Vielfalt schafft stabile Systeme
Das Ziel der Permakultur ist es, stabile Systeme zu erschaffen, die sich selbst regulieren und unterhalten. Das funktioniert - nicht nur im Garten, sondern auch in sozialen Gemeinschaften.
Permakultur ist ein Gestaltungsprinzip, nach dem man seinen Garten oder sein Land bestellen kann - und sein Leben. «Permanent Agriculture», also eigentlich «permanente Landwirtschaft» wurde als Begriff vom australischen Biologen Bill Mollison geprägt. Permakultur ist eine Art des Landbaus und, weiter gefasst, eine Art zu leben, die auch langfristig nachhaltig und zukunftsfähig ist.
Bill Mollison erkannte schon in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts, dass die industrielle Landwirtschaft in eine Sackgasse führt. Er sah voraus, dass wir in vierzig oder fünfzig Jahren kaputte, ausgelaugte und kranke Böden haben würden, kranke Pflanzen und kranke Menschen. Also beobachtete er Ökosysteme, um ihre Eigenschaften zu erkennen und zu verstehen, wie sie funktionieren. Daraus formulierte er gemeinsam mit seinem Mitstreiter David Holmgren zwölf Prinzipien, die alle der Natur abgeschaut sind:
- Zonenplanung für effizientes Energiemanagement: Die Energie im System soll bestmöglich genutzt werden.
- Sektorenplanung für effizientes Energiemanagement: Die von aussen einströmende Energie soll bestmöglich genutzt werden.
- Funktionsmanagement: Jedes Element im System erfüllt mehrere Aufgaben, und jede wichtige Aufgabe wird von mehreren Elementen erfüllt.
- Naturrichtige räumliche Ordnung: Jedes Element kommt an den Platz, an dem die meisten nützlichen Beziehungen zu anderen Elementen wirksam werden.
- Biologische Mitarbeiter/innen vor «fossilen»: Gefördert werden Arbeitsplätze für Pflanzen, Tiere und Menschen anstatt für Maschinen, die von Erdöl angetrieben werden (z.B. Laufenten, Hühner, Regenwürmer usw.).
- Kreislaufwirtschaft: Es sollen möglichst kleine Kreisläufe von Material und Energie geschlossen werden.
- Vielfalt als Prinzip: Die Vielfalt wird gefördert - von Pflanzen, Tieren, Elementen, Beziehungen, Ernten usw. (Mischkulturen).
- Nutzung diversifizieren: Gewünscht sind möglichst kleine, möglichst intensiv genutzte Bereiche - und möglichst grosse, möglichst extensiv oder gar nicht genutzte Bereiche.
- Sukzession fördern: Die natürliche Abfolge von Pflanzengemeinschaften wird zugelassen und genutzt.
- Schichten und Stapeln: Einzelne Teile von Elementen (z.B. Pflanzen in einem Beet) werden zeitlich, räumlich und beziehungsmässig «übereinander geschichtet».
- Randzoneneffekte: An den Rändern geschieht die Magie. Hier findet Entwicklung statt. Randzonen werden optimiert und genutzt.
- Patterns/Mustersprache: Die Mustersprache der Natur wird verstanden und in den Entwurf des Permakultur-Systems mit eingebaut.
Wer sich etwas näher mit der Permakultur befasst, merkt bald, dass diese Prinzipien universell gültig sind. Man kann sie auf dem Bauernhof anwenden, im Kleingarten, auf dem Balkon - aber auch im eigenen Haus, in der Wohnung, für das eigene Leben und für den Aufbau sozialer Gemeinschaften. Das Prinzip «Vielfalt» zum Beispiel.
«Diversity», Vielfalt, kann für eine Gesellschaft oder Gemeinschaft zum Problem werden - dann nämlich, wenn Vielfalt «neutralisiert» werden soll, indem auf individuelle Bedürfnisse aufgrund von Alter, Geschlecht, Ethnie oder Handicaps keine Rücksicht genommen wird. Bei den Betroffenen entsteht der Eindruck, dass ihre Stimmen nicht gehört werden und ihre Meinungen nicht von Belang sind - und vielleicht gar, dass sie nicht «richtig» sind, weil sie von der Norm abweichen.
In einem Permakultur-System wird Vielfalt in Form von Pflanzen, Tieren, Mikroklima und Nischen explizit gefördert. Durch diese Vielfalt ensteht eine Fülle von Vernetzungen und Beziehungen, die das System stabiler machen. Derselbe Effekt kann in Gemeinschaften erreicht werden. Jeder von uns hat einzigartige Fähigkeiten und Erfahrungen. Wir sind geprägt durch unsere Herkunft - sozial, ethnisch und kulturell. Gemeinsam entwickeln wir kreative Lösungen für anstehende Probleme und entfesseln unser menschliches Potenzial. Damit dies geschehen kann, braucht es Begegnungsräume, Austausch, gegenseitiges Verständnis und die Bereitschaft, dass wir einander zuhören, ohne das zu bewerten, was uns fremd ist.
Mehr dazu
- 7 Permaculture Principles for Social Communities, Blog «Regenerative. Sustainable Living and Personal Growth»
- Social Permaculture - what is it? Foundation for Intentional Community
- Permaculture: Discovering Solutions hidden in Nature, Video TEDxMontreal (9.22 min.)
- Urbane und soziale Permakultur: Was hat das mit mir zu tun? Vortrag an der zhdk von Bastian Frich (Urban Agriculture Basel) am 4. September 2019
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Quelle: Akademie für Permakultur Gestaltung, Down to Earth
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