Eine Portion Grillfleisch zu achtzig Rappen
Aus der Serie «Natitingou – Aus dem Afrika-Tagebuch eines Toubab». Folge 2.
Ich muss noch in die Stadt, ein Treffen: Projekt-Angelegenheiten. Auf dem Rückweg ein kleiner Hunger. Ich fahre an einem rauchenden Stand vorbei. Der Duft löst eine Schnellbremsung aus. Frisch gegrillte Schafschenkel, halbe und ganze Perlhühner. «C'est combien?» Das halbe 1'400 Francs, das ganze Huhn 3'500 Francs. Welche Logik?
Ich erinnere mich an eine Geschichte, die im Maghreb gerne erzählt wird. Auf dem Souk (Markt) will der Toubab (der Weisse) einen Teppich kaufen. Er weiss, dass er feilschen muss. Schliesslich findet er den Preis günstig und denkt: Warum kaufe ich nicht zwei? Der Händler verlangt nun weit über das Doppelte. Perplex frägt der Weisse nach dem Warum. Wenn der geschätzte Kunde sogar zwei Teppiche kaufen könne, so sei er wohl etwas begütert, und könne somit die zu Hause hungernden Kinder retten. Shukran, Alhamdulillah.
In der rauchenden Grillbude entscheide ich mich für ein in Zementsackpapier vorverpacktes Gemisch von Schafleber, -fleisch, und -eingeweiden. Es duftet herrlich. Pavlovscher Reflex voll aktiv. Schnell die 500 Francs hingeblättert und ab in meine Hütte. Kartoffeln und Tomaten in die Pfanne, das Fleisch dazu, und bald sitze ich im Mondschein auf der Terrasse und geniesse den lauen Januar-Abend.
Genau die bekömmliche Portion Fleisch, nicht zu scharf, nachdem ich sorgfältig alle Piment-Stücke beiseite geschoben habe. Tagvögel verstummen, die Nachtvögel heulen leise. Ein Geraschel – Maus, Waldratte, Gecko? – und wieder die unendliche Stille des Sahel, mit einem Glas Bio-Rotwein vom Supermarché. Aber davon das nächste Mal.
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