Griechenland spaltet (und erneuert?) auch die Linke

Am 20. August 2018 endete die Finanzhilfe der Euroländer und des Internationalen Währungsfonds für Griechenland. Zugleich begann die «Nach-Memorandums-Epoche». Nach mehr als acht Jahren «Rettungspolitik» ist das Land ruiniert und die Masse seiner Bewohner verarmt.

Griechenland ist inzwischen nach Bulgarien das zweitärmste Land der EU. Bis 2060 wird es unter Kontrolle seiner Gläubiger bleiben, das sind 42 weitere Jahre harter Austeritätspolitik.

Die Kapitulation von Syriza unter Ministerpräsident Alexis Tsipras vor den Forderungen der Gläubiger hat die Spaltung der Europäischen Linken zur Folge. Während die Partei «Die Linke» in Tsipras weiterhin einen Hoffnungsträger für ein demokratisches und soziales Europa sehen will, hat die französische Bewegung «La France Insoumise» (das unbeugsame Frankreich) unter Führung von Jean-Luc Mélenchon den Ausschluss von Syriza aus der Partei Europäische Linke verlangt. In der Begründung heisst es:

«Das Drama, das dem griechischen Volk aufoktroyiert wird, und das sich auch anderswo abspielt, kann nur in einem Europa gestoppt werden, das von den aktuellen Verträgen befreit wird. Die Europäische Linkspartei (EL) kann in ihren Reihen nicht gleichzeitig Befürworter und Gegner eines solchen Europas dulden.»

Wie zu erwarten war, wurde der Antrag unter der EL-Präsidentschaft Gregor Gysis abgelehnt. Dies hatte wiederum den Austritt der Partei Mélenchons und die Gründung der EU-weiten Bewegung «Maintenant le Peuple» (Jetzt das Volk) zur Folge. Dieser neuen Gruppierung haben sich inzwischen mehrere wichtige europäische Linksparteien angeschlossen. Die Partei «Die Linke» gerät mehr und mehr in die Isolation. ____________

Andreas Wehr ist Jurist, linker Publizist und Mitgründer des Marx-Engels-Zentrums in Berlin.

Mehr zur Griechenland- und Euro-Krise in seinem Text «Die Endlos-Krise. Die Eurokrise ist alles andere als überwunden»

Zur Lage der Linken in der Europäischen Union: Gregor Gysi bald allein zu Haus?

Andreas Wehr ist Autor zahlreicher Bücher über die EU, die linke Bewegung  und die Entwicklung der Demokratie, darunter:
«Griechenland, die Krise und der Euro» (2010)
«Der kurze griechische Frühling – Das Scheitern von Syriza und seine Konsequenzen» (2016)
(beide im Verlag PapyRossa erschienen) http://www.papyrossa.de
https://www.andreas-wehr.eu