Ohne Pieks #12: «Das Pflegepersonal steht unter grossem Druck»
Irma Schneider, Fachfrau Radiologie, steht mit ihrer Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, mitnichten alleine da: Ein Drittel ihrer Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus stehen dem Pieks genauso kritisch gegenüber wie sie. Doch was zählt, ist die Forderung ihrer Vorgesetzten: Impfen oder sich wöchentlich einem Test unterziehen, und zudem im Krankheitsfall Lohnkürzungen riskieren.
Irma Schneider (*) arbeitet als Pflegefachfrau und liebt ihren Beruf. Doch seit die Erwartungshaltung besteht, dass sich Krankenhauspersonal gegen Covid impfen lassen sollte, ist alles anders. Schon auf dem Weg zur Arbeit macht sich eine Anspannung bemerkbar. Denn die Spitalleitung ist für die Corona-Massnahmen, auch fürs Impfen. «Wenn bekannt wird, dass man umgeimpft ist, wird grosser Druck auf einen ausgeübt. Doch ein Drittel meiner Kolleginnen und Kollegen denken ähnlich wie ich: Sie möchten sich nicht impfen lassen und stehen den Corona-Massnahmen eher kritisch gegenüber.» Sie alle müssen sich wöchentlich testen lassen, während geimpften Mitarbeitenden das Testen nur empfohlen wird. Ebenfalls gilt nur für Ungeimpfte: Sollten sie an Covid erkranken und deshalb in Quarantäne gehen müssen, drohen ihnen Lohnkürzungen. «Ich habe schon öfters drüber nachgedacht, zu kündigen, um nicht mehr diesem Druck ausgesetzt zu sein», sagt Schneider. «Ich merke immer mehr, dass mir diese Situation nicht gut tut. Sowohl emotional als auch psychisch geht das alles ziemlich an die Substanz.»
Da ihr – ebenfalls umgeimpfter – Mann auch im Krankenhaus arbeitet, könnte eine solche Entscheidung jedoch das Familieneinkommen massgeblich beeinträchtigen. «Wir sind uns der Tragweite dessen bewusst, und doch: Wir werden uns unter keinen Umständen impfen lassen. Falls es tatsächlich dazu kommen sollte, dass wir auf Grund dessen unsere Jobs verlieren, sind wir zuversichtlich, dass irgendwo eine andere Tür aufgeht.» Für Schneider gibt es keine Gründe, die für die Impfung sprechen, jedoch sehr viele dagegen. «Das Risiko, schwer an Corona zu erkranken, erachte ich für mich persönlich als gesunde und sportliche 41-Jährige als sehr gering. Das Risiko, auf Grund der Impfung starke Nebenwirkungen oder gar einen dauerhaften Impfschaden davon zu tragen, halte ich für grösser. Ich habe auch schon einige Patienten untersucht, denen es nach der Impfung gar nicht gut ging – und auch einige, die trotz Impfung schwer an Corona erkrankt sind.»
Was Irma Schneider hilft, mit der Situation umzugehen, sind vor allem ihre sozialen Kontakte – alte und neue. Denn auf Grund ihrer Einstellung haben sich in den letzten eineinhalb Jahren einige Freunde von ihr distanziert. «Auf der anderen Seite habe ich viele wunderbare neue Menschen kennengelernt, die inzwischen gute Freunde geworden sind. Dass mein Mann die gleiche Einstellung hat wie ich, ist auch ein grosses Glück. Und unsere beiden Kinder schenken uns so viel Liebe, dass wir nicht daran zweifeln: Es lohnt sich, weiter stark zu sein.»
(*) Name der Redaktion bekannt
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