Soziale Medien verlieren ihren sozialen Kern
Persönliche Beiträge werden rarer, während KI-generierte Videos, Werbung und Influencer-Inhalte die Feeds dominieren.

In Schweden veröffentlicht laut der Internetstiftung nur noch 45 % der Nutzer regelmäßig eigene Inhalte (2024: 49 %). Früher standen Kontakte zu Freunden im Mittelpunkt, heute dient die Nutzung vor allem der Unterhaltung oder Zeitvertreibung.

Medienwissenschaftler Jonas Andersson sieht Plattformen zunehmend wie klassische Massenmedien. Meta verstärkt diesen Trend mit der neuen App Vibes, die ausschließlich KI-Videos zeigt – etwa backende Katzen oder interplanetarischen Fußball.

Der kanadische Autor Cory Doctorow beschreibt dies als „Enshittification“: Plattformen werden bewusst schlechter, um Gewinne zu maximieren, nachdem Wachstum durch Innovation oder Zukäufe erschöpft ist.

Weltweit sinkt die tägliche Nutzungszeit (Statista: von 151 Min. 2023 auf 141 Min. 2025). Viele Nutzer wollen ihren Konsum reduzieren; ehemalige User nennen schlechte Inhalte und Desinteresse als Gründe.

Besonders X (ehemals Twitter) verliert Nutzer – 13 % der Befragten haben die Plattform verlassen, oft wegen Elon Musks Führung.

Jannike Tillå von der Internetstiftung warnt: Ohne private Beiträge von Freunden werden Plattformen austauschbar. Zunehmende Regulierung (Altersgrenzen in mehr Ländern) und sinkende Nutzung bei Jugendlichen verschärfen den Trend.

Auch in Deutschland zeigt sich eine ähnliche Entwicklung: weniger persönliche Posts, mehr KI-Inhalte und wachsende Skepsis. Die Frage lautet, ob soziale Medien ihren ursprünglichen Zweck als Begegnungsort noch erfüllen können – oder endgültig zu reinen Unterhaltungs- und Werbeplattformen werden.