«Wenn wir das singen, helfe ich nicht mit»
Es ist immer wieder schön, in Kirchen zu musizieren. Die Akustik ist gigantisch. Und wenn dann noch die Stimmen der Konfirmanden den Raum füllen, entsteht eine ganz eigene, wunderschöne Energie, die sich in der ganzen Kirche ausbreitet. Der Weg dorthin mit der «Konfband» ist jedoch nicht immer einfach. «Aus dem Tagebuch eines Liedermachers» erscheint wiederkehrend.
Seit gut zehn Jahren begleite ich musikalisch die Konfirmandenklassen meiner Frau. Mittlerweile sind noch zwei weitere Klassen dazugekommen. Ich sage euch, das ist eine recht herausfordernde, aber auch sehr schöne Aufgabe. Die Klassen könnten je nach Region unterschiedlicher nicht sein.
Ihr müsst euch vorstellen: Pro Klasse übe ich mit den Jugendlichen zwei bis drei Lieder ein. Zuerst treffe ich mich mit der ganzen Klasse – oder mit dem Teil der Musse dazu findet, anwesend zu sein – und wir diskutieren über die Liederwahl. Die Geschmäcker innerhalb der Klasse gehen zum Teil weit auseinander. Und Sätze wie «Wenn wir das singen, helfe ich nicht mit» gehören dann einfach dazu.
Es ist eine Herausforderung, die Lieder so auszuwählen, das sie möglichst allen passen, singbar und musikalisch umsetzbar sind. Meine Nerven werden geprüft, wenn das auf die Beine gestellte Programm immer wieder abgeändert wird und die Klasse plötzlich neue Vorschläge in die Runde wirft. Bei der ländlichen Jungend sind oft Mundartlieder die erste Wahl, Englisch singen – nein, dass muss nicht sein. Die Verbundenheit mit der Heimat ist spürbar.
In der Regel begleite ich die Klasse mit der Gitarre, und helfe, wenn nötig, beim Singen aus. Besonders schön wird es, wenn einige der Kids bereits ein Instrument spielen oder singen – die beste Basis, um dann eine kleine «Konf-Band» mit Gitarren, Klavier und Rhythmusinstrumenten auf die Beine zu stellen.
Auch dieses Jahr durfte ich mit einer Klasse arbeiten, in der ein begnadeter Klavierspieler dabei war. Es hat mich aus den Socken gehauen, wie er den Liedern eine ganz eigene Note verpasste, ganz grosses Kino! Auch in Erinnerung bleiben mir die Mädchen-Duos und -Trios mit ihren wunderschönen Stimmen. Ja, es gibt sie immer wieder, die Jugendlichen, die bereits ein Instrument spielen und singen, und dann bei den Proben so richtig aufblühen. Das ist der Punkt, an dem die Musik, wenn sie mit grösster Freude und Leidenschaft gelebt wird, ihre ganz eigene Seele entwickelt. Die Magie der Musik.
Wobei ich hier auch erwähnen möchte, dass es auch Phasen gibt, in denen die Magie meilenweit entfernt ist und mehr als die Hälfte der Klasse plötzlich nicht zu den Proben erscheint. Okay, ich sah dann schon mal ein, dass für einen Teil der Jungs im Gantrischgebiet das Heuen und Arbeiten auf dem Feld einen höheren Stellenwert hat als die Singprobe für die Konfirmation.
So kommt es ab und zu vor, dass ich mir noch bei den Hauptproben den Kopf zerbreche ob das wohl gut kommt. Es werden Texte vergessen oder es wurde kaum bis gar nicht geübt. Das Ganze gleicht oft einem grossen Durcheinander – mit sehr viel Geschwätz und Gelächter.
Für mich ist das reinste Lebensschule. Während solcher Momente versetze ich mich immer wieder gerne in die Lehrpersonen, die Tag für Tag versuchen, diesen jugendlichen Übermut in den Schranken zu halten. Ich bin dann ganz froh, dass ich lediglich für eine begrenzte Zeit den Musikpart mit der Klasse übernehmen darf.
Aber Hand aufs Herz, wie waren wir in diesem Alter? Auch wir hatten wohl damals so einige Flausen im Kopf?
Nun gut, am Ende ist noch jede Konfirmation immer sehr gut gelungen und auf die Jugendlichen war Verlass. Und die besten Konfirmationen wurden meist diejenigen, bei denen die Hauptroben im Vorfeld ein Desaster waren.
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Boris Bittel (49) lebt mit seiner Familie in der Region Bern. Der gelernte Innendekorateur arbeitet hauptberuflich als Immobilienbewirtschafter. Während den wärmeren Jahreszeiten ist der Musiker oft mit seiner Frau im selbstausgebauten Van unterwegs. Im Gepäck immer mit dabei: die Gitarre und Notizmaterial.
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