Ich will auf Mallorca wandern gehen. Entlang des Fernwanderweges gibt es Herbergen, die man günstig buchen kann. Die Beschreibung erscheint mir auf den ersten Blick etwas kompliziert. Am besten frage ich die KI, denke ich, das macht doch jeder, es ist schliesslich so bequem. Tatsächlich spuckt sie mir innerhalb von Sekunden einen exakten Plan aus, welche Herberge offen ist, welche eher nicht und wo man Ersatz findet. Super! Fast wäre ich den Anweisungen gefolgt und hätte alles gleich gebucht und bezahlt. Doch ein Blick auf die offiziellen Webseiten zeigt mir gerade noch rechtzeitig: Beinahe jede einzelne Information – in diesem Fall von Grok – war schlicht falsch. Fast hätte mich die KI richtig Geld gekostet.
Aber es ist doch so verführerisch, auch im Job statt einer aufwändigen Recherche mit Anrufen und viel Lesen, Denken, Formulieren einfach mal die KI zu fragen. «Fasse mir bitte dieses Buch in sechs Sätzen zusammen!» «Erfinde einen Dialog zwischen einem Befürworter und einer Kritikerin dieses umstrittenen Themas!» «Nenne mir drei Kernzitate aus dem folgenden (chinesischen, arabischen, spanischen) Film.» Zack, zack, zack. Aber stimmt es auch?
Kürzlich suchte ich noch schnell eine positive Nachricht und fragte Chat GPT. Das lieferte mir einen tollen Hinweis: Ein alter Auschwitzüberlebender und ein junger Gaza-Flüchtling hätten zusammen einen Rap für den Frieden geschrieben, mit dem sie an die Öffentlichkeit gingen. Ich fragte nach der Quelle – aber es gab keine! Die KI hatte diese Nachricht einfach erfunden. Ich will ja gar nicht wissen, wie sie mich so analysieren konnte, dass sie «wusste», dass mich diese Zusammenstellung interessieren würde.
Die erfundenen, falschen, schlampig zusammengestellten Informationen der KI dämpfen die Freude daran, mühselige Aufgaben zu delegieren, gehörig. Da muss einem gar nicht so ein peinlicher Fehler passieren wie dem deutschen Nachrichtenmagazin Spiegel am 22. Oktober: Der Redakteur hatte vergessen, die Anmerkung der KI unter einem Beitrag zu löschen: «Wenn du magst, passe ich Ton und Detailtiefe (z. B. nüchterner Nachrichtenstil vs. magaziniger) oder markiere dir die konkreten Änderungen im Vergleich zum Original.»
Dieser ganze Mist ist nicht nur unzuverlässig, sondern auch extrem teuer. Wir bezahlen ihn nicht nur mit Geld. Sondern auch mit Energie und – was ich bisher noch nicht bedacht hatte – mit Wasser: Denn jede Anfrage nach einem Text, einem Bild oder einem Trost an die KI verbraucht nicht nur Wasser zur Kühlung der Kraftwerke, die den Strom liefern, sondern auch zur Kühlung der Server im Rechenzentrum selbst und verschmutzt darüber hinaus reinstes Trinkwasser für die Herstellung von Chips und Servern.
Das Rechenzentrum von Google in Henderson, Nevada in der Nähe des wasserarmen Las Vegas verbrauchte im Jahr 2024 über 7,5 Millionen Hektoliter Wasser. Forschungsergebnisse schätzen, dass bis 2027 allein der Wasserverbrauch für den weltweiten Bedarf an künstlicher Intelligenz das Sechsfache des gesamten jährlichen Wasserverbrauchs eines Landes wie Dänemark betragen könnte. (Zahlen aus diesem Artikel entnommen.)
Wer mit Hilfe der KI Texte schreibt, spart Zeit und Mühe – aber muss auch damit rechnen, dass das Ergebnis kaum noch von Menschen gelesen wird, sondern ebenfalls nur noch von Maschinen. Denn wenn bei einem Text kein kreativer Funke mehr überspringt, warum sollten wir dann selber lesen: Dafür gibt es doch auch die KI. Laut Untersuchungen sind menschliche Webseitenbesuche bereits über 50 Prozent zurückgegangen. Immer mehr Menschen lesen nur noch die Zusammenfassungen der KI. Auch Social Media Reaktionen wie Likes werden immer häufiger maschinell generiert.
Wenn aber nur noch Maschinen lesen, was auch nur noch von Maschinen geschrieben wird, dann ist das nicht mehr Intelligenz, ob künstlich oder natürlich. Sondern eine Art maschineller Selbstbefriedigung. Onanie im Digitalwald.
Und was tun wir Menschen dann, endlich frei, mit unserer gewonnenen Zeit? Weihnachtsfilme schauen? Online-Rätsel lösen? Sich von der KI Lebenshilfe und Liebeserklärungen geben lassen? Da gehe ich doch lieber wandern. Nach Mallorca zum Beispiel. Mit einem Faltplan aus Papier.
Kommentare
karte von morgen
Sehr gut, hab mich amüsiert, da ich selbst nicht im Sinn habe jemals KI zu nutzen, erinnert mich zu sehr an Matrix ;) wo ich mir immer gesagt hatte: Wird uns nie passieren, weil wir ggf. der Maschine einfach ihren Stecker ziehen. Naja, bin ich mir nicht mehr so sicher.
Item, es gibt auch nützliche Werkzeuge, von Menschen für Menschen, also im althergebrachten www. Die Karte von morgen z.b. ist so eine Seite, die ich immer wieder gerne bewerbe und hoffe, dass mehr menschgemachte Einträge dazukommen, diese genutzt und auch bewertet werden. Am besten einfach mal schauen, ob alle dir bekannten Alternativen in deiner Region schon eingetragen sind und sonst gleich damit anfangen. Ist recht einfach.
Das ganze ist natürlich kostenfrei und opensource:
https://www.kartevonmorgen.org/