Europa versinkt in Kriegswirtschaft, soziale Proteste wachsen

In Frankreich und Grossbritannien wird seit Jahresbeginn mit Streiks und grossen Kundgebungen gegen die Austerität demonstriert. Ähnliche Proteste gibt es in Dänemark und in Deutschland.

Millionen gingen am 7. Februar in Frankreich auf die Strassen )Bild: CGT)

In Frankreich richtet sich die stetig wachsende Bewegung, die laut Umfragen von zwei Dritteln der Bevölkerung unterstützt wird, konkret gegen die «Rentenreform», die Präsident Macron und die Regierung unbedingt durchsetzen wollen. Während die Regierung verlangt, dass die Franzosen für den Anspruch auf volle Rentenleistung länger arbeiten, will sie die Militärausgaben um 70 Prozent erhöhen – von umgerechnet 38 Mrd.$ (2019) auf voraussichtlich 65 Mrd.$ bis 2030.

Mehr als zwei Millionen Menschen schlossen sich am 31.1. in der einen oder anderen Form den Protesten an (laut der Gewerkschaft CGT sogar 2,8 Mio.), darunter 500.000 allein in Paris sowie Zehntausende in Dutzenden mittelgrossen Städten. Es kam zu erheblichen Verkehrsbehinderungen, drei Viertel der Züge ausserhalb von Paris fielen aus.

Nach Angaben der CGT streikten mindestens 75 Prozent der Beschäftigten in den grossen Ölraffinerien und Treibstoffdepots von TotalEnergies, und die Kraftwerke mussten ihre Produktion drosseln, weil so viele Beschäftigte beim grössten Stromversorger EDF streikten. Eine wichtige Lehrergewerkschaft berichtete, dass etwa 55 Prozent der Sekundarschullehrer nicht zur Arbeit erschienen.

Das CGT-Blatt Unité kritisierte am 30.1. auch die Lieferung zusätzlicher Waffen von NATO-Ländern an die Ukraine. Der Kampf für Frieden in der Ukraine und gegen die militärische Eskalation sei «untrennbar mit unserem Kampf für sozialen Fortschritt in Frankreich verbunden». (Bericht aus dem «Standard»)

In Grossbritannien hat die neue Regierung von Premier Rishi Sunak gerade erst mit der Erhöhung der Militärausgaben begonnen, nachdem sie die Steuern angehoben hat, während die Bevölkerung unter zweistelliger Inflation und Treibstoffmangel leidet. Nachdem das Unterhaus am 30.1. ein Gesetz über «Mindestdienst» verabschiedet hatte, das Streiks verhindern sollte, legten über eine halbe Million Beschäftigte die Arbeit nieder (300.000 Lehrer, 100.000 Beamte, 100.000 Zug- und Busfahrer, 70.000 Universitätsmitarbeiter u.v.m.).

Rettungssanitäter und Krankenschwestern streiken seit Monaten immer wieder und planen eine Fortsetzung der Aktivitäten. Der Staatssekretär für Unternehmen und Märkte, Kevin Hollinrake, argumentierte am 30.1. gegen die Streiks, eine «inflationsangepasste Lohnerhöhung um 11 Prozent für alle Beschäftigten des öffentlichen Sektors würde 28 Mrd. Pfund kosten».

Diese Zahl sollte man in die richtige Perspektive rücken. Der frühere Premier Boris Johnson hat die Militärausgaben von 2019-22 um 24 Mrd. Pfund erhöht, und die derzeitige Regierung möchte sie bis 2030 um weitere 157 Mrd. erhöhen, eine jährliche Steigerung von 20 Mrd. Pfund, insgesamt 40 Prozent. Das liegt weit über den 11 Prozent «inflationsangepasster Lohnerhöhung», die Hollinrake so verurteilt.
Zum Vergleich: Der US-Militärhaushalt ist mit 847 Mrd.$ im Jahr gigantisch, gegenüber 772 Mrd.$ für alle anderen Haushaltsposten zusammen!

Wo am 11. Februar in Frankreich demonstriert wird:


Der Text stammt mit Zustimmung des Verlags aus dem (kostenpflichtigen) Newsletter des Schiller-Instituts.