Gemeinschaft heisst nicht gleiche Meinung
Eine Gemeinschaft entsteht nicht dadurch, dass wir uns einig sind. Sondern dass wir lernen, mit den Unterschieden umzugehen.
Ob wir wollen oder nicht: Wir leben in Gemeinschaft – auf jeder Ebene: in Gemeinschaft mit Nachbarn, mit der Familie, mit Tieren, Pflanzen und allen Wesen – und sind immer in Kommunikation, bewusst oder unbewusst. Wir sind soziale Wesen – angewiesen auf gegenseitiges Erkennen, Kooperation und Ergänzung. Wir sind genetisch auf Miteinander programmiert, seitdem wir vor einigen zehntausend Jahren in kleinen nomadischen Gruppen die Steppen und Wälder durchquerten. Wer ausscherte oder wer ausgestossen wurde, überlebte das meistens nicht.
Ich habe fast mein ganzes Erwachsenenleben in Gemeinschaften gelebt – dabei sehr viel Schönes, aber auch Schattenseiten kennengelernt: unbewusstes Anpassungsverhalten, Gruppendruck, Unterordnung und Machtgefälle – oder aber auch etwas krampfhafte Versuche, diese zu vermeiden. Zwischen den beiden Polen – Kollektivismus und Individualismus – pendeln die meisten Gemeinschaften, die ich kenne. Letzteres führt zu Beliebigkeit und lässt eine Gemeinschaft auseinander driften. Ersteres führt zu undemokratischen, letztlich toxischen Machtstrukturen. Beides geschieht nicht nur in Gemeinschaften, sondern überall, in Gruppen, Teams, Initiativen.
Lebensgemeinschaften oder «intentionale» Gemeinschaften sind ein Spiegel der Gesellschaft. Sie können aber auch Lernorte sein, ungute soziale Dynamiken bewusst zu machen und zu verändern, Kommunikation, Vertrauen und Miteinander im täglichen Miteinander zu erforschen und nach bewusst gewählten Werten zu gestalten. Die grossen Fragen dabei sind: Wie balancieren wir Individualität und Gemeinschaft? Wie überwinden wir Konformität, ohne unsere soziale Kohäsionskraft zu verlieren? Wie erzeugen wir echtes Vertrauen ineinander - dazu gehört auch Vertrauen in unsere eigene Wahrnehmung, selbst wenn diese sich von der Gruppe unterscheidet. Wie gehen wir mit Unterschieden um? Wie gehen wir mit Autoritäten um - mit Menschen, die in bestimmten Bereichen mehr wissen oder können als wir? Schaffen wir es, sie zu respektieren, von ihnen zu lernen, ohne uns unterzuordnen? In den verschiedenen Gemeinschaften ist dazu ein Wissen entstanden, das wir gerne auch weitergeben und neuere Gruppen darin beraten und unterstützen.
In diesem kurzen Video teile ich Erfahrungen und Gedanken zum Thema: Konformität, Anpassungsdruck und soziale Kompetenz. Die Anregung zu diesem Thema kam vom Neue Erde Verlag, der zu seinem 40jährigen Bestehen seine Autoren und Autorinnen um einen Videobeitrag bat und diese zu einem Onlinekongress «Frieden mit der Natur» zusammenstellte. Dort gibt es dann auch ein ausführlicheres Video von mir zu diesem Thema - und viele andere. Am Onlinekongress könnt ihr ab 25. Oktober hier kostenlos teilnehmen: https://neue-erde-kongress.de
von:
Über
Christa Leila Dregger
Christa Dregger-Barthels (auch unter dem Namen Leila Dregger bekannt). Redaktionsmitglied des Zeitpunkt, Buchautorin, Journalistin und Aktivistin. Sie lebte fast 40 Jahren in Gemeinschaften, davon 18 Jahre in Tamera/Portugal - inzwischen wieder in Deutschland. Ihre Themengebiete sind Frieden, Gemeinschaft, Mann/Frau, Geist, Ökologie.
Weitere Projekte:
Terra Nova Plattform: www.terra-nova.earth
Terra Nova Begegnungsraum: www.terranova-begegnungsraum.de
Gerne empfehle ich Ihnen meine Podcast-Reihe TERRA NOVA:
terra-nova-podcast-1.podigee.io.
Darin bin ich im Gespräch mit Denkern, Philosophinnen, kreativen Geistern, Kulturschaffenden. Meine wichtigsten Fragen sind: Sind Menschheit und Erde noch heilbar? Welche Gedanken und Erfahrungen helfen dabei?
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