Die essbare englische Stadt Todmorden
Die Sprache, die uns alle vereint.
Gibt es eine «Sprache», die uns alle verbindet, unabhängig von Alter, Einkommen und Kultur? Das fragte sich 2008 eine Gruppe von Freunden rund um einen Küchentisch in der englischen Kleinstadt Todmorden. Die Antwort, die sie gefunden haben: Essen verbindet uns alle. So gründeten sie die «Incredible Edible»-Bewegung, eine Bewegung für eine essbare Stadt, und zwar «ohne vorher einen ausführlichen Bericht zu verfassen, ohne Strategiepapiere und ohne um Erlaubnis zu fragen», betont Pam Warhurst, eine der Initiantinnen.
Bei der ersten öffentliche Ansprache sei das Publikum in Begeisterungsstürme ausgebrochen und es zeigte sich: Was wir essen, woher es kommt und wie es produziert wird, berührt tatsächlich jeden. So ist die Voraussetzung zur Mitgliedschaft bei «Incredible Edible» auch denkbar einfach: «When you eat, you‘re in» – Wer isst, ist dabei.
Die Initiative startete mit einer einfachen Saatgut-Tauschbörse und bald folgte die erste öffentliche Bepflanzung in der Nähe des Bahnhofs. Heute pflanzt «Incredible Edible» Gemüse, Obst und Kräuter in Vorgärten, auf dem Platz vor dem Gesundheitszentrum und der Polizeistation, entlang der Gehwege, in Schulhöfen und sogar auf dem örtlichen Friedhof! «Die Erde dort ist extrem gut geeignet für Gemüseanbau», erzählte Warhurst in ihrem Ted Talk in London 2012. Die Aktionen von «Incredible Edible» nennt sie «Propaganda-Gärtnern». Propaganda für bewussteren Konsum, gesünderes Essen und mehr Gemeinschaft.
Sie würden das alles aber nicht tun, weil ihnen langweilig sei, sondern, weil sie eine Revolution starten wollen: «Heutzutage erkennen die meisten Leute ein Gemüse ja nur noch, wenn es in Plastik verpackt und mit einer aufgeklebten Kochanleitung daherkommt.» Die Aktivisten setzen deshalb auch schon bei den Jüngsten an und gärtnern mit Schulklassen: Im Hinterhof einer Schule wächst ein Obsthain mit Bienenhaltung und in einem Gewächshaus wird Gemüsezucht mit Fischhaltung kombiniert. Auch die örtliche Highschool führt neuerdings Landwirtschaft im Lehrplan.
Gegenüber dem städtischen Freiwilligen-Engagement blieben die Bauern aus der Region zunächst skeptisch – also startete «Incredible Edible» eine Kampagne, um sie zu überzeugen: Ein Produkt aus der Region sollte als Pionierprojekt an die Bevölkerung gebracht werden, so dass diese schliesslich Lokalerzeugnisse bevorzugt. Es entstand die Kampagne «Every Egg Matters», jedes Ei zählt. Ihr Ziel: Regionale Selbstversorgung mit Eiern. Auf einer öffentlichen Karte zeichneten sie alle Eierproduzenten der Region ein und mit vielfältigen Aktionen wie Gratis-Omeletten und Eierfärben animierte Incredible Edible über ihr Netzwerk die Bevölkerung von Todmorden zum Konsum von lokal produzierten Eiern. Einige begannen mit der Unterstützung von «Incredible Edible» sogar selber Hühner zu halten, um die Nachbarn mit Eiern zu beliefern. Die Kampagne war sehr erfolgreich und mittlerweile verspeist die Bevölkerung von Todmorden auch Milchprodukte und Fleisch bevorzugt aus der Region. Das stärkt die Lokalwirtschaft: Bei einer Umfrage von Studenten gaben 94 Prozent der lokalen Lebensmittelhändler an, ihr Umsatz habe sich dank dem Engagement von «Incredible Edible» erhöht. Städtische Selbstversorgung nützt also auch den Bauern.
Todmorden und seine 15‘000 Einwohner sind mit «Incredible Edible» berühmt geworden: Aus der ganzen Welt reisen «Gemüse-Touristen» an, um die öffentlichen Beete der Kleinstadt zu bestaunen. «Sogar dann, wenn noch gar nicht viel darin wächst», schmunzelt Warhurst. Mehr als 30 Städte in England und Gemeinden u.a. in den USA, Japan und Neuseeland haben die Idee aufgegriffen und begonnen, ihre eigene essbare Stadt zu gestalten.
In Todmorden zogen die Lokalbehörden nach und unterstützen mittlerweile Incredible Edible bei der Umsetzung ihrer Forderungen: Keine ungeniessbaren Pflanzen mehr rund um öffentliche Gebäude zu kultivieren, den Lebensmittelanbau mitten in die Stadt zu zügeln, anstatt an den Rand drängen und Essen und Landwirtschaft als zentrale Themen in den Schulunterricht einzubetten.
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Mehr Informationen (auf Englisch): www.incredible-edible-todmorden.co.uk
Bei der ersten öffentliche Ansprache sei das Publikum in Begeisterungsstürme ausgebrochen und es zeigte sich: Was wir essen, woher es kommt und wie es produziert wird, berührt tatsächlich jeden. So ist die Voraussetzung zur Mitgliedschaft bei «Incredible Edible» auch denkbar einfach: «When you eat, you‘re in» – Wer isst, ist dabei.
Die Initiative startete mit einer einfachen Saatgut-Tauschbörse und bald folgte die erste öffentliche Bepflanzung in der Nähe des Bahnhofs. Heute pflanzt «Incredible Edible» Gemüse, Obst und Kräuter in Vorgärten, auf dem Platz vor dem Gesundheitszentrum und der Polizeistation, entlang der Gehwege, in Schulhöfen und sogar auf dem örtlichen Friedhof! «Die Erde dort ist extrem gut geeignet für Gemüseanbau», erzählte Warhurst in ihrem Ted Talk in London 2012. Die Aktionen von «Incredible Edible» nennt sie «Propaganda-Gärtnern». Propaganda für bewussteren Konsum, gesünderes Essen und mehr Gemeinschaft.
Sie würden das alles aber nicht tun, weil ihnen langweilig sei, sondern, weil sie eine Revolution starten wollen: «Heutzutage erkennen die meisten Leute ein Gemüse ja nur noch, wenn es in Plastik verpackt und mit einer aufgeklebten Kochanleitung daherkommt.» Die Aktivisten setzen deshalb auch schon bei den Jüngsten an und gärtnern mit Schulklassen: Im Hinterhof einer Schule wächst ein Obsthain mit Bienenhaltung und in einem Gewächshaus wird Gemüsezucht mit Fischhaltung kombiniert. Auch die örtliche Highschool führt neuerdings Landwirtschaft im Lehrplan.
Gegenüber dem städtischen Freiwilligen-Engagement blieben die Bauern aus der Region zunächst skeptisch – also startete «Incredible Edible» eine Kampagne, um sie zu überzeugen: Ein Produkt aus der Region sollte als Pionierprojekt an die Bevölkerung gebracht werden, so dass diese schliesslich Lokalerzeugnisse bevorzugt. Es entstand die Kampagne «Every Egg Matters», jedes Ei zählt. Ihr Ziel: Regionale Selbstversorgung mit Eiern. Auf einer öffentlichen Karte zeichneten sie alle Eierproduzenten der Region ein und mit vielfältigen Aktionen wie Gratis-Omeletten und Eierfärben animierte Incredible Edible über ihr Netzwerk die Bevölkerung von Todmorden zum Konsum von lokal produzierten Eiern. Einige begannen mit der Unterstützung von «Incredible Edible» sogar selber Hühner zu halten, um die Nachbarn mit Eiern zu beliefern. Die Kampagne war sehr erfolgreich und mittlerweile verspeist die Bevölkerung von Todmorden auch Milchprodukte und Fleisch bevorzugt aus der Region. Das stärkt die Lokalwirtschaft: Bei einer Umfrage von Studenten gaben 94 Prozent der lokalen Lebensmittelhändler an, ihr Umsatz habe sich dank dem Engagement von «Incredible Edible» erhöht. Städtische Selbstversorgung nützt also auch den Bauern.
Todmorden und seine 15‘000 Einwohner sind mit «Incredible Edible» berühmt geworden: Aus der ganzen Welt reisen «Gemüse-Touristen» an, um die öffentlichen Beete der Kleinstadt zu bestaunen. «Sogar dann, wenn noch gar nicht viel darin wächst», schmunzelt Warhurst. Mehr als 30 Städte in England und Gemeinden u.a. in den USA, Japan und Neuseeland haben die Idee aufgegriffen und begonnen, ihre eigene essbare Stadt zu gestalten.
In Todmorden zogen die Lokalbehörden nach und unterstützen mittlerweile Incredible Edible bei der Umsetzung ihrer Forderungen: Keine ungeniessbaren Pflanzen mehr rund um öffentliche Gebäude zu kultivieren, den Lebensmittelanbau mitten in die Stadt zu zügeln, anstatt an den Rand drängen und Essen und Landwirtschaft als zentrale Themen in den Schulunterricht einzubetten.
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Mehr Informationen (auf Englisch): www.incredible-edible-todmorden.co.uk
01. Mai 2015
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