Bauernproteste als Ablenkungsmanöver

Die Proteste der Bauern sind weder regierungskritisch, noch dienen sie der Allgemeinheit. Deutsche Landwirtschaftsbetriebe haben lediglich eins im Visier: Sie wollen Flächensubventionen auf Kosten der Steuerzahler absichern, weil ihnen diese Zuschüsse Millionengewinne bescheren. Die Bevölkerung fällt darauf ein. Eine Replik auf den Beitrag von Nicolas Lindt von gestern.

Bauern-Demonstration in Berlin
Bauern-Demonstration in Berlin. Foto: Wikimedia

Gesperrte Autobahnen, blockierte Zufahrtsstrassen. Was Deutschland diese Woche erlebt, erinnert ein bisschen an die Klimakleber des Jahres 2023. Einzig nur: Jetzt demonstrieren Bauern, und anders als den Klimaschützern droht ihnen weder Haft, noch die Ablehnung der Bevölkerung.

Offiziell geht es um Agrardieselsubventionen, die von der Ampel gekappt, dann wieder zugesichert, anschliessend doch gekürzt werden sollen. Vielleicht aber auch nicht. Für die Auguren der alternativen Medien geht es um den Widerstand gegen die Ampel, um den Beginn vom Ende der Ampelkoalition in Berlin. Mitunter sehen einige sogar Parallelen zu den Bauernaufständen vergangener Jahrhunderte.

Der Deutsche Landwirt als Speerspitze der Demokratie. Der Bauer als Wahrer unserer aller Rechte, verständlicherweise zunächst für sich kämpfend. Aber irgendwie für uns alle zugleich.

In Wirklichkeit haben Deutschlands Bauern keinen Grund zum Unmut. Denn jene Flächen, die sie beackern, gehören ihnen schon lange nicht mehr. Gewiss, gerade im Westen der Republik betreiben Landwirte Höfe kleineren Ausmasses für sich. Doch selbst wer lediglich 10 bis 20 Hektar Land besitzt, erhält - je nach Bewirtschaftung - Flächenprämien von der EU oder vom Bund. So kann man, stark vereinfacht sagen, dass ein Hektar rund 1000 EUR an Zuschüssen generiert. Bedingungsloses Grundeinkommen gewissermassen.

Insgesamt bekamen deutsche Bauern 2022 rund 2,4 Milliarden Euro Subventionen von den deutschen Steuerzahlern, errechnete der IW. Doch auch aus Brüssel werden die Landwirte üppig bezuschusst, wie die Auswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Im EU-Haushaltsjahr 2022 erhielten knapp 270.000 Landwirtschaftsbetriebe in Deutschland rund 6,9 Milliarden Euro. Am meisten bekamen die Bauern im Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern mit knapp über 112 Millionen Euro. Die Berechnungen basieren auf Daten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Viel Geld für Mecklenburg-Vorpommern

Auch die Landwirte an der Mecklenburgischen Seenplatte beziehen viel Geld aus Brüssel, mit 104 Millionen Euro belegen sie den zweiten Platz im Ranking. Die Landkreise Vorpommern-Greifwald und Rostock folgen mit jeweils rund 85 Millionen Euro auf den Plätzen drei und vier. Besonders wenig Geld streichen hingegen städtisch geprägte Regionen ein. Die Bauern in Offenbach am Main bekommen mit gerade einmal 58.000 Euro am wenigsten. Ebenfalls wenig Geld geht an Landwirte in Bremerhaven mit 124.000 Euro und Herne mit 138.000 Euro. 

Im Vergleich zum Vorjahr sind die Subventionen der EU für Deutschland um rund 200 Millionen Euro gestiegen. 

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt. Wer heute per Trecker gegen die Ungerechtigkeit demonstriert, ist womöglich lediglich Angestellter eines Mega-Agrarbetriebs. Allein in Ostdeutschland besitzen die Platzhirsche unter den Agrounternehmen Flächen von 15.000 bis 40.000 Hektar. Was, wir erinnern uns, Subventionen von 15 bis 40 Millionen pro Jahr generiert.

Solche Daten sind weder geheim noch neu. Über Destatis können auch Laien die Landwirtschaftszählung 2020 einsehen, die dort präsentierten Zahlen belegen: Deutschlands landwirtschaftlichen Betrieben geht es gut. 

Den angestellten Bauern freilich geht es eher so wie dem Rest der Bevölkerung: Sie malochen zum Mindestlohn oder, wenn sie saisonal bedingt aus Rumänien oder Ungarn eingeflogen werden, sogar darunter. Was legal ist, sofern der Betrieb über Subunternehmen aus dem Ausland agiert.

Die Strippenzieher - und Eigner der agronomischen Megabetriebe - haben mit Landwirtschaft mitunter wenig am Hut. So berichtete der Tagesspiegel bereits 2013 über das unheilvolle Phänomen:

Kaum bemerkt von den Verbrauchern erfährt die ostdeutsche Landwirtschaft einen radikalen Wandel. Grossunternehmen und Kapitalanleger übernehmen eine immer grössere Zahl von Landwirtschaftsbetrieben samt den zugehörigen Ländereien. Und von der Ostsee bis nach Thüringen klagen Landwirte über steigende Bodenpreise und unlauteren Wettbewerb.

Drei Jahre später das gleiche Bild, erneut im Tagesspiegel, erneut folgenlos:

So auch die Aldi-Erben. Ihre Lukas-Stiftung hat kürzlich dem Ex-Präsidenten des Thüringer Bauernverbands, Klaus Kliem, über die Stiftungseigene Firma Boscor einen Grossbetrieb in der Nähe von Leipzig abgekauft. Eine der reichsten Familien werde jetzt «mit Steuergeldern vollgepumpt», ärgert sich Marco Hintze, Präsident des Bauernbunds. Bei Boscor heißt es, das Engagement der Lukas-Stiftung in landwirtschaftliche Betriebe seien «private Angelegenheiten».

In diesem Licht erscheinen die aktuellen Bauerndemos mehr als ungerechtfertigt. Die Frage ist aber nur: Wem nutzen sie am meisten?

Mitunter der Ampelkoalition, was zunächst paradox erscheinen mag. Trotzdem gilt: An Änderungen der bestehenden Subventionspraxis, an der Einstellung der Gelddruckmaschine Landwirtschaft auf Kosten der Steuerzahler, hat niemand Interesse. Die Big Player der Agrobranche wissen, dass weder ein Systemwechsel, noch ein Austritt aus der EU auf der bäuerlichen Agenda stehen darf. Oder jemals wird. 

Im Gegenteil. Durch Fokussierung auf die bestens organisierten Bauernproteste schwindet der medial Blick von einem anderen, echten Brandherd im Osten der Republik: Die immer stärker werdende Protestbewegung gegen die Bundesregierung.

So berichtete am Montag dieser Woche so gut wie niemand in den  Hauptmedien über den in Dresden laufenden «Tag des Widerstands». Und wenn doch, dann eher nach den bekannten Stereotypen. Bauern gut. Klimakleber schlecht. Ossis gegen die Regierung am schlechtesten - und ohnehin alles Nazis.  

 

Daten und Datenbanken:

Agrarsubventionen 2020 | Übersichtskarte + Liste | proplanta.de

Gewinn von landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben in Deutschland bis 2021/22 | Statista

Zahlungen aus den EU-Fonds für Landwirtschaft und Fischerei - Suche EU-Agrarfonds (agrar-fischerei-zahlungen.de)


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Kommentare

Ein Beispiel einer Manipulation

von al dorper
Der Artikel von Vlad GEORGESCU trägt typische Merkmale einer Berichterstatung von Links-Grün, und Unternehmen, die mit Umwelt- und Tierschutz-Themen Geld verdienen. Damit ihr Geschäft gedeiht, sind sie gezwungen, immer wieder Skandale zu erfinden. An der Realität haben sie kein Interesse. Landwirtschaft als Feindbild. Durch lange Erfahrung sind sie geübt, alles in der Landwirtschaft ins negative zu verwandeln. Für ihre Kampagnen steht ihnen viel Geld zur verfügung. Durch ihre Dominanz in den Medien, und das fehlende landwirtschaftliche Wissen der durchschnittlichen Bevölkerung, schaffen sie es, die Bevölkerung weitgehend zu manipulieren. Ein Beispiel: Über Jahre trichterten sie den Leuten ein, dass Soja nur als Futter für Nutztiere angebaut wird. Tatsächlich wird aus Soja zuerst Öl gewonnen. Das fast ausschliesslich der menschlichen Ernährung dient.    

Bauern Subventionen

von Patrick Jetzer
Von Subventionen bei den Bauern zu sprechen, gleicht in etwa wenn man bei den Prämienverbilligungen der Krankenkasse (durch Steuergelder) von Subventionen spricht. Sozialschmarotzer sind das! Liegen der Allgemeinheit auf der Tasche! Bei dieser Sicht wird völlig ausgeblendet, dass erst das staatliche Krankenkassen-Obligatorium diese Situation hervorruft, dass insbesondere Familien und damit die Leistungsträger der Gesellschaft in diese Abhängigkeit der Verbilligungen treibt. Oberflächlich kann man sie dann in die Position der "dankbaren Empfänger" schieben und nicht wenige von ihnen werden sich mutmasslich sogar selber so empfinden. Nur ist es der Staat mit seinen zahllosen Zwängen und Kassen, der Unselbständigkeiten und Abhängigkeiten erzeugt. Es ist wahrlich immer richtig, dagegen zu protestieren, ob die Bauern in Deutschland alles durchschauen oder nicht, tut dabei nichts zur Sache. Ein jeder, nur rudimentär Informierte, weiss, dass die Lebensmittelerzeugung artifiziert und Grosskonzernen zugehalten werden soll. Da darf gerne auch der "Pestizid-Bauer" dagegen demonstrieren, denn die Chance, dass er dazu lernt, ist unendlich grösser, als dass die Konzern-Landwirtschaft davon absieht.