USA: Selbst-Schuldenerlass durch Inflation?

Es wird keine friedliche Zukunft ohne einen globalen Schuldenerlass geben. Das wissen auch Analysten, und einige sehen die ersten Vorboten dafür in den USA, schreibt Nicolas Dvorak von Deutsche Wirtschaftsnachrichten.

Gottvertrauen und Schuldenlast. Foto: Matthias Groeneveld

Weltweit gibt es schätzungsweise 300 Billionen US-Dollar Schulden. Das ist viermal so viel wie die gesamte jährliche Wirtschaftsleistung der Erde. Die grosse Entschuldung wird kommen – fragt sich nur, ob durch Krieg und Zerstörung oder indem man verschuldeten Staaten, Personengruppen oder Unternehmen ihre Verbindlichkeiten in grossem Umfang erlässt.

Investor und Analyst Nick Giambruno beschreibt auf dem Blog Souvereign Man den US-Regierungserlass zur Entschuldung von Studenten als ersten Vorboten auf einen solch grossen Schuldenerlass. Hochverschuldete amerikanische Studenten, die im Jahr weniger als 125.000 US-Dollar verdienen, bekommen 10.000 Dollar an Bildungskrediten erlassen, Studenten aus prekären Verhältnissen bis zu 20.000 Dollar. Auch habe die Biden-Administration den Höchstsatz, wie viel Prozent ihres Einkommens Ex-Studenten für Zinszahlungen ausgeben dürfen, von 10 auf 5 gesenkt.

Zwischen 300 und 600 Milliarden Dollar Schulden werden auf diese Weise erlassen. Nach unterschiedlichen Schätzungen sind etwa 43 Millionen Amerikaner nach ihrem Studium durchschnittlich mit zwischen 17.000 und 25.000 Dollar verschuldet. 

Giambruno bezeichnet dies als einen Präzedenzfall und sagt: «Ich denke nicht, dass es lange geht, bis es dann auch Schuldenerlasse bei Kreditkarten-Schulden, Autokredit-Schulden und Hypotheken geben wird. Wie wird die Regierung all diese Schuldenerlasse finanzieren? Es ist unwahrscheinlich, dass sie die Steuern derart anheben kann, um diese Ausgaben zu bezahlen. Es würde auch keinen Sinn machen, neue Staatsschulden aufzunehmen, um Schulden anderswo zu begleichen. Das bedeutet, die Gelddruckerei bleibt als einziges Mittel übrig, um diese Schuldenerlasse zu finanzieren. Ich schätze also, dass sie genau das tun werden.»

Tatsächlich haben die Amerikaner so viel Schulden wie nie zuvor. Rechnet man Hypotheken, Auto-Kredite, Bildungsdarlehen, Kreditkartenschulden und andere Privatverbindlichkeiten zusammen, belaufen sich die Schulden derzeit auf 16 Billionen Dollar – ein Allzeit-Höchststand.

Nicht nur die rapide wachsenden Schulden von Privatpersonen sind ein Problem, sondern auch die des Staates. So haben die USA über 30 Billionen Dollar Staatsschulden, Tendenz steigend. 

Da in den vergangenen Jahren niedrige Zinsen herrschten, war die Finanzierung der Handels- und Haushaltsdefizite mithilfe neuer Schulden recht einfach war. Durch die Anhebung der Leitzinsen sind die Bedingungen für Banken, Haushalte, Firmen und den Staat verschärft worden. Giambruno geht davon aus, dass die steigenden Zinsen die Schuldenrückzahlung zunehmend unmöglich machen werden.

«Selbst eine Rückkehr der Zinsen zu ihrem historischen Durchschnittswert würde bedeuten, dass mehr als die Hälfte der gesamten Steuereinnahmen des Staates für den Zinsdienst verwendet werden müssten. Die Zinszahlungen würden sowohl die Sozialausgaben als auch die Rüstungsausgaben übertreffen und zum grössten Posten im Bundeshaushalt aufsteigen.»

Laut Giambrunos Prognose werde die US-Regierung das Schuldenproblem über die Inflation zu lösen versuchen: «Inflation stellt einen grossen Bonus für Schuldner dar. Sie ermöglicht es, in Dollar Geld auszuleihen und dieses in Pfennigen zurückzuzahlen. Und weil die US-Regierung der grösste Schuldner in der Weltgeschichte ist, ist sie auch der grösste Profiteur der Inflation. Aus diesem Grund denke ich, dass der grosse Schuldenerlass für die Bundesregierung in Form einer grossen inflationären Welle kommen wird.»

06. Juni 2023
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