Eva-Marias Gedanken und Vorschläge zum Wort des Jahres.

700 Millionen Menschen leben von weniger als 1,90 Dollar pro Tag. (C) Nicola Barts

Was heisst eigentlich Armut? Nach Wikipedia bedeutet Armut, dass die materiellen Grundbedürfnisse des Menschen nach Nahrung, Wasser, Kleidung, Wohnraum und Gesundheit grundsätzlich nicht befriedigt sind. Man unterscheidet hier noch einmal in so genannte relative Armut, d.h. den Menschen stehen pro Tag weniger als 3,20 Dollar zum Lebensunterhalt zur Verfügung. Das betrifft etwa 3,4 Milliarden Menschen. Dazu kommen etwa 700 Millionen Menschen, die in absoluter Armut, d.h. von weniger als 1,90 Dollar pro Tag, leben. Insgesamt lebt also statistisch gesehen über die Hälfte der Weltbevölkerung in Armut!

 

Das einzige, was die Armut beseitigen kann, ist miteinander zu teilen. 
Mutter Teresa

 

Dagegen besitzt das obere 1 Prozent der Weltbevölkerung rund 40%, und die oberen 10 Prozent sogar 83% des gesamten Weltvermögens. Und die Schere zwischen Arm und Reich geht immer schneller auseinander.

Und die allgemeine Verschuldung nimmt zwangsläufig immer mehr zu — was gar nicht anders sein kann bei einem Finanzsystem, wo das Geld der Banken aus dem Nichts geschöpft wird und Zins und Zinseszins die Schulden immer weiter wachsen lässt. Dazu gibt es einen sehr gut erklärenden Film: Warum überall Geld fehlt. Und wer sich umfassender mit dem System des Geldes befassen möchte, dem empfehle ich das Buch von Christoph Pfluger: «Das nächste Geld».

Im Kleinen wie im Grossen: Die Staatsverschuldung Deutschlands und die aller anderen Staaten weltweit steigt immer weiter. Besonders davon betroffen sind natürlich die Staaten des globalen Südens. Man sollte sich ernsthaft fragen: Was macht das alles für einen Sinn? Und wohin soll das führen? Niemals werden diese Schulden zurückbezahlt werden können!

Die Grünen hatten 2020 einen Antrag gestellt, die Schulden für Länder des globalen Südens zu erlassen. Der Bundestag hat diesen am 5. November 2020 mit grosser Mehrheit abgelehnt!

Auch über 140 Vertreter christlicher Kirchen haben in einem Schreiben an den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Weltbank (WB) einen Schuldenerlass für Entwicklungsländer gefordert — ohne Resultat.

Aber wir wissen: Die Zeiten ändern sich! Sogar das «Wort des Jahres 2022» ist: Zeitenwende!

Stell Dir vor, Regierungen der Welt kämen auf die Idee, die Schulden, die andere Länder bei ihnen haben, zu erlassen. Oder die 10 Prozent der Reichsten mit den 83% des Weltvermögens würden nur die Hälfte ihres Vermögens* an die Armen verteilen. Einer wird irgendwann den Anfang machen. Schon hätten wir eine andere Welt.

Eine Zeitenwende sollte vor allem auch eine Bewusstseinswende sein. Und die beginnt mit dem Ändern der Gedanken! Auch im Kleinen: in Dir selbst! Hast du schon einmal daran gedacht, dass du das, was du besitzt, aber nicht unbedingt brauchst, mit ärmeren Menschen teilen könntest? In matriarchalen Gesellschaften war das gang und gäbe: Einmal im Jahr richtete der wohlhabendste Clan ein grosses Fest für den ganzen Stamm aus, in dem der Überfluss des einen mit allen geteilt wurde.

Weihnachten, das «Fest der Liebe», bietet sich doch geradezu dafür an, die Gedanken (und auch Dinge, Komm. d. Redaktion) in diese Richtung fliessen zu lassen. Dazu füge ich die schöne Geschichte vom Schuster Martin an, nach einer Erzählung von Leo Tolstoi. 

Lasst uns mit diesen Gedanken des Teilens und Beseitigung der Armut heute Abend um 21 Uhr im Feld der Liebe, der Freiheit und des Friedens zusammenkommen. Finde fried- und liebe-volle Gedanken für diese neue Welt. Eine Welt, in der der Reichtum der Erde mit der ganzen Menschheitsfamilie geteilt wird. Mach mit! Sei dabei! Jedes liebevolle Herz wird gebraucht! Gemeinsam sind wir stark!

* Aber bitte nicht so, wie der «Philanthrop» Bill Gates (u.a.), der mehr als die Hälfte seines Vermögens (144 Milliarden) in die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung steckt, aber selber die Entscheidungsgewalt darüber behält, wohin die Gelder fliessen und zu welchem Zweck sie eingesetzt werden dürfen!

 

Martin, der Schuster. 

Nach einer Erzählung von Leo Tolstoi (Wo Liebe ist, da ist Gott)
Es war einmal ein armer Schuster, der hiess Martin und lebte in einem Keller. Durch das kleine Kellerfenster konnte er die Menschen sehen, die draussen auf der Strasse vorübergingen. Zwar sah er nur ihre Füsse, doch erkannte er jeden an seinen Schuhen. Fast alle diese Schuhe hatte er schon ein- oder zweimal in seinen Händen gehabt. 
Schon seit vielen Jahren arbeitete Martin in dem Keller, der ihm zugleich Werkstatt und Wohnung war. Von morgens bis abends schnitt er Leder zurecht, nagelte neue Sohlen auf die Schuhe oder nähte einen Flicken auf eine geplatzte Naht. Die Leute kamen gern zu Martin, denn er machte seine Arbeit gut und verlangte nicht zu viel Geld dafür. 
Wenn der Advent kam und es draussen dunkel wurde, zündete Martin die Lampe an und las in seinem Lieblingsbuch. Es war die Bibel mit den vielen Geschichten von Jesus. Den ganzen Tag freute er sich auf dieses Buch. Er konnte den Abend kaum erwarten. 
Eines Tages hörte Martin, wie jemand seinen Namen rief. «Martin», klang es plötzlich ganz leise an sein Ohr. Er blickte sich um. Aber niemand war in seiner Werkstatt. Doch gleich darauf hörte er die Stimme wieder: «Martin! Schau morgen hinaus auf die Strasse! Ich will zu dir kommen.» Martin dachte, er habe geträumt. War es Jesus, der aus der Stille zu ihm sprach? 
Am nächsten Morgen sah Martin vor seinem Fenster ein Paar alte, geflickte Soldatenstiefel, und bald erkannte er auch den Mann, der sie anhatte. Es war der alte Stephan. Er schaufelte gerade den Schnee von der Strasse. Die Arbeit strengte ihn sehr an. Er musste immer wieder stehen bleiben, um sich auszuruhen. Martin hatte Mitleid mit dem armen Mann und rief ihn zu sich herein. «Komm herein, Stephan! Wärme dich in meiner Stube!» Dankbar nahm Stephan die Einladung an. Er getraute sich kaum, mit dem Schnee an den Stiefeln die Stube zu betreten. Doch Martin redete ihm freundlich zu: «Setz dich zu mir an den Tisch, Stephan! Ich will dir ein Glas Tee einschenken. Der warme Tee wird dir gut tun.»
Als Stephan gegangen war, schaute Martin bei der Arbeit wieder aus dem Fenster. Da sah er eine junge Mutter mit einem kleinen Kind auf den Armen. Die Frau fror in ihrem dünnen Kleid. Sie versuchte, ihr Kind vor dem kalten Wind zu schützen. «Komm herein, Frau!» rief Martin ihr zu. «Hier drinnen kannst du dein Kind besser wickeln.»
Martin nahm die Suppe vom Herd, die er für sich selber gekocht hatte, und gab sie der Frau. «Hier, iss etwas,»sagte er, denn er sah der Frau an, dass sie Hunger hatte. Während die Mutter die Suppe ass, nahm Martin das Kind auf seinen Schoss und versuchte, es durch allerlei Spässe zum Lachen zu bringen. Dann gab er es der Mutter zurück. 
Kaum war die Mutter mit dem Kind gegangen, da hörte Martin ein Geschrei vor seinem Fenster. Eine Marktfrau schlug auf einen kleinen Jungen ein, der einen Apfel aus ihrem Korb gestohlen hatte. «Warte nur, du Dieb! Ich bring dich zur Polizei», schrie sie wütend und zerrte den Jungen an den Haaren. Sofort rannte Martin auf die Strasse hinaus. «Lass ihn doch laufen», sagte er zu der Frau. «Er wird es bestimmt nicht wieder tun. Den Apfel will ich dir bezahlen.» Da beruhigte sich die Frau und der Junge musste sich bei ihr entschuldigen, weil er den Apfel gestohlen hatte. «Schon gut», sagte die Marktfrau und ging weiter. Der Junge aber half ihr freiwillig, den schweren Apfelkorb zu tragen. 
Am Abend las Martin wieder in seinem Lieblingsbuch, in der Bibel. Da hörte er die Stimme an seinem Ohr: «Martin, Ich bin bei dir gewesen. Hast du mich erkannt?» «Wann? Wo?» fragte Martin erstaunt. «Schau dich einmal um», sagte die Stimme. Da sah Martin plötzlich den alten Stephan im Licht der Lampe stehen und daneben die junge Mutter mit ihrem Kind. Auch den Jungen mit dem Apfel sah er und die Marktfrau mit dem Korb am Arm. «Erkennst du mich jetzt?» flüsterte die Stimme. Dann waren alle auf einmal verschwunden. 
Da freute sich Martin. Er schlug wieder seine Bibel auf und las, was Jesus gesagt hatte: «Alles, was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.» (Math. 25) 

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Eva-Maria Gent 
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