Wie halten Sie's mit der Neutralität? (2)
«Neutralität» ist eines der beiden Titelthemen des Zeitpunkt-Magazins, das Mitte Februar erscheinen soll. Wir haben zu diesem Thema eine Leserumfrage erstellt. Zweiter Teil der Antworten.
Was bedeutet es für Sie heute, neutral zu sein? Was wünschen Sie – oder fordern Sie von der Politik? Dürfen wir uns heraushalten aus Kriegen? Welche politische Haltung finden Sie angebracht – für die Schweiz oder für Deutschland – auch angesichts der ökonomischen Verflechtungen und Bündnisse? Welche Einflussnahme hat ein neutraler Staat heute?
Danke für die vielen, auch kontroversen Antworten, von denen wir auch heute einige veröffentlichen...
«Die erste Waffe der Konfliktbearbeitung»
Eine gute Neutralität ist so etwas wie die erste Waffe der Konfliktbearbeitung. Sie erkennt den Lebenswillen aller Menschen an und achtet Grenzen und Regeln. Dann geht die Treppe weiter runter und im Detail des Verstehens und der Auseinandersetzung muss miteinander verhandelt werden. Eine Parteinahme für Schwächere ist vielleicht geboten.
Das Schwierigste bleibt aber, auszuhalten, wenn nach einer Mediation oder langwierigen Friedensgesprächen der Einsicht doch nur Härte und wieder Intoleranz folgt. Dann muss ich wohl wieder zurück in meine neutrale Position des Beobachters, der seine Hoffnung dennoch nie aufgibt.
Auf jeden Fall brauchen wir wieder deutlich mehr aktive Neutralisten.
Edgar Reinke, Berlin
«Lange gut damit gefahren»
Neutralität hilft meiner Meinung nach dem Frieden mehr als Parteinahme und wir sind damit jetzt lange gut gefahren. Wenn diese aus Abhängigkeiten nicht mehr möglich ist, dann erwarte ich von unseren Politikerinnen und Politikern, diese zu benennen. Unsere vielgerühmte Eigenständigkeit ist nicht zum Nulltarif zu haben, bin jedoch überzeugt, dass diese für viele liberale und unternehmensfreudige Menschen attraktiv ist.
Anton Bard, Therwil
«Aus der Dualität aussteigen»
Der einzige Weg in den Frieden, in eine Einheit, in ein «Oneness», ein vereintes Gemeinsames ist meiner Meinung nach der Weg, aus der Dualität auszusteigen. Und dies ist die Neutralität oder das Nullpunktfeld oder das «Beides» und «keins von Beidem».
Solange wir in der Dualität verhaften, müssen wir immer eine Seite wählen – und es gibt auf keiner Seite die sogenannte Wahrheit oder das sogenannte «Gute». Dieser Weg aber fängt bei uns selber an, bei unseren Gedanken über mich und somit über mein «Aussen». Der Weg führt über die Annahme von allem, was ist, denn es ist!
Eine Annahme bedeutet nicht, dass ich es gut oder schlecht finde, sondern nur, dass ich es sehe. Wenn ich dann beginne, es JETZT zu sehen, ohne Geschichte, ohne Hintergrund, ohne Vergangenheit, dann sehe ich bereits klarer. Wenn ich weiter gehe und es WIRKLICH sehe, dann sehe ich die Hintergründe. Ich sehe das «warum», den Zweck des Ganzen, ich sehe das «Gute» oder «Hilfreiche» darin.
Denn leider transformieren oder verändern wir uns immer noch über ein «weg von» anstelle eines «hin zu». Daher benötigen wir offenbar noch Kriege. Wenn wir es schaffen, in die globale Veränderung der Welt eines «hin zu» zu gehen, indem wir uns eine schöne Welt, eine friedliche Welt, eine liebevolle Welt beginnen zu sehen, zu spüren und zu leben, dann wird es um uns herum und in uns friedvoller – im Aussen und im Innen.
Es gibt nie einen Gewinner und nie einen Verlierer im Frieden – es gibt alles, und alles hat seine Bedeutung, seinen Zweck, seinen Sinn. Wir sind alle ein gemeinsames System in Interaktion. Wir sehen dies in der Natur – überall um uns. Es ist ein Kommen und Gehen, ein Spriessen und ein Verderben, ein Essen und ein Gegessen-Werden.
Carmen Pipola
Bitte schicken Sie uns Ihre Antworten gerne an [email protected] – wir möchten sie auf unserem Infoportal und einige auch im Magazin veröffentlichen.
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