Ein Gefährt, das passt!
Ein Rollator ist nicht einfach ein Rollator. Und auch wenn unser Autor noch gut zu Fuss unterwegs ist, er hat sich umgeschaut und vor-informiert. Kolumne.
Kürzlich, beim Sonntagsfrühstück blätterte ich in einer lokalem Wochenzeitung des Emmentals und entdeckte ein Inserat, das meine Aufmerksamkeit auf sich zog: «Grosse Rollator-Ausstellung in Oberburg! Neuste Modelle diverser Hersteller. Gratis Probegehen.»
Begeistert zeigte ich das Inserat meiner Freundin Silvia. «Da müssen wir hin!» rief ich aus. «Sicher nicht», meinte Silvia. «Was willst du denn an einer Rollator-Ausstellung? Du bist ja noch nicht einmal Sechzig.» «Da hast du Recht», meinte ich, «aber man kann doch nicht einfach die Augen vor der Zukunft verschliessen. Wir sehen ja genau was kommen wird, und da ist es doch viel besser vorzusorgen, solange wir noch einigermassen geistig fit sind. Für mich ist die Vorstellung, dass mir im Altersheim bei zunehmender Demenz einfach irgendein Rollator-Modell vorgesetzt wird, widerlich. Ich will auf keinen Fall einen Rollator, der nicht zu mir passt!» Das sei wahrscheinlich auch wieder so ein Mann-Frau Unterschied, argumentierte ich.
«Du interessierst dich ja auch überhaupt nicht für unser Auto. Für dich ist das einfach ein Vehikel, das einem von A nach B bringen muss. Es würde dir überhaupt nichts ausmachen, mit der hässlichsten Karre herumzukurven. Für mich ist das natürlich ganz anders: Es gibt gewisse Automodelle, mit denen ich schlicht nicht herumfahren könnte», sagte Silvia. Ich erspare euch den weitern Verlauf unseres Dialogs. Nur soviel: Am Schluss war die Stimmung wieder einmal soweit im Keller, dass wir uns nur noch anschwiegen. Dann stand ich auf, setzte mich in meinen gelben Mercedes W470 (X-Klasse) und fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit an die Rollator-Ausstellung nach Oberburg.
Die Auswahl an Rollator-Modellen war überwältigend! Mir wurde immer mehr bewusst, dass ich auch im Altersheim gut aufgestellt sein möchte. Niemand kann mir garantieren, dass ich beim Eintritt ins Altersheim noch mit Silvia zusammen bin. Und wer denkt, dass Flirten, Erotik und Sex im Altersheim nicht mehr existent sind, der irrt sich gewaltig! Man lese nur mal das Buch «Sex and Crime im Altersheim» von Leonore Hartmann. Nach stundenlangem Begutachten und Probegehen, entschied ich mich für ein gelbes luftbereiftes Off-Road-Rollator-Modell der Firma Segler.
Zuhause angekommen, wollte ich Silvia den neu erworbenen Rollator zeigen. Doch sie wollte ihn nicht mal anschauen. Und ich frage mich: Ist es denn wirklich so schwer zu verstehen, dass man auch im Altersheim irgendwie hip sein möchte?
von:
Über
Anton Brüschweiler
Anton Brüschweiler ist Musiker, Veranstalter von Anlässen mit Geheimtipp-Potenzial in der Chäsi Gysenstein und Autor des Buches «Das AntWort – die Wahrheit des Absurden», eine Sammlung von lebensrettenden Weisheiten in einer verrückten Welt.
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