«Die Landwirtschaft den natürlichen Gegebenheiten anpassen – nicht umgekehrt»
Seit 2015 bewirtschaften Markus Schwegler und Claudia Meierhans den «Katzhof» im Luzernischen Richenthal. Für sie ist das Thema Wasser nebst dem Boden das zentralste Element der Landwirtschaft, weshalb sie Gemüseanbau, Agroforst und Viehwirtschaft auf der Grundlage einer ganz speziellen Art von Wassermanagement weiterentwickeln.
Sie richten sich dabei nach den natürlichen Kreisläufen und der Topographie des Landes. Ergebnis sind ertragreichere Böden, die für Herausforderungen wie Dürren oder starke Regenfällen besser gewappnet sind.
Zeitpunkt: Was zeichnet das Wassermanagement auf dem Katzhof besonders aus?
Markus Schwegler: Wir sind dabei, auf der ganzen Betriebsfläche ein so genanntes Key Line System aufzubauen, mit dem zum Beispiel dem unkontrollierten Abfliessen von Wasser und damit auch der Bodenerosion vorgebeugt werden kann. Auch der Schutz vor Hochwasser ist dabei ein Thema. Mit unserer windigen Lage auf einem Hügel sind wir dem Wetter besonders ausgeliefert, im Sommer wird es sehr heiss, und die eher sandigen Böden trocknen schnell aus. Das Wasser beziehen wir aus einer eigenen Quelle, deshalb erleben wir sehr direkt mit, wie relevant die Verfügbarkeit von Wasser ist.
Die Herausforderung besteht darin, die Niederschläge so zu regulieren, dass sie vom Boden gleichmässig aufgenommen werden können. Dies schaffen wir einerseits durch Bewässerungsgräben, eine Art Furchen mit einem ganz leichten Höhengefälle. So fliesst das Wasser bei starkem Regenfall entlang dieser Bewässerungsgräben ab, jedoch so langsam, dass es vom Boden trotzdem aufgenommen werden kann. Das überschüssige Wasser wird in einem Speicherbecken aufgefangen – in das auch Regenwasser vom Dach fliesst – und kann später wieder zur Bewässerung eingesetzt werden.
Als zweites Element etablieren wir entlang dieser Key Lines ein Agroforstsystem, das den Wasserkreislauf zusätzlich stärkt. Die Baum- und Strauchkulturen leisten mit ihrer tiefen Durchwurzelung, der Beschattung und der Transpiration einen wichtigen Beitrag dazu. Als drittes Element legen wir permanente Grünstreifen zwischen den Gemüsebeeten an – da, wo normalerweise karge, brachliegende Wege sind. Das Luzerne-Kleegras mit seinen längeren Wurzeln hilft, die Böden stabiler zu machen und den Wasserhaushalt zu regulieren. So bauen wir eine widerstandsfähige Fläche auf, die zwar mehr Platz einnimmt, aber sehr effektiv ist. Die Beete und Grünstreifen folgen dabei den bogenförmig angelegten Linien, die nicht nur ihren Zweck in Bezug auf den Wasserhaushalt erfüllen, sondern auch schön aussehen. Wir gestalten also eine ästhetisch ansprechende Kulturlandschaft, die ökologisch wertvoll und gleichzeitig auch produktiv ist.
Was sind die Hauptunterschiede zum herkömmlichen Wassermanagement?
In der «modernen» Landwirtschaft der letzten Jahrzehnte wird das Land den Bedürfnissen nach möglichst viel Ertrag angepasst. In unserem System ist es umgekehrt: Die Art und Weise des Anbaus wird an die Beschaffenheit des Landes und an die Topographie angepasst, ebenso die Maschinen, die verwendet werden.
Dass immer mehr Landwirtschaftsgebiete, auch in der Schweiz, mit Problemen konfrontiert sind, hat viel damit zu tun, dass der Wasserhaushalt gestört worden ist – gerade durch die Mechanisierung und den Versuch, den Ertrag um jeden Preis zu steigern. Wenn wir die natürlichen Wasserkreisläufe wiederherstellen können, reguliert sich viel Anderes von selbst – davon bin ich je länger desto mehr überzeugt. Das Wasser ist zentral, und zwar nicht nur auf lokaler Ebene, sondern auch global.
Oft wird Produktion oder Produktivität der Ökologie gegenübergestellt, als ob es sich um zwei unvereinbare Aspekte handeln würde. Doch wenn man sich nach dem Wasser richtet, kann man beide Anliegen vereinen. Damit übernehmen wir als Landwirte auch die Verantwortung, in Bezug aufs Wasser praktisch autark zu werden. Wir können mit der Etablierung solcher Systeme die Wasserentnahme aus Seen und Flüssen stark reduzieren, und helfen auf der anderen Seite mit, das Problem der Überschwemmungen zu lösen. Mit dem Key Line System wird das Wasser, wie gesagt, auf der Fläche gleichmässig verteilt und langsam fliessen gelassen, um in den Boden einsickern zu können – so machen wir die Böden immer fähiger, grössere Mengen an Wasser aufnehmen zu können.
Was produzieren Sie auf dieser Grundlage bereits auf dem Katzhof?
9 unserer 15 Hektar sind bereits ins neue System eingebunden, das sich seit letztem Jahr im Aufbau befindet. Wir bauen eine Vielzahl von Gemüsesorten an, betreiben Ackerbau und haben Obst- und Kastanienbäume sowie einige Mutterkühe. Dabei bauen wir im Gemüsebau auf dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft auf, bei der unsere Abnehmer an der Ernte beteiligt werden und freiwillig auf dem Hof mithelfen, wenn sie möchten. Der Aufbau des Agroforstsystems wird unsere Lebensmittelvielfalt in Zukunft weiter erhöhen. Wir sind erst am Anfang des Umbaus, doch wir haben bereits im ersten Jahr gemerkt, dass sie ihre Wirkung hat: Wir konnten im Frühling viel früher in den Gemüsekulturen arbeiten als in anderen Jahren, weil die Böden entsprechend vorbereitet waren.
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