Referendum gegen «Jugendschutzgesetz»
Das Gesetz, welches das Parlament kürzlich verabschiedet hat, sieht Alterskontrollen und noch mehr Überwachung auf Tech-Plattformen vor. Wer diese nicht durchsetzt, kann mit bis zu 40’000 Franken bestraft werden.
Ende September hat das Schweizer Parlament das Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele (JSFVG) verabschiedet. Ein Gesetz, das es in sich hat. Die Piratenpartei hat bereits am 30. September angekündigt, das Referendum dagegen zu ergreifen. Unterstützt wird die Partei auch von MASS-VOLL!.
Doch der Reihe nach: Das sogenannte Jugendschutzgesetz gibt vor, Jugendlichen zu dienen. «Mit diesem Gesetz sollen Minderjährige vor Inhalten in Filmen und Videospielen geschützt werden, die ihre körperliche, geistige, psychische, sittliche oder soziale Entwicklung gefährden können», so lautet der Zweck des Gesetzes in Artikel 1.
Das Gesetz verlangt, dass für Videos und Filme im Internet Alterskontrollen für Minderjährige eingeführt werden. «Anbieterinnen von Abrufdiensten müssen geeignete Massnahmen treffen, damit Minderjährige vor für sie ungeeigneten Inhalten geschützt werden», heisst es etwa in Artikel 8 und 20 des Gesetzes.
Wie die Alterskontrollen konkret aussehen sollen, ist nicht klar. Das Gesetz ist sehr beliebig formuliert. In der parlamentarischen Debatte sind als mögliche Massnahmen etwa Kreditkarten oder auch SMS-Verifikation genannt worden. Selbst mit dem Gedanken, Gesichtserkennungssoftwares zu nutzen, wird gespielt.
Und genau hier setzt die Kritik an. Ein Jugendschutzgesetz ist grundsätzlich richtig: Die Absicht, Jugendliche und Kinder vor Gewalt und Pornografie im Netz zu schützen, sinnvoll. Doch dies geschehe nicht, sagen die Gegner des Gesetzes. «Das Gesetz verfehlt das Ziel komplett», sagt Philippe Burger, Vizepräsident der Piratenpartei Schweiz. «Es betrifft nur die grossen Plattformen wie YouTube oder Twitch, für den überragenden Teil der nicht jugendfreien Webseiten gilt es entweder nicht oder sie werden es ignorieren.»
Für die Piratenpartei ist das Gesetz deshalb nicht zielführend. Im Gegenteil. Damit werde letztlich der Überwachungsapparat ausgedehnt. Es sei der «Startschuss für eine neue Ausweispflicht und Checkpoints im Internet. Netzsperren sind die bald folgende Konsequenz daraus», betont Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei Schweiz.
Hier setzt auch die Kritik von MASS-VOLL! an: «Das Parlament in Bern hat ein Gesetz zum angeblichen Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele verabschiedet. Doch es zielt weit über das Ziel hinaus, gängelt die Jugend, bringt einen enormen bürokratischen Aufwand und horrende Kosten», schreibt die Organisation in ihrer Medienmitteilung.
Die Organisation unterstütze deshalb das Referendum der Piratenpartei gegen das «sinnlose und gefährliche Gesetz». Weiter MASS-VOLL!: «Unter dem Deckmantel des Jugendschutzes werden massive Grundrechtseingriffe eingeführt. Die (jungen) Bürger sollen sich daran gewöhnen, sich auch im Internet auszuweisen. Der Ausweiszwang wird ausgeweitet – und bald wird es überall Checkpoints im Netz geben.»
Das sogenannte Jugendschutzgesetz diene bloss den Tech-Giganten. «Jugendschutz wird als Vorwand missbraucht, für den Weiterverkauf der persönlichen Daten an Dritte. Insbesondere ausländische Techkonzerne wie Google oder Facebook, welche sich nicht ans schweizerische Datenschutzgesetz halten müssen, werden profitieren», erklärt MASS-VOLL!-Mitglied Lena Regez gegenüber Transition News.
Das Referendum sei notwendig, «wenn wir weitere Einschränkungen unserer Privatsphäre verhindern wollen». MASS-VOLL! sieht zudem Gefahren darin, dass mit dem Gesetz der «bürokratische Kontrollapparat» weiter ausgebaut werde. Regez weiter: «Ein riesiger bürokratischer Aufwand, horrende Kosten und was haben wir davon? Ein noch mächtigerer Kontrollapparat.»
Laut der Organisation bringe das Gesetz zahlreiche Vorschriften und Regulierungen mit sich. «Wer bei dieser Polizeistaatsaktion im Internet nicht mitmacht und es beispielsweise unterlässt, eine Alterskennzeichnung oder -kontrolle durchzuführen, wird mit einer Busse bis zu 40’000 Franken bestraft», so die Organisation in ihrer Medienmitteilung.
In der Tat: «Mit Busse bis zu 40’000 Franken wird bestraft, wer einen Film oder ein Videospiel zugänglich macht und es dabei vorsätzlich unterlässt, die Alterskennzeichnung und die Inhaltsdeskriptoren gut sichtbar anzubringen (…)», lautet etwa Artikel 34 des Gesetzes.
Hier finden Sie den Unterschriftenbogen zum Referendum.
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