Niemand hält sich für einen Kriegstreiber. Aber dann kommt die Propagandamaschine in die Gänge, und ehe man sich versieht, wiederholt man die Slogans und schwenkt die Fahnen, auf die man programmiert wurde und stimmt allem zu, was die imperiale Kriegsmaschine in diesem Moment will.

Fast alle werden beteuern, dass sie den Frieden lieben und den Krieg hassen, wenn sie gefragt werden; Krieg ist das Allerschlimmste auf der Welt, und kein gesunder Mensch kann sich an dem Gedanken daran erfreuen.

Doch wenn es darauf ankommt und es an der Zeit ist, sich gegen den Krieg und für den Frieden einzusetzen, stehen diejenigen, die sich zuvor als «Kriegsgegner» bezeichneten, auf der anderen Seite und rufen nach mehr Waffen für einen Stellvertreterkrieg, den ihre Regierung mit Absicht provoziert hat.

Das liegt daran, dass sich die Theorie der Kriegsgegnerschaft fundamental von der Praxis unterscheidet. In der Theorie sind die Menschen nur gegen die Idee, andere Menschen ohne guten Grund zu töten. In der Praxis werden sie immer wieder mit einer Flut von Medienberichten konfrontiert, die ihnen scheinbar gute Gründe liefern, warum diese Menschen trotzdem getötet werden müssen.

Die Suche nach dem Frieden ist nicht die unbeschwerte Flower-Power-Zeit.

Es ist nicht leicht, wirklich gegen den Krieg zu sein. Es ist nicht so, wie es sich die Leute vorstellen. Tatsächlich wird man von einer Flut von Informationen erschlagen, die auf Verwirrung und Manipulation abzielen. Damit muss man sich ausgerechnet dann auseinandersetzen, während man von denen angeschrien wird, die auf die Gehirnwäsche hereingefallen sind. Das ist nicht angenehm und schon gar nicht lustig. Es ist nicht die unbeschwerte Flower-Power-Zeit, die die Menschen vermuten, wenn sie den Frieden suchen.

Es geht darum, sich gegen die raffinierteste Propagandamaschine zu stellen, die es je gegeben hat, während es gleichzeitig viele Gründe gibt, es eben gerade nicht zu tun.

Wenn Menschen sich als «Kriegsgegner» bezeichnen, stellen sie sich in der Regel vor, dass sie gegen einen weiteren Irak-Krieg sind oder gegen einen theoretischen Hitler-ähnlichen Präsidenten, der einen Krieg beginnt, weil er gerne Menschen tötet. Sie stellen sich nicht vor, was Kriegsgegnerschaft in der Praxis bedeutet.

Da es ein fester Bestandteil jeder Kriegsstrategie ist, der Öffentlichkeit den Krieg zu verkaufen, wird der Krieg aus der Sicht des Mainstreams immer so erscheinen, als sei er unumgänglich. Und er wird nicht wie die anderen Kriege aussehen, die wir im Nachhinein als Fehler erkannten.

Der Krieg ist immer so angelegt, dass er einleuchtend aussieht. Es wird immer Grausamkeiten geben, die propagandistisch ausgenützt werden. Es wird immer Gründe geben, die diese militärische Intervention als etwas Besonderes und absolut Notwendiges verkaufen. Das ist immer so, denn so werden moderne Kriege heute verpackt und vermittelt.

Aus diesem Grund wird es immer eine Reihe von selbsternannten Linken und Antiimperialisten geben, die das neueste US-Kriegsprojekt bejubeln. In der Theorie sind sie gegen die Idee eines Krieges, aber in der Praxis sieht es immer anders aus, als sie es sich vorgestellt haben.

Fast die gesamte Propaganda kommt aus westlichen Quellen.

Unsere gesamte Zivilisation ist von Propaganda geprägt. Aber der Begriff wird im Mainstream ausschliesslich dazu verwendet wird, um den praktisch nicht existenten Einfluss der russischen Propaganda auf unsere Gesellschaft zu diskutieren. Das Getöse des Mainstreams über die russische Propaganda erweckt den Eindruck, als würde sie fast 100 Prozent der gesamten Propaganda ausmachen, der die Menschen im Westen ausgesetzt sind, während es in Wirklichkeit nur ein winziger Bruchteil von vielleicht einem Prozent ist. Fast die gesamte Propaganda kommt aus westlichen Quellen.

Propaganda ist der am meisten übersehene und unterschätzte Aspekt unserer Gesellschaft. Sie hat weitaus mehr Einfluss darauf, wie die Öffentlichkeit denkt, handelt und wählt, als die offiziellen Institutionen, und doch wird sie kaum thematisiert. Sie wird nicht in den Schulen gelehrt, und selbst die besten politischen Richtungen gehen kaum darauf ein.

Die Aufregung über die russische Propaganda der für das Narrativ des Establishment verantwortlichen Manager verrät aber auch ihr Geheimnis: Sie wissen, dass es möglich ist, mithilfe der Medien die Art und Weise zu manipulieren, wie die Öffentlichkeit denkt, handelt und wählt. Sie geben nur nicht zu, dass sie es sind, die das tun.

Es ist eigentlich die unglaublichste Sache der Welt: Es gibt etwas, das unser ganzes Leben lang auf unser Denken wirkt und die Organisation unserer gesamten Gesellschaft direkt beeinflusst, aber wir sprechen kaum darüber. Es sollte im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stehen.

Aber das ist ja auch der springende Punkt der Sache: Propaganda funktioniert nur bei denen, die nicht wissen, dass sie selbst mit Propaganda eingedeckt werden. Die Fähigkeit des zentralisierten US-Imperiums, seine Propagandamaschine zu verstecken, ist ein grundlegendes Element seiner Stärke.

Wirklich gegen den Krieg zu sein, bedeutet nicht nur herauszufinden, was an den von der imperialen Kriegsmaschinerie verbreiteten Kriegsberichten wahr ist, sondern auch, was an den Narrativen wahr ist, die wir von klein auf über die Welt gehört haben. Es ist ein Engagement für die Wahrheit von fast spiritueller Qualität, da es, wenn es ernst genommen wird, jeden Aspekt des Lebens beeinflusst.

Es ist wichtig, zu recherchieren und neue Dinge über die Welt zu lernen. Aber mindestens so entscheidend ist es, die Überzeugungen auf den Prüfstand zu stellen, die wir bereits über die Gesellschaft, die Regierung, die Nation und die Welt haben. Hinterfragen Sie, ob sie wirklich wahr sind und wer davon profitieren könnte, dass Sie an sie glauben.

Sich davon zu befreien, braucht etwas Zeit.

Machen Sie nicht den Fehler, anzunehmen, dass Sie bewusst und informiert genug sind, um alle Lügen sofort zu erkennen. Wir haben es mit der fortschrittlichsten und mächtigsten Propagandamaschine zu tun, die es je gegeben hat, und wir standen unser ganzes Leben lang unter ihrer Wirkung. Sich davon zu befreien, braucht etwas Zeit.

Selbst die Bewusstesten unter uns wurden in ihrem Leben bis zu einem gewissen Grad mit der Mainstream-Weltanschauung indoktriniert. Und bis heute haben die meisten Informationen über die Welt ihre Wurzeln und Verästelungen irgendwo in der Propaganda-Matrix.

Man muss sich anstrengen, wenn man die Dinge klar sehen und eine wirklichkeitsgetreue Sicht der Welt entwickeln will. Aber wenn man das nicht tut, ist es nicht möglich, tatsächlich gegen den Krieg zu sein. Man kann sich nicht gegen etwas stellen, das man nicht versteht. Die imperiale Kriegsmaschinerie zu bekämpfen heisst, die imperiale Propagandamaschinerie zu bezwingen.

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Caitlin Johnstone ist eine US-amerikanische Journalistin, «Anarcho-Psychonautin» und «Guerilla-Poetin», deren Arbeit zu 100 Prozent von ihren Leserinnen und Lesern bezahlt wird. 
Quelle: «Everyone’s Anti-War Until The War Propaganda Starts»