Symbol des Friedens

In Japan gelten Kraniche als Symbol der Langlebigkeit, des Glücks und des Friedens. Sie dienen als Stoff für Legenden und werden – weit verbreitet – zu Tausenden aus Papier gefaltet.

Iwao Yamaguchi : «Nach dem Krieg hatten wir keine Spielzeuge. Aber wir hatten Holz und Papier.» (Bild: zvg)

Aus Papier gefaltete Objekte werden «Origami» genannt und gelten, bei entsprechender Gestaltungs- und Ausführungsqualität, als mehrdimensionale Kunstwerke, besonders in Japan und China. Eine der wichtigsten Figuren in der Origami-Welt ist der als Glückssymbol bekannte Kranich. Die japanische Auslegung sagt, dass wer 1000 Origami-Kraniche falte, von den Göttern einen Wunsch erfüllt bekommt und gesund bleibt.

Schmerzhafter Rückblick
Als die Amerikaner im Jahr 1945 ihre Atombombe auf Hiroshima abwarfen, verloren 90 000 Menschen sofort ihr Leben, und ebensoviele starben Jahre später an den Folgen. Unter ihnen war Sadako Sasaki, die beim Abwurf zweieinhalb Jahre alt war und scheinbar unversehrt überlebte. Erst neun Jahre später brach sie nach einem Sportanlass zusammen Die Ärzte diagnostizierten Leukämie und behielten sie im Spital. Sadako begann dort Papierkraniche zu falten. Nachdem sie 1000 Kraniche fertiggestellt hatte, schien es ihr besser zu gehen – so wie die Legende versprach. Deshalb startete sie eine zweite Serie. Sadako schaffte diese nicht mehr fertig und verstarb am 25. Oktober 1955 neben 644 Origami-Kranichen. Ihre Mitschüler und Mitschülerinnen sammelten Geld für eine Gedenkstätte für Sadako Sasaki. Das «Friedensmonument der Kinder» mit einer Statue von Sadako Sasaki steht heute samt einem Origami-Kranich im Friedenspark von Hiroshima, wo vor bald 73 Jahren die Atombombe abgeworfen wurde. Jährlich besuchen tausende von Schulklassen die Gedenkstätte und bringen eine Kette mit je 1000 Origami-Kranichen mit. Diese legen oder hängen sie in die Nähe von Sadako auf.

Origami Made in Switzerland
Origami-Fan und Berichterstatter dieser Geschichte ist Iwao Yamaguchi. Für 900 Franken reiste der 19-Jährige in den Fünfzigerjahren per Schiff und Zug von Japan nach Europa und liess sich nach einigen Jahren in Zürich nieder. Er fand umgehend Arbeit und blieb dort bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2013. Seither hat er noch mehr Zeit, seine Origami-Leidenschaft zu leben. «Origami» heisse eigentlich nichts anderes als «Papierfalten», erklärt Iwao Yamaguchi und formt mit flinken Händen ein quadratisches Stück Papier zu einem Flieger. «Nach dem Krieg hatten wir keine Spielzeuge. Aber wir hatten Holz und Papier.» Dies war der Ursprung für seine über Jahrzehnte andauernde Passion für die Papierfaltkunst Origami. «Ich konnte mit einem Stück Papier meine Ideen verwirklichen und hatte deshalb jedes Spielzeug, das ich mir wünschte.»

Mehr als ein Zeitvertreib
Für Iwao Yamaguchi hat Origami viele Dimensionen. «Der Erfindergeist, die Mathematik und die Meditation kommen nicht zu kurz.» Auch denkt er, dass Origami für die Pädagogik, Wissenschaft, Design und Architektur grosses Potential hat. So ist er auch immer für eine Neuentwicklung zu haben. Egal, ob es ein Tier, eine Blume oder ein Auto ist. Dafür zieht er sich dann in sein Zimmer zurück und macht sich an die Entwicklung. Der grösste Fehler sei bei der Lösungssuche und dem Falten, die Geduld zu verlieren – auch Kranich zu werden brauche seine Zeit.