«Max Mustermann» sammelt auf change.org Unterschriften für den Rücktritt von Bundesrat Berset
Ein gewisser «John Doe» – auf deutsch «Max Mustermann» sammelt auf change.org Adressen von Corona-Kritikern. Sein Mittel dazu: eine Petition für den Rücktritt von Innenminister Alain Berset.
Petitionen sind so eine Sache. Sie bewirken meist nichts und dienen oft nur der Sammlung von Adressen.
Zudem geben sie den Unterzeichnern das Gefühl, etwas getan zu haben. Doch was haben sie getan: am richtigen Ort geklickt und ihre eMail-Adresse hinterlassen. Das reicht bei weitem nicht, die Dinge zu verändern. Mit den Abermilliarden täglicher Klicks und Likes müsste die Welt schon längst ein Paradies sein.
Die Petition nach dem Rücktritt von Alain Berset ist zwar gut begründet, aber sie hat einen unangenehmen Beigeschmack. Sie wurde von einem gewissen «John Doe» lanciert. Das ist nicht nur ein untypischer Name für einen Schweizer Bürger, sondern im englischen auch ein Allerweltsbegriff für einen Jedermann, irgendetwas zwischen Max Mustermann und Otto Normalverbraucher, ein «Platzhaltername für fiktive oder nicht identifizierte Personen» wie es auf Wikipedia heisst.
Eine Petition zum Rücktritt eines Bundesrats von einem Max Mustermann – wie plump kann man heute Politmarketing betreiben?
Zudem: change.org ist ein Datenstaubsauger. Gesammelt werden nicht nur die Daten der Unterzeichner, sondern auch ihrer Netzwerke. Wer zum Beispiel einen Link zu einer change.org-Petition verbreitet, wird als «recruiter» registriert.
change.org präsentiert sich den deutschen Usern als «eingetragener Verein», was formell zutrifft. Aber: Der Verein hat eine Lizenzvereinbarung mit der Mutterfirma. Zu ihr fliesst der mit Abstand grösste Posten seiner Sachausgaben (z.B. rund dreimal so viel wie die Kampagnenkosten gemäss «Transparenzbericht» des Wirtschaftsprüfers)
Die Petitionsplattform gehört der for-profit Firma «change.org PBC» (PBC steht für «Public Benefit Corporation») mit Sitz im weltgrössten Steuerparadies, dem US-Bundesstaat Delaware. change.org wird von zahlreichen Medien und namhaften Milliardären unterstützt, u.a. Bill Gates, dem LinkedIn-Gründer Reid Hoffmann und Pierre Omidyar, Gründer von eBay. Pierre Omidyar finanzierte «The Intercept» von Glenn Greenwald, der sich im November wegen Zensur seiner Beiträge über die Hunter-Biden-Affäre von der von ihm gegründeten News-Plattform zurückzog. (Mehr dazu bei
Fair Oberserver: «Glenn Greenwald: The Borderline Between Editing and Censorship»)
Ein ehemaliger Mitarbeiter wirft change.org zudem vor, Spendengelder zweckwidrig in die eigenen Kassen geleitet zu haben. (Change.org accused of profiting from donations intended for charities)
Der Konzern (change.org ist eine ganze Firmengruppe) hat versprochen, der Sache nachzugehen; es ist offenbar was dran.
Hinter change.org steht also ein Netzwerk, zum man sich Fragen stellen kann (und muss).
Fragen muss man sich auch, was mit den Daten der Unterzeichner der Rücktrittspetition Berset geschieht? Landen sie irgendwann einmal bei den Herausgebern der elektronischen Identität, die der Bundesrat privatisieren will? Hier Info zur Abstimmung vom 7. März)
Ganz auszuschliessen ist es nicht.
Die politische Einstellung ist doch ein wichtiges Merkmal unserer Identität, oder nicht?
(Wir haben change.org um eine Stellungnahme gebeten, die wir nach eintreffen umngehend an dieser Stelle veröffentlichen)
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