«Wir alle verlieren durch den Krieg und die Sanktionen»
Volker Hellmeyer, fast 16 Jahre lang Chefanalyst der Bremer Landesbank und einer der renommiertesten Ökonomen des Landes, sagte in einem Videointerview mit Mission Money, eine Lösung des Ukraine-Konflikts sei nur möglich, wenn «wir erkennen, dass wir alle verlieren».
Obwohl Hellmeyer Russlands militärische Intervention «aus humanistischer Sicht» verurteilt, meinte er im Interview mit MissionMoney, der Westen solle selbstkritisch sein und anerkennen, dass der Westen zuerst das Völkerrecht gebrochen habe, als er sein Wort brach, dass die NATO nicht nach Osten expandieren würde, und erneut, als er das Budapester Memorandum verletzte. Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man Russland für die Verletzung der Souveränität der Ukraine verurteilt.
Durch die Umsetzung extraterritorialen US-Rechts mit Sanktionen werde eine weitere Souveränitätsverletzung begangen. Deutschland sollte sich daher fragen, wie souverän es selbst ist, bevor es auf die Souveränität der Ukraine pocht.
Was die wirtschaftliche Zerrüttung durch Sanktionen betrifft, so sagt Hellmeyer, dass wir «eine Trennung der Weltsphären haben ähnlich wie im Kalten Krieg, die uns aber stärker trifft als im Kalten Krieg».
In der Tat haben wir heute ein globales System der Versorgungsketten, das auf den Schock «völlig unvorbereitet» ist. Die derzeitige Preisinflation ist «ein leichter Vorgeschmack» auf das, was uns bevorsteht.
Kurzfristig werden die Sanktionen Russland schaden, aber langfristig haben die europäischen Länder unverantwortlich gehandelt. Wenn man sich die Weltkarte anschaut, um zu sehen, welche Länder die Sanktionen nicht mittragen, findet man den grössten Teil Asiens, den grössten Teil Lateinamerikas, die Länder des Nahen Ostens – und das sind Länder, die Rohstoffe und Energieträger produzieren, die Europa braucht. Wen werden sie in Zukunft als verlässliche Partner betrachten, uns – mit dem Hintergrund einer Politik des Regimewechsels – oder China und Indien?
Hellmeyer verweist auf die Elemente, die die Stärke der chinesischen Wirtschaft ausmachen: die Partnerschaft mit Russland, die dadurch provoziert wurde, dass die USA sowohl Russland als auch China als Feinde ausgemacht haben, hat China Energielieferungen zu einem im Vergleich zum Weltmarkt günstigen Preis beschert; durch die Belt and Road-Politik hat sich China die Rohstoffversorgung gesichert; sein Bildungssystem ist, um es diplomatisch auszudrücken, dem westlichen System weit überlegen, so dass China ein produktiveres Humankapital aufbaut. All diese Faktoren machen China zu einer stabilen und wachsenden Wirtschaftsmacht.
Hellmeyer entlarvt auch die westliche Arroganz, die es versäumt, andere Kulturen anzuerkennen, wie etwa den chinesischen Konfuzianismus, der den Individualismus dem Wohl der Gemeinschaft unterordnet.
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Der Text stammt aus dem (kostenpflichtigen) Newsletter des Schiller-Instituts.
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