Chapeau für Aviv Geffen
Der Sänger gegen die Apartheid in Israel
Er war der letzte Mensch, der Yitzak Rabin umarmte. Dann drang der Attentäter auf die Bühne und erschoss den israelischen Friedenspremier. Die grosse Friedenskundgebung vom 4. November 1995 in Tel Aviv, die so tragisch endete, ist der entscheidende Wendepunkt im Leben von Aviv Geffen, dem androgynen israelischen Popstar, den ausserhalb des Landes nur wenige kennen. Keiner geisselt den Krieg, die Armee und die Apartheid in Israel so scharf und so eingängig, wie der Grossneffe von Moshe Dayan, dem Helden des Sechstagekrieges von 1967.
Er fordert die Mütter auf, ihre Kinder nicht mehr in den Krieg zu schicken. Er ist für den Rückzug aus den Siedlungen in den besetzten Gebieten, wo er selber (für ein TV-Programm) kurze Zeit gelebt hat und einem Mann begegnete, der den ganzen Tag mit der Waffe vor dem Haus auf Palästinenser wartete.
Künstler sollen sich um die Politik kümmern, gerade in Israel, sagt er. Er will, dass mehr Menschen gegen ihre Regierungen aufbegehren, auf die Bühne gehen und für Frieden beten und für Frieden kämpfen. Dass er eine solche Kraft in der arabischen Welt nicht sieht, macht ihn wütend. «Es sind Feiglinge», sagt er in seiner unverblümten Art.
Wer so scharf gegen den Hass auftritt und mit seiner Musik so viel Erfolg hat, bekommt den Hass selber zu spüren. Aviv Geffen erhält oft Morddrohungen, kann seine Haus nur mit Body Guards verlassen und trägt auf der Bühne oft eine schusssichere Weste.
Vielleicht kann man auch mit sanfterer Stimme für den Frieden singen. Aber in einer Welt, in der Krieg, Spaltung und Ausbeutung normal geworden sind, braucht es offenbar die Provokation, um wahrgenommen zu werden. Die Welt kann froh sein um Künstler wie Aviv Geffen.
von:
Über
Christoph Pfluger
Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".
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