Diskriminierende Auflagen für Seniorentreffen
Die Einwohnergemeinde Kehrsatz BE lud zum jährlichen «Begrüssungsapéro für Neupensionierte» ins Ökumenische Zentrum ein. Mit der Teilnahme ohne Zertifikat hat Roland Anderau ein Tabu gebrochen.
Mit seiner Teilnahme am Apéro für Pensionierte setzte Roland Anderau in seiner Wohngemeinde «Chäsitz» ein Zeichen: «Spontan habe ich mich entschieden, im «Öki» vorbeizuschauen», erzählt er. Der Wunsch, mit langjährigen Freunden und Bekannten ein wenig zu plaudern, bewog ihn dazu, an der Veranstaltung teilzunehmen.
Die Einladung wies zwar auf eine Zertifikatspflicht hin, doch Diskriminierungen jeglicher Art passen nicht in Roland Anderaus Weltbild. «Ich bin ein ganz normaler Bürger, lebe seit vielen Jahren in dieser Gemeinde, zahle meine Steuern und belaste die Krankenkasse nicht. Wieso also soll ich an diesem Anlass nicht teilnehmen dürfen?»
Bereits vor dem Zentrumseingang zeichnete sich das «Neue Normal» ab; eine lange Warteschlange hatte sich gebildet. «Gehorsam haben die Pensionierten ihre Zertifikate und Identitätskarten gezückt.» Als er selbst an der Reihe war, wollte er sich mit: «Ich bin zertifikatsfrei und gesund» ins Gebäude schleusen. Die Gemeindepräsidentin stellte sich ihm in den Weg und forderte ihn zum Weggehen auf. Roland Anderau liess sich nicht entmutigen und gesellte sich zu den anderen Gästen.
Der spannende Austausch zwischen Roland Anderau und der Pfarrerin über die unterschiedlichen Wahrnehmungen der aktuellen Lage wurde jäh unterbrochen: «Plötzlich stand die Polizei in Vollmontur neben mir!» Er wurde hinausbegleitet und – nachdem man seine Personalien festgehalten hatte – aufgefordert, das «Öki» zu verlassen.
Mit dem Rauswurf an sich könne er gut leben, meint er. Viel mehr mache ihm die Erkenntnis zu schaffen, dass das Leben für viele Menschen einfach normal weitergehe: Ein bisschen Smalltalk hier, ein Häppchen essen dort. Dabei gehe es im Moment um unsere Freiheit, wie er betont.
Für Roland Anderau sind auch diese kleinen Protestaktionen ein wichtiger Bestandteil der Bewegung. «Leider dienen bewilligte Demos oftmals der Volksbelustigung», meint er und erklärt: «Widerstand muss auch ein bisschen wehtun.» Es brauche Mut dazu, ja. «Jeder soll so weit gehen, wie er es verkraften kann.»
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