach immer mehr sitzt tief in uns drin; er ist gewissermassen naturgegeben. In einer Welt des Mangels ist das Überleben sicherer, wenn man etwas mehr hat, nicht mehr als die anderen, aber mehr als unbedingt nötig. Und es ist auch nichts Falsches dabei, die Dinge immer besser machen zu wollen. Ohne Drang nach Höherem würden wir vielleicht immer noch mit Keulen durch den Wald rennen. Die Frage ist berechtigt: Wie kann es sein, dass dieser natürliche Impuls, der uns sicher durch die Evolution geführt hat, uns ausgerechnet heute an den Abgrund stösst, in die totale Ausbeutung aller natürlichen und menschlichen Ressourcen? Ist die Evolution tatsächlich auf Selbstzerstörung programmiert? Ist der Mensch doch nicht so altruistisch, wie die moderne Neurobiologie gezeigt hat? Oder gibt es einen fundamentalen qualitativen Unterschied zwischen dem natürlichen Drang zu immer mehr und dem Wachstumszwang, der heute Politik und Wirtschaft beherrscht? Dazu gibt es drei Argumente:
1. Besitz ist heute sehr abstrakt geworden: Während man sich noch nie ungestraft bei jeder Mahlzeit überessen konnte, gibt es heute kaum negative Konsequenzen, wenn man seinen Besitz weit über die natürlichen Bedürfnisse ausdehnt, mal abgesehen davon, dass reiche Menschen gemäss Studien misstrauischer sind und sich Sorgen um ihren Reichtum machen. Weil sich Besitz heute zum grössten Teil nicht mehr in realen Gütern manifestiert, sondern in Geld, Wertpapieren und Rechten, merken wir nicht mehr, wenn wir das menschliche Mass überschreiten. Reichtum ist so abstrakt geworden, dass heute acht Multimilliardäre so viel besitzen, wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, wie das britische Hilfswerk Oxfam vor Kurzem meldete. Das ist einfach nur noch absurd.
2. Besitz ist grösstenteils unpersönlich: Rund zwei Drittel der Ersparnisse von Herr und Frau Schweizer liegen in den Pensionskassen. Über unsere Altersguthaben sind wir Mitbesitzer von Erdölfirmen, Waffenschmieden, Autofabriken, Pharmakonzernen oder Banken, die alle das Wachstum antreiben. Unser Einfluss auf die Anlagepraxis der Fonds, die ihrerseits vom Wachstum leben, ist minimal.
3. Geld erzwingt Wachstum: Geld wird von den privaten Banken aus dem Nichts geschöpft, jedesmal, wenn sie einen Kredit verleihen. Zurückzahlen muss der Kreditnehmer aber mehr, nämlich noch den Zins, der im System aber noch gar nicht vorhanden ist. Das Bankensystem «löst» dieses Problem, indem es weitere Kredite verleiht, die jedoch die Lücke zwischen Schuld und Geldmenge weiter vergrössern, die mit erneutem Kreditwachstum geschlossen werden soll. Darum will unser Geld- und Wirtschaftssystem das Unmögliche: Wachstum ohne Ende. Wenn das Geld nicht wächst, können die schneller wachsenden Schulden nicht mehr bedient werden und es wird wertlos. Dieses System der Geldschöpfung wird nicht nur mit mathematischer Sicherheit zusammenbrechen, es zerstört auf dem Weg dazu auch unsere Lebensgrundlagen. Die versteckten Zins- und Kapitalkosten dieser Form der Schuldgeldschöpfung liegt bei rund 30 Prozent. Wir produzieren also rund ein Drittel mehr, als in einem zinsfreien Geldsystem an Bedarf anfallen würde. Weil das System die Gesellschaft derart unter Druck setzt, verursachen wir zusätzlich Verschwendung (z.B. in Form von Fleischkonsum), Fluchtkosten (Tourismus) und Schäden (Umweltverschmutzung, Krankheit, Militarisierung und Krieg) von mindestens noch einmal einem Drittel. Wir verbrauchen die Welt also mindestens dreimal so stark, als zur Erhaltung des bestehenden Lebensstandards unter gerechten und nachhaltigen Verhältnissen nötig wäre.
Weil es so abstrakt ist, aber jederzeit und nach Belieben in einen realen Wert umgewandelt werden kann, hatte der Mensch schon immer Mühe, einen richtigen Umgang mit Geld zu finden, selbst in der relativ realen Form von Münzen. Kinder zum Beispiel können Süssigkeiten problemlos gerecht teilen, Geld jedoch nicht. Diese wunderbare Erfindung zur Erleichterung des Austauschs zwischen den Menschen hat uns nicht nur viele Fortschritte, sondern auch schweres Leid gebracht. Und wenn es uns nicht bald gelingt, ein gerechtes Tauschmittel zu realisieren, bin ich mir nicht sicher, ob die Erfolgsbilanz dieser Erfindung positiv ausfällt. Ich verzichte gerne auf Handy, Auto und Zentralheizung, wenn dafür die Menschheit weiter existiert.
Das Verrückte, wenn nicht gar Magische am heutigen Geld ist aber nicht seine abstrakte Natur, sondern sein Wesen als ewige und ewig wachsende Schuld. Immer mehr und immer mehr. Es gibt in der Geschichte des Geldes, von der Tempelbuchhaltung im Zweistromland über die Münzen der Griechen und die Quittungen der Goldschmiede bis zur Aufhebung des Goldstandards durch Präsident Nixon 1971 viele bemerkenswerte Innovationen, die übrigens sehr oft der Finanzierung von Kriegen dienten. Aber das für die heutige Zeit wichtigste Ereignis dürfte wohl 1694 die Gründung der Bank of England gewesen sein, die als die Mutter aller Zentralbanken gilt und die erstmals privates Schuldgeld mit königlichem Siegel in Umlauf brachte. Während die privaten Banken des Mittelalters und der Renaissance untergingen – wer gibt, was er nicht hat, kann nicht überleben – hat sich das private Schuldgeldsystem seit 1694 durch alle Krisen und Kriege gemogelt, obwohl es, wie oben dargestellt, keineswegs nachhaltig ist. Natürlich: Die Allianz zwischen Staat und Bankenwelt im Verbund mit Militär, Justiz und Medien ist stark und hat bis jetzt alle Reformen unterdrückt. Und es hat auch immer Alternativen gegeben, die zeitweise sogar politische Mehrheiten erzielten. Aber ganz unschuldig sind wir auch als Individuen nicht an diesem unseligen System. Wir bevorzugen, wie verschiedene Studien bestätigen, mehrheitlich den kleineren Sofortgewinn als den grösseren in der Zukunft. Lieber jetzt ein Marshmallow als später zwei.
Ende der 1960er Jahre ist der österreichisch-amerikanische Psychologe Walter Mischel mit einem Test berühmt geworden, bei dem er vierjährigen Kindern ein Marshmallow vorsetzte und ihnen sagte, sie würden ein zweites kriegen, wenn sie mit dem Verzehr bis zu seiner Rückkehr warteten. Nach einer Viertelstunde kehrte der Studienleiter zurück, aber in der Zwischenzeit hatte die Versuchung schon zugeschlagen. Im Durchschnitt konnten die Vierjährigen dem Zuckerschaum sechs bis zehn Minuten widerstehen. 14 Jahre später untersuchte Mischel seine Marshmallow-Kinder erneut. Wer damals der Versuchung widerstehen konnte, war zu einem emotional stabilen jungen Erwachsenen geworden und konnte gut mit Rückschlägen umgehen.
Als Kollektiv handeln wir jedoch sehr unökonomisch und irrational, beherrscht von der Marshmallow-Logik kleiner Kinder: Lieber jetzt ein bisschen als später viel, auch wenn es uns viel teurer kommt. Selbst wenn wir als Individuen lieber sparen als Schulden machen, als gesellschaftliches Kollektiv bevorzugen wir eindeutig den Kredit. Wer Schulden macht, wird kräftig belohnt. Und um als Apfel in einer Kiste mit faulen Früchten gesund zu bleiben, erfordert es ganz besondere Kräfte.
Das Geld hat uns nicht nur in eine Wachstumsfalle gelockt, aus der es praktisch kein Entrinnen gibt, es macht auch süchtig. Wir wollen immer zehn Prozent mehr Lohn, egal wieviel wir verdienen. Dabei konnte Timothy Judge, Professor für Management an der University of Notre Dame in Indiana (USA) in einer Meta-Analyse von 120 Jahren Forschung zur Lohnzufriedenheit nur eine sehr schwache Korrelation zwischen Gehalt und Zufriedenheit feststellen. Ab einem gewissen Lohnniveau macht mehr Geld einfach nicht glücklicher.
Auch für die Unternehmen zahlt es sich nicht aus, die Mitarbeiter mit höheren Löhnen zu locken. Geld spielt für die Motivation offenbar eine weniger bedeutende Rolle als die Grösse der Arbeitsgruppe, die Aufmerksamkeit, die den Mitarbeitern entgegengebracht wird und das Gefühl, Teil eines spannenden Experimentes zu sein.
Als Wirtschaftssubjekte verhalten wir Menschen uns im Grossen und Ganzen sehr irrational, und dafür schafft das Schuldgeld die Voraussetzung. Wie erwähnt, führt die Geldschöpfung durch die privaten Banken zu einer immer grösseren Lücke zwischen Schulden und Geldmitteln und damit zu einem sich ausbreitenden Mangel. Das Resultat ist eine Ökonomisierung des Lebens, Stress und Wettbewerb jeder gegen jeden. In einer solchen Gesellschaft stehen menschliche Werte wie Hilfsbereitschaft, Mitgefühl und Grosszügigkeit unter enormem Druck.
Was für Folgen das haben kann, illustriert eine Studie, die in die Geschichte eingegangen ist und zu einem jahrzehntelangen Krieg mit Millionen Opfern geführt hat: In den 1960er Jahren setzten amerikanische Forscher Ratten einzeln in Käfige und gaben ihnen zwei Flaschen zu trinken. In der einen befand sich Wasser, in der anderen wurde das Wasser mit Heroin und Kokain versetzt. Neun von zehn Laborratten wurden süchtig und tranken sich zu Tode. Das Experiment bildete die wissenschaftliche Grundlage für den Krieg gegen die Drogen, die nach Angaben des World Drug Reports 2016 der Vereinten Nationen jährlich 200’000 Todesopfer fordern. Über die Jahrzehnte sind das Millionen Tote, die Kosten, das Elend und die Gewalt nicht eingerechnet. Nur: Das Experiment war unwissenschaftlich.
In den 1970er Jahren erweiterte nämlich der kanadische Psychologieprofessor Bruce K. Alexander den Versuch und gab den Ratten einen luxuriösen Käfig mit Spiel- und Klettermöglichkeiten, bestem Futter und vielen Freunden, sowie reines und mit Drogen versetztes Wasser. Ergebnis: Die Ratten im «glücklichen» Umfeld tranken bloss ein Viertel des mit Drogen versetzten Wassers im Vergleich zu den isolierten Ratten. Keine wurde süchtig und keine starb.
Zugespitzt und auf unser Thema übertragen heisst das: Geld macht nicht nur süchtig, es schafft auch Bedingungen, die die Sucht erheblich begünstigen, ein klassischer Teufelskreis. Wie können wir uns aus ihm befreien?
In einem späteren Versuch brachte Alexander Ratten, die vorher während 57 Tagen süchtig gemacht wurden, in seinen Rattenpark. Einige zeigten Entzugssymptome, doch sie kehrten zu ihrem drogenfreien Leben zurück. Das gilt im übrigen nicht nur für Ratten, sondern auch für Menschen, wie die Erfahrung mit Soldaten im Vietnamkrieg zeigt. Während gemäss einer Studie aus den staatllichen «Archives of General Psychology» 20 Prozent der Soldaten während des Einsatzes in Vietnam heroinsüchtig waren, stoppten 95 Prozent der Süchtigen den Konsum nach ihrer Rückkehr in die Heimat. Das Milieu und nicht die Substanz erzeugt die Sucht. Die Droge ist bloss der untaugliche Ersatz für fehlende Lebenswerte.
Es wäre also theoretisch möglich, durch ein genügsames Leben mit menschlichen Werten die Bedingungen zu schaffen, in der wir uns von der eigenen Abhängigkeit von den falschen Versprechungen des Geldes befreien, wieder vernünftige Menschen werden und uns für eine umfassende Geld- und Wirtschaftsreform einsetzen könnten. Ich bin nicht sicher, ob sich innert nützlicher Frist genügend Menschen für eine solche Umkehr gewinnen lassen. Denn die Zeit ist in dreifacher Hinsicht knapp: Zum einen nähert sich das Biotop Erde in mehreren Bereichen kritischen Grenzen.
Zum andern ist der Zustand des globalen Finanzsystems höchst fragil. Claudio Borio, Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sieht «Zeichen eines Sturmes, der sich seit Längerem aufgebaut hat». Und drittens kann man nicht einfach weniger wachsen oder sogar schrumpfen, ohne gleichzeitig das Finanzsystem zu destabilisieren.
Die Finanzeliten wissen, dass es so nicht mehr weitergehen kann, auch wenn sie es nicht sagen. Aus den drei grossen Schocks der letzten 20 Jahre, dem Zusammenbruch des Long Term Capital Management Fund (LCTM) von 1998, dem Platzen der Dotcom-Blase 2001 und der Finanzkrise von 2008 wurde nicht nur nichts gelernt, die Fehler wurden multipliziert: Die Regulierung der Derivate wurde gelockert, Schulden wurden mit neuen Schulden in die Zukunft verschoben und die Banken, die 2008 too big to fail waren, sind noch grösser geworden. Auch die Vorbeben, die eine grössere Krise ankündigen, sind häufiger geworden: Frankenschock, Yuan-Abwertung, Brexit und Bargeld-Katastrophe in Indien, allein in den letzten beiden Jahren. Wenn der Dollar noch stärker wird, und die Zeichen sprechen dafür, werden viele Kredite in Dollar notleidend werden. Eine grössere Krise könnten die Zentralbanken nicht mehr meistern, ihr Pulver ist verschossen. Eine massive Ausweitung der Geldschwemme können sie sich nach den Exzessen der letzten Jahre nicht leisten, ohne das System akut zu gefährden.
James Rickards, Autor des soeben erschienenen Buches «Road zu Ruin» (auf deutsch: «Die Geld-Apokalypse») sieht ein anderes Szenario. Der Untertitel «The Global Elites’ Secret Plan for the Next Financial Crisis» tönt zwar nach Verschwörungstheorie, aber der Mann ist ein Praktiker. Nachdem er als Wallstreet-Anwalt geholfen hatte, beim Zusammenbruch des LCTM eine Kernschmelze zu verhindern, widmete er sich dem Studium von Finanzkrisen und ihrer Früherkennung und wurde dafür auch von der CIA engagiert und zu Kongresshearings gerufen. Die letzten zehn Monate verbrachte er damit, bestens gestellte Finanzleute zur Stabilität des Bankensystems zu befragen, darunter den letzten Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, oder den Koordinator der Bilderberger, den er allerdings nicht namentlich nennt. Rickards Fazit:
Die nächste Krise wird um Grössenordnungen heftiger sein als die letzte und sie wird durch einen globalen freeze temporär in Schach gehalten, wie dies in der Geschichte auf nationaler Ebene mehrmals geschehen ist. Die Konten werden weltweit für unbestimmte Zeit eingefroren und alle Transaktionen gestoppt, wofür nicht nur die technischen, sondern auch die juristischen Möglichkeiten bestehen. In der Zwischenzeit werden die seit 1969 bestehenden «Sonderziehungsrechte» (SZR) des Internationalen Währungsfonds als neue Weltwährung für den Verkehr zwischen Banken und Staaten eingeführt. Die SZR sind aus dem Nichts geschöpftes Geld, dessen Wert sich an einem Korb mit den fünf wichtigsten Währungen misst. Dann wird der Verkehr mit einer Neubewertung der Vermögen wieder aufgenommen und ein weltweites Steuersystem eingeführt. Motto: «one money, one order, one tax» – seit je der Traum der Eliten. Der Plan wird nach Angaben von Rickards von mindestens 189 Individuen an Schlüsselstellen der globalen Finanzwirtschaft mitgetragen, nicht durch Anweisung, sondern durch Konsens und im festen Glauben, damit Gutes zu tun.
Wann der Plan umgesetzt wird, darüber macht Rickards keine Angaben. Genaue Prognosen sind in komplexen dynamischen Systemen, die auch durch kleinere Ereignisse destabilisiert werden können, ohnehin nicht möglich. Aber immerhin trägt ein Kapitel die Überschrift «Earthquake: 2018». Rickards lässt keine Zweifel offen, dass das neue Regime faschistisch sein wird, gekennzeichnet durch eine enge Kooperation zwischen den globalen Regulatoren und der privaten Wirtschaft. Alternativen oder eine Strategie zur Verhinderung dieses Szenarios gibt er nicht, bloss Anlagetipps (10 Prozent physisches Gold oder Silber, 30 Prozent Cash, 20 Prozent Immobilien, plus Wertpapiere und Kunst). Na ja …
Falls 2018 eine realistische Einschätzung ist, und dafür sprechen auch die Bemühungen, das Bargeld bis dann weitgehend aus dem Verkehr zu ziehen, dann steht für Alternativen in der Tat nicht mehr viel Zeit zu Verfügung. Denn sie wären vorhanden. Ultima ratio für eine Welt im Konkurs wäre natürlich ein ordentliches Konkursverfahren mit Schuldenerlass. Das steht leider nicht zur Diskussion. Auf nationaler Ebene könnten sich einige Länder mit einer Vollgeld-Reform komplett entschulden, viele entlasten und vor allem die Bedingungen für eine Lösung des Wachstumszwangs schaffen. In einer Vollgeld-Reform wird die private Schuldgeldschöpfung durch die Banken unterbunden und durch öffentliche Geldschöpfung ersetzt. Geld wird nach Massgabe der Wirtschaftsleistung von der öffentlichen Hand in Umlauf gebracht, schuld- und zinsfrei! Das ist der Königsweg, sich vom Wachstumszwang und dem Diktat der Finanzwirtschaft zu befreien. Ob es ein kleiner verborgener Pfad bleibt oder eine grosse Strasse für eine ganze Volkswirtschaft wird, liegt an uns. Das Schuldgeld der Banken mag ein fieser Trick sein, der uns an unserer schwächsten Stelle erwischt. Ab es ist immer noch eine Falle, aus der wir uns selbst befreien können.
Leider nicht allein.
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03. April 2017
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Christoph Pfluger
Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".
032 621 81 11
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