US-Militär: Fast die Hälfte sind Russland-Freunde

46 Prozent der Soldaten-Haushalte sehen Russland als Verbündeten, sagt der neuste «Reagan National Defense Survey». Verantwortlich für den Stimmungswandel sei nicht die Kriegsmüdigkeit der Amerikaner, sondern russische Beeinflussung, meinen Regierungsvertreter.

(Foto: NF-Straßentheater/ICAN Germany CC 4.0)

Krieg ist ein Geschäft, ganz besonders für die USA, deren Wirtschaft stark von der Rüstung abhängig ist. Um den riesigen Rüstungsaufwand zu rechtfertigen, braucht es Feindbilder – reale und solche, denen man ein bisschen nachhelfen kann. Dies ist im Wesentlichen eine Marketingaufgabe, deren Wirksamkeit mit Marktforschung regelmässig überprüft werden muss. Wer wird als Feind und wer wird als Verbündeter wahrgenommen? Das sind die Fragen, auf die der «Reagan National Defense Survey» eine Antwort geben soll.

Die Resultate der neusten Studie von Ende Oktober sind bemerkenswert: Während 71 Prozent der Amerikaner Russland immer noch als Feind wahrnehmen, sind es ausgerechnet bei den Haushalten von Soldaten bloss 53 Prozent. 46 Prozent der Militärangehörigen, die es eigentlich besonders gut wissen sollten, betrachten Russland sogar als Verbündeten. Auch in der Gesamtbevölkerung stieg der Anteil der «Russlandfreunde» innert Jahresfrist von 19 auf 26 Prozent.

«Regierungsvertreter sind tief betroffen», schrieb der von der US-Regierung finanzierte Sender «Voice of America». Eine andere Untersuchung von Pew-Research vom September 2018 ergab nämlich, dass sich immerhin 35 Prozent der Amerikaner mehr Kooperation mit Russland wünschen.

Russland führe seit 2017 ein Kampagne zur Beeinflussung des US-Militärs, sagten ungenannte Geheimdienst- und Armee-Vertreter gegenüber Voice of America, ohne allerdings die Kanäle und Methoden zu präzisieren. Weil der Stimmungswandel unter republikanischen Wählern besonders markant ist, werden Trumps Hoffnungen , die Beziehungen zu Russland zu verbessern, dafür verantwortlich gemacht.

Im Grossen und Ganzen folgt die amerikanische Bevölkerung jedoch der vor zwei Jahren revidierten «Nationalen Verteidigungsstrategie», die China und Russland als die hauptsächlichen Feinde bezeichnet. 28 Prozent der Amerikaner betrachten China als grösste Bedrohung, 25 Prozent Russland als zweitgrösste.

Wie realistisch diese Bedrohung tatsächlich ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Die USA sind von zwei Ozeanen vor ihren Feinden geschützt und verfügen über eine mächtigere Marine als die Seestreitkräfte aller anderen Staaten zusammen. Mit anderen Worten: Die USA sind unangreifbar.

Worum es wirklich geht, sagt Rachel Hoff, Direktorin am Ronald Reagan Institute: «Es gibt ein starkes Gefühl, dass die USA auf der globalen Bühne kein Gelände hergeben sollten, weder an Russland noch an sonst irgendjemanden. … Die Bevölkerung will, dass die USA bei globalen Ereignissen die Führung übernehmen.» Die USA wollen also die dominante Kraft bleiben und betrachten alles, was diesen Willen in Frage stellt, tatsächlich als Bedrohung.

Das erkannte John Quincy Adams, der sechste Präsident der USA schon vor knapp 200 Jahren in einer Rede vor dem Repräsentantenhaus am 4. Juli 1821: «Die USA gehen nicht über ihre Grenzen auf der Suche nach Monstern, die zerstört werden müssen. Sie wünschen sich Freiheit und Unabhängigkeit für alle.» Wenn sie sich in fremde Händel und Interessen einmischten, würden sich «die Maximen ihrer Politik von Freiheit zu Gewalt» wenden. «Sie würden zum Diktator der Welt. Und sie würden ihren eigenen Geist nicht mehr beherrschen.»