Ein Eisblock als Kühlschrank
Lilo Fässler erinnert sich gut an die Zeit, in der die Menschen mit wenig zurechtkommen mussten. In einem Brief an ihre Enkel hat sie ihre Kindheitserinnerungen zusammengefasst. Im Rahmen unserer Serie «Was denkst du über die Krise – wie bereitest du dich vor?» gewährt sie auch uns einen Einblick.
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, in der nur in der Küche und in zwei Zimmern ein Ofen vorhanden war und mit Holz und Kohle geheizt wurde. Die Zimmer waren trotzdem so kalt, dass sich Eisblumen an den Fenstern bildeten. Die Wärme, die die Öfen abstrahlten, reichte nicht bis zum nächsten Morgen. Also nahmen wir die Kleider mit ins Bett und zogen uns unter der Decke an.
Damals hatten wir noch keinen Kühlschrank im Haus. Ab und zu kauften wir einen Eisblock, legten diesen in ein Becken und packten die Dinge darauf, die ansonsten schnell verdorben wären. Ein Glück war, dass wir zu einem grossen Teil Selbstversorger waren. Wir hatten einen riesigen Garten mit saisonalem Gemüse und Früchte sowie Kartoffeln. Auch ein Stall voller Kaninchen – doch die gab es nur ein- bis zweimal pro Jahr. Milch und Eier kauften wir bei den Nachbarn. Wenn eine Sau geschlachtet wurde, kauften wir dem Besitzer eins bis zwei Stücke davon ab. Auch das Tauschen mit anderen Selbstversorgern war normal. Ein- oder zweimal die Woche kam der Bäcker mit dem Fahrrad vorbei und lieferte uns das bestellte Brot. Auch in den Lebensmittelläden wurde man anders bedient als heute. Der Kunde musste seine Ware bei der Verkäuferin hinter der Theke erfragen. Nicht immer war alles an Lager und man musste ein paar Tage auf die Ware warten.
Ein Waschtag war damals etwas Besonderes und mit viel Arbeit verbunden. Allerdings wuschen die Menschen längst nicht so häufig wie heute. In grossen Trögen wurde die Wäsche über Nacht eingeweicht. Bereits um vier Uhr morgens ging es mit Waschen los. Ein grosser Kessel wurde mit Holz eingeheizt. Doch bevor die Wäsche in die heisse Seifenlauge kam, wurde jedes einzelne Stück auf dem Waschbrett geschrubbt. Anschliessend wurde die Wäsche mit einem Holzlöffel gestampft. Nach der Kochwäsche wurde die helle und dann die dunkle Buntwäsche in derselben, noch lauwarmen Lauge gewaschen. Als Waschmittel verwendete man vor allem Kern- oder Schmierseife. Nachdem die Wäsche gekocht war, wurden die einzelnen Teile mit einer grossen Holzkehle aus der Brühe gezogen und ins erste Spülwasser gegeben. Dieser Vorgang wiederholte sich so lange, bis die Wäsche sauber und frei von Seife war. Anschliessend wurde die Wäsche geschleudert und im Freien getrocknet.
Erst im Jahr 1968 hatte ich zum ersten Mal eine Wohnung mit Zentralheizung. Es war wie ein Wunder für mich; auch der Luxus eines Badezimmers mit Wanne und fliessend warmem Wasser. Noch heute freue ich mich darüber und bin glücklich, dass ich im Winter nicht frieren muss. Auch jetzt verbrauche ich nur so viel Warmwasser, wie absolut nötig ist. Zudem starte ich die Waschmaschine erst dann, wenn die Trommel ganz gefüllt ist. Dasselbe gilt für den Geschirrspüler. Bereits am Morgen koche ich mein Essen - jeweils in einem grossen Topf, der gleich für die ganze Familie reicht. So lasse ich beispielsweise die Bünder Gerstensuppe oder das Chili con Carne in seiner Eigenhitze weiterschmoren. Vor einer möglichen Krise habe ich keine Angst; auch diese werden wir überleben. Mit dem Verzicht auf Annehmlichkeiten kann ich gut leben; ich bin es mir schliesslich gewohnt.
Wie beurteilen Sie die Lage? und vor allem: Wie bereiten Sie sich auf die Krise vor? Wofür würden Sie bei Ihrem Nachbarn klingeln? Am liebsten ist uns eine schriftliche Antwort per E-Mail an: [email protected], dann hat die fleissige Redaktion am wenigsten Arbeit.
Es darf auch ganz kurz sein!
Sie können uns auch eine Nachricht mit Ihrer Telefonnummer und ein paar Stichworten schicken. Wir nehmen dann Kontakt mit Ihnen auf und schreiben aus dem Gesprächsprotokoll einen Artikel.
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