Tablets an Schulen stärken Brillenbranche
Gegen die digitale Aufrüstung der Schulen regt sich langsam Widerstand – z.B. in Deutschland und in Dänemark, wie diese Beiträge von Diagnose_funk zeigen.
Der deutsche Verband Bildung und Erziehung (VBE) forderte, Schulen zu 100% mit Tablets auszustatten. Über dieses Konjunkturprogramm wird sich auch die Brillenbranche freuen: Tabletnutzung führt zu einer epidemischen Kurzsichtigkeit, mit besorgniserregenden Folgen.
Der Industrieverband der Brillenindustrie Spectaris verzeichnete bislang nur Umsatzsteigerung von 1,0 Prozent im Jahr 2023 auf 4,92 Milliarden Euro. Doch der Verband blicke optimistisch in die Zukunft durch die vermehrte Kurzsichtigkeit (Myopie) bei jungen Menschen, die «für einen stetig steigenden Bedarf an Brillen und Kontaktlinsen» sorge, so die Stuttgarter Zeitung (13.01.2024). Die Ursache für den Anstieg der Kurzsichtigkeit, das sieht man in Südkorea und China, liegt an der ausufernden Bildschirmnutzung mit Tablets und Smartphones. Dort sind inzwischen weit über 80% der Jugendlichen kurzsichtig.
Völlig undifferenziert, unreflektiert – und eben: kurzsichtig – forderte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) am 5.2.2024 die Vollausstattung der Schulen mit Tablets, Smartphones und Laptops. Abgesehen von der Problematik, ab welcher Altersstufe der Einsatz digitaler Medien pädagogisch sinnvoll ist, werden damit Arbeitsgeräte gefordert, die nicht nur durch die Strahlenbelastung, sondern auch durch ihre «Unergonomie» krank machen. Diese Folgen werden offenbar im «Tabletwahn» (Prof. Klaus Zierer) verdrängt.
Am Ende steht Blindheit
Prof. Manfred Spitzer nannte in seinem Vortrag «Digitale Demenz und was wir dagegen tun können» auf einer medizinischen Tagung in Bad Boll im Januar 2024 die Einführung von Tablets in Kindergärten und Grundschulen eine «vorsätzliche Körperverletzung». Die Folgen seien im Alter oder schon früher Makuladegeneration, Netzhautablösung, Glaukom («grüner Star»), Katarakte («grauer Star»).
«Zusammengenommen zeigen die Daten deutlich, dass Myopie weithin eine unterschätzte globale Herausforderung für das Sehen ist», so Spitzer. Es würden wissentlich viele spätere Blinde in Kauf genommen. In seinem Artikel «Digitalisierung in Kindergarten und Grundschule schadet der Entwicklung, Gesundheit und Bildung von Kindern» beschreibt Prof. Spitzer die Folgen der Kurzsichtigkeit.
Die in der Fachzeitschrift «Augenspiegel» von Dr. Roth (Ulm) veröffentlichte Untersuchung weist zudem nach, dass die Strahlenbelastung durch das Handytelefonieren zu Katarakten führt. Aus diesen beiden Gründen müssten kleine Bildschirme von Smartphones, Tablets und Laptops als augenschädigende Arbeitsgeräte verboten werden.
Regelungen für Erwachsene - nicht jedoch für Kinder!
In Betrieben gelten strenge Regeln für die Arbeitsplatzgestaltung der Büroarbeit, so zum Beispiel für die Grösse der Bildschirme, ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes, Erholungspausen für die Augen. Dies wird bei der Einführung von Tablets an Schulen schlichtweg ignoriert. Die Leitlinie Bildschirmmedien, herausgegeben von 11 Fachverbänden, weist auf diesen nicht beachteten Widerspruch hin:
Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass digitaler Unterricht dieselben Beschwerdebilder mit sich bringt wie die klassische Büroarbeit bzw. Bildschirmtätigkeit: Kopfschmerzen, Nervosität, Reizbarkeit, muskeloskelettale Erkrankungen und Erkrankungen der Augen. Ein grosser Teil der Kinder verfügt über keinen Zugang zu umfassend ausgestatteten PC-Arbeitsplätzen und folgt somit dem digitalen Unterricht auf mobilen Endgeräten. Nicht zuletzt, weil viele Schulen zur Sicherstellung des digitalen Unterrichts dazu übergegangen sind, Tablets in grossen Mengen zu kaufen oder von der Industrie als Geschenk entgegen zu nehmen, und als Leihgeräte an Schüler auszugeben. Diese Entwicklung ist bedenklich, da die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin aufgrund der erhöhte Risiken physischer Beanspruchung dazu rät, Tablets und Smartphones nur kurzzeitig zu nutzen. (LL S.17)
Die Schlussfolgerung daraus muss sein: Smartphones, Tablets und Laptops dürfen auch aus ergonomischen Gründen keine Lernmittel sein. Für die Arbeit an PCs müssen Arbeitsschutzrichtlinien speziell für Kinder erlassen werden. Erst ab dem 14. Lebensjahr, dafür plädieren Pädagogen, Mediziner und Neurobiologen, ist der Einsatz digitaler Medien an Schulen sinnvoll. Aber dann bitte in gut ausgestatteten Arbeitsräumen mit grossen Monitoren, die ergonomische Standards erfüllen, so wie es die Berufsgenossenschaften in ihren Merkblättern vorschreiben.
Dänemark macht Digitale Bildung rückgängig
Minister entschuldigt sich für gescheitertes Experiment: «Wir haben uns zu lange den grossen Tech-Konzernen unterworfen!»
Die Süddeutsche Zeitung vom 7.2.2024 meldet: «Enttäuschte Liebe. Dänemarks Schulen sind weit vorgestossen in die digitale Welt, Handys und Tablets gehören vielerorts zur Grundausstattung. Doch die einstige Begeisterung ist weg. Der Bildungsminister ruft zur Umkehr auf.»
Der dänische Bildungsminister hat den Rückzug mit einer Entschuldigung eingeleitet – und zwölf Empfehlungen, die laut Süddeutscher Zeitung klingen wie ein «Digital-Detox-Programm für Heavy User.»
Mattias Tesfaye, der sozialdemokratische Minister für Kinder und Bildung, forderte, die Schulen müssten «das Klassenzimmer als Bildungsraum zurückerobern» und entschuldigte sich bei den dänischen Jugendlichen dafür, dass man sie zu «Versuchskaninchen in einem digitalen Experiment» gemacht habe, «dessen Ausmass und Folgen wir nicht überblicken können».
In den meisten anderen Ländern dominiert immer noch die Unterwerfung unter die Tech-Konzerne.
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