«Es mag paradox klingen, aber Corona hat mir nicht geschadet»
Roman Schnyder ist Human Design Analytiker, Persönlichkeits- und Veränderungscoach. In unserer Serie «Was ist aus uns geworden?» schildert er, wie sich sein Leben aufgrund der Coronakrise verändert hat. Der Grundsatz, sich selbst treu zu bleiben und nach seinem gesunden Menschenverstand zu handeln, hat ihn durch die Zeit geführt.
Zeitpunkt: Wie hat sich Ihr Arbeitsumfeld seit der Coronakrise verändert?
Roman Schnyder: Es mag paradox klingen, aber Corona hat mir definitiv nicht geschadet – im Gegenteil! Als Persönlichkeits- und Veränderungscoach ist es für mich ein Privileg, Menschen zu begleiten, die mit ihrem Leben oder ihrer Beziehung unzufrieden sind.
Seit Corona und den aktuellen Ereignissen nimmt die Verunsicherung ständig zu. Deshalb sind immer mehr Menschen auf der Suche nach Sinnhaftigkeit und Nachhaltigkeit. Dafür möchten sie neue, und teils auch alternative Wege gehen. So kommen Menschen, Teams oder sogar ganze Firmen zu mir.
Zudem arbeite ich heute nicht mehr ausschliesslich «Offline», sondern immer wieder auch «Online». So entfallen längere Wege, was meiner Meinung nach ökologisch und ökonomisch Sinn macht.
Wie geht es Ihnen heute?
Mir geht es definitiv besser. Auch wenn ich zwischendurch ein zirka zweimonatiges Tief durchlebte – geplagt von Ängsten bezüglich Gesundheit, Existenz und Beziehungsverlusten - so komme ich doch gestärkt aus diesen zwei Jahren hervor.
Ich habe das Gefühl, dass ich unterdessen authentischer und zielgerichteter durchs Leben gehe. Für wichtige Dinge im Leben wende ich heute lieber mehr Zeit auf. Dafür müssen sich unwichtige Sachen und Termine weit hintenanstellen.
Wie hat sich Ihr soziales Umfeld verändert?
Es haben sich ganz neue Freundes- und Bekanntenkreise entwickelt, die ohne Corona so nie zustande gekommen wären. Es gibt also auch in solchen Krisenzeiten sehr viel Positives, das passiert, wenn man offen dafür ist und es auch zulässt.
Zudem hat sich in dieser Zeit auch die «Spreu vom Weizen» getrennt. Nahe Freunde sind teilweise nur noch flüchtige Bekannte. Auf der anderen Seite sind Beziehungen wieder inniger geworden, die vorher eher sporadisch waren.
Und glücklicherweise habe ich eine Ehefrau, die meine Ansichten teilt. So waren wir in den letzten zwei Jahren als Team unterwegs und nicht als Gegenspieler.
Welche Hoffnungen und Sorgen haben Sie für die Zukunft?
Ich gehe davon aus, dass sich das Rad der Ereignisse noch einige Zeit weiterdrehen wird. Jeder muss selbst in dieser Zeit schauen, wie er damit klarkommt. Im besten Fall bleibt er sich selbst treu und handelt nach seinem gesunden Menschenverstand.
Meine Hoffnung - und davon bin ich überzeugt - besteht darin, dass in naher Zukunft immer weniger Menschen gewillt sein werden, einfach alles hinzunehmen. Früher oder später wird es unweigerlich dazu führen, dass Obrigkeiten ihre Kompetenzen verlieren und das Zusammenleben wieder gemässigter vonstatten geht.
Wie nehmen Sie die Gesellschaft aktuell wahr?
Viele Menschen haben verlernt, sich selbst zu vertrauen. Sie entscheiden nicht gerne selbst und haben den Bezug zu ihrem Körpergefühl verloren. Viel lieber lassen sie über sich bestimmen, als für sich einzustehen. Grundsätzlich und ursprünglich weiss jeder selbst am besten, was gut für ihn ist. Dafür braucht es keine Ratschläge, Massnahmen oder gar Gesetze. Ich wünsche mir deshalb, dass die Menschen wieder Verantwortung für sich selbst und ihr Leben übernehmen.
Weitere Geschichten der Serie: Was ist aus uns geworden?
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