Die asozialen Medien machen süchtig – betroffen sind vor allem Kinder
Teenager sind über 3000 Stunden pro Jahr online. Big Tech und Medienkonzerne investieren Millionen, um Kinder und Jugendliche in den Sog der sozialen Medien zu ziehen – mit drastischen Folgen für die psychische Gesundheit.
Kinder verbringen im Schnitt etwa neun Stunden am Tag mit digitalen Medien. Auf das Jahr hochgerechnet sind das über 3000 Stunden.
Teenager ohne Handy werden ausgegrenzt, gehänselt oder gemobbt. Dabei ist es an den Eltern, den Medienkonsum ihrer Sprösslinge zu kontrollieren. Medienerziehung sollte zu einem Pflichtfach für Kinder und Eltern werden. Leicht ist nachzuvollziehen, dass in Familien, in denen beide Eltern ganztags arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen, die Zeit fehlt, um ständig zu überwachen, wie lange die Kinder im Internet surfen und auf welchen Websites sie unterwegs sind.
The Defender berichtete nun darüber, dass interne Studien von Facebook ergeben hätten, dass die Facebook-Produkte besonders bei weiblichen Teenagern vermehrt zu Angstzuständen und Depressionen führten. Bei solchen schwerwiegenden Folgen kann von der sozialen Komponente sozialer Medien wohl kaum die Rede sein.
Ausserdem führe eine starke Nutzung zu Schlafstörungen, Selbstmordgedanken und Körperdysmorphie, dem zwanghaften Selbstbetrachten in Spiegeln oder spiegelnden Oberflächen. Kinder werden hierdurch also dazu animiert, mehr Wert auf ihr Äusseres zu legen, um cool rüberzukommen und nicht ausgestossen zu werden.
Vor allem Eltern und Lehrer sollten den Kindern frühzeitig vermitteln, dass die von Gates, Schwab & Co. angepriesene Technologiewelle keineswegs zu einem ausbalancierten, erfüllten Leben führt. Jede Stunde, die Kinder nicht vor dem Display verbringen, könnten sie etwa damit füllen, ein Musikinstrument zu erlernen, zu lesen, Fahrrad zu fahren oder sich einfach auszuruhen. Wenn wir dem nicht Einhalt gebieten, driften Kinder und Teenager, die abhängig von sozialen Medien sind, ins Metaverse ab. Sind sie einmal dort unterwegs, wird es noch schwieriger sein, sie zu erreichen.
Nach den Ergebnissen einer Studie der Universität Chicago ist das Verlangen nach Social Networks grösser als das nach Nikotin oder Alkohol. Wie die Online-Zeitschrift Brain-Effect berichtet, würden die dort untersuchten 205 Probanden für das Login in soziale Medienplattformen viele Dinge des Alltags vernachlässigen. Nur das Bedürfnis nach Schlaf und Sex war nach Angaben der Forscher noch grösser.
Die Online-Sucht sei zwar eine psychische Abhängigkeit, keine körperliche wie bei Drogen, doch das Gehirn werde auf eine ganz ähnliche Weise verändert. Vor allem in den Gehirnteilen, die emotionale Verarbeitung, Aufmerksamkeitsspanne und Entscheidungsfindung kontrollieren, reduziere sich eindeutig der Anteil an weisser Substanz. Und genauso wie bei Drogen müsse auch bei der Social-Media-Nutzung die Dosis immer gesteigert werden, um den gleichen Belohnungseffekt zu erzielen.
Eine Umfrage des Institute for Family Studies (IFS) und des Wheatley Institute hat ergeben, dass Eltern Kindern helfen können, wenn sie sich mit Gleichgesinnten zusammenschliessen, und zwar mit solchen Familien, die ihren Kindern Grenzen setzen. Die Autoren der Studieraten den Eltern auch, Kontakte zu örtlichen Schulen, Sportvereinen und Kirchengemeinden zu knüpfen, um technikaffine und familienfreundliche Gemeinschaften zu schaffen.
Einen weiteren hilfreichen Ansatz bietet die Initiative «Gutes Aufwachsen mit Medien», deren Projekte die sichere und kreative Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen ermöglichen. Ausserdem unterstützen sie Eltern und pädagogische Fachkräfte dabei, den altersgerechten Medienumgang zu fördern.
Ich betrachte es als einen Trugschluss, dass Technologie und Digitalisierung den Menschen vor allem Vorteile bescheren. Ist der sogenannte moderne Mensch glücklicher als jener, der vor 100 Jahren noch einen stärkeren Bezug zur Natur und seinen Mitmenschen pflegte? Ich bezweifle das sehr. Wir sollten uns nicht anmassen, darüber zu bestimmen, was für das Leben eines modernen Kindes oder Teenagers gut ist.
Jungen Menschen zuzugestehen, dass sich das Gros ihres Lebens in den sozialen Medien abspielt, kann es nicht sein. Vielmehr sollten wir ihnen wieder aufzeigen, dass es eine Welt vor dem Internet gab, die sicherlich um einiges sozialer war. Nehmen wir Kinder und Teenager wieder öfter an die Hand und seien wir ihnen ein Vorbild – eines, das die Zeit vor dem immer stärker um sich greifenden Technologiewahn kannte.
Lena Kuder ist Redaktorin bei Transition-News
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