Initiative für Rückverteilung
Nach der Ablehnung der Vollgeld-Initiative, die dieses Übel an der Wurzel behandelt hätte – nämlich beim privaten Geldschöpfungsprivileg –, steht mit der sogenannten 99-Prozent-Initiative der Jungsozialisten ein weniger radikaler Vorschlag am Start. Die im letzten Herbst lancierte Initiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» will Kapitaleinkommen anderthalb stärker besteuern als Arbeitseinkommen und neu auch Kapitalgewinne besteuern.
2016 betrug die gesamte Lohnsumme der Schweiz gemäss AHV-Statistik rund 300 Mrd. Franken. Die Kapitaleinkommen lagen bei 123,5 Mrd. (Zahlungsbilanz und Auslandvermögen der Schweiz 2016, SNB), d.h. bei gut 40 Prozent der Löhne. Davon wird allerdings nur ein Teil an Privatpersonen ausgeschüttet. 2013 waren es 75 Mrd.
Ein substantieller Teil der im Inland erzielten Kapitaleinkommen (z.B. Zinserträge, Dividenden, Mieteinnahmen) muss von der arbeitenden Bevölkerung erwirtschaftet werden, durch Lohnverzicht, teurere Produkte, überhöhte Mieten etc.
Einen Teil dieser Umverteilung von unten nach oben will die im Herbst lancierte sogenannte 99-Prozent-Initiative der Jungsozialisten durch Steuern wieder den Lohnempfängern zurückführen. Konkret sollen Kapitaleinkommen anderthalb mal so hoch besteuert werden wie Arbeitseinkommen. Der Initiativtext sieht eine durch das Gesetz zu bestimmende Freigrenze vor, unterhalb der die Kapitaleinkommen normal besteuert werden, um kleine Anleger zu schonen. Bei einer Freigrenze von 100’000 Franken wäre nur das reichste eine Prozent betroffen ist, die in den letzten Jahrzehnten den grössten Vermögenszuwachs erzielten.
Die Initianten rechnen mit zusätzlichen Steuererträgen von fünf bis zehn Milliarden, die für Steuermässigungen für Menschen mit tieferen Arbeitseinkommen oder für soziale Wohlfahrt eingesetzt werden sollen. Auch Kapitalgewinne (Wertsteigerungen von Anlagen) im Umfang von rund 19 Mrd. jährlich bleiben steuerfrei. Eine «konsequente Rückverteilung» ist das nicht, wie die Jusos behaupten, aber ein Schritt in die richtige Richtung.
von:
Über
Christoph Pfluger
Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".
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