Coiffure Obama

Aus der Serie «Natitingou – Aus dem Afrika-Tagebuch eines Toubab». Folge 1.

Ich sitze im Coiffeurstuhl. Etwas zu hoch. Meine doch ziemlich langen Beine erreichen den farbigen plastik-belegten Boden kaum. Obama – so nennen ihn alle, und er sich selbst auch (mit etwas Stolz) – macht mit der tondeuse (dt: Rasenmäher) meinen Bart weg, sorgfältig. Der Lehrling schaut zu, aufmerksam.

Toubabs (Weisse) sind im Salon «Obama – pas de coupures – 24h/24h» selten. Ich witzle und frage, wie er als Coiffeur etwas nicht abschneiden könne? Er präzisiert: Was bei ihm nie abgeschnitten werde, sei der Strom, und er startet eine Dankeshymne, die ich versuche mit einem anderen Witz zu stoppen.

Vor vier Jahren wurde bei Obama Photovoltaik installiert. Ich hab's finanziert. Und es funktioniert immer noch! Einmal gab es ein Problem, da kam ein «Elektriker», der nix von Solarstrom verstand, und hat acht 12-Volt-Glühbirnen verschmort, bis er merkte, dass es ein 24-Volt System ist. Trial and error, Versuch und Irrtum. Obama hat bezahlt, der Elektriker sich für immer aus dem Staub gemacht.

Bei Ausfall der städtischen Stromversorgung, häufig, ist Obama der einzige mit Elektrorasur und Licht. Das ist sein Geschäft. Es blüht. Und es gibt Neider. Was ihm nicht alles schon abhanden gekommen ist: Smartphone, Motorrad. Sein zweites Kind starb im Säuglingsalter. Ist das ein anderes Kapitel? Er macht weiter: «C'est la vie.»

Bei den letzten Bartstoppeln kommt mir in den Sinn: Der Lehrling könnte unterdessen Brot holen. Salzig oder süss, fragt Obama. Drei Stück salzig. Motorrad-Geheul – lange Stille – Motarrad-Bremsgequitsche. Und hier sind sie: Drei Brotleiber süss, 500 Francs das Stück, macht 1'500 Francs. Salzig haben wir gesagt. Motorrad an – weg – zurück, mit einem Riesenpacket. Für 1'500 Francs gibt's zwölf Baguettes (salzig). Am Brotstand wollten sie sich den Verkauf des Tages nicht vermiesen lassen: kein Geld zurück!

Ich habe zu viele Brote für mich allein. Er nehme schon eins, sagt Obama, und greift sich gleich drei. Das gäbe eine schöne Kaffeepause, danke! Mein Wächter, mit seinen rasch wechselnden Frauen und seinen zahllosen Kindern wird sich ebenso freuen.