Zeit statt Geld, kann das funktionieren?
Timebanks Frankfurt will in einem lokalen, auf der Blockchain basierenden Netzwerk Geld durch Zeit ersetzen. Gründer Wolfgang Weicht plant damit nicht weniger als die Gesellschaft zu revolutionieren.
«Wir sind die einzige Spezies, die sich ständig weiterentwickelt», sagt Wolfgang Weicht. «In Zeiten der Aufklärung war man neugierig das Unbekannte zu erkunden. Heute wird die Zukunft verflucht. Man idealisiert die Vergangenheit und hat keinen Plan für die Zukunft. Doch die Zukunft kommt, ob man will oder nicht.»
Sein Rezept dafür heisst Timebanks, eine lokale zeitbasierte Währung, deren Einheitswert die Personenstunde ist. Timebanks Frankfurt funktioniert so: Eine Frankfurterin oder ein Frankfurter arbeitet freiwillig für eine Stunde für eine Nachbarin oder einen Nachbarn. Ihr oder ihm wird dann eine Stunde gutgeschrieben, die für einen Dienst bei einer oder einem anderen Freiwilligen eingelöst werden kann. Festgehalten wird das Ganze auf einer Blockchain-basierten Online-Plattform, um Vertrauen innerhalb der Gemeinschaft zu gewährleisten. Das «Geld» bei Timebanks produziert also keine Zinsen, sondern steigert das Gemeinwohl.
Die Qualität des Gemeinwohls werde von den Gefühlen des Einzelnen bestimmt, ist Wolfgang Weicht überzeugt. Wenn Bürger sich für ihren Nachbarn verantwortlich fühlten, seien sie bereit, anderen in ihrer Gemeinschaft etwas zurückzugeben und zu helfen. Damit eine nachhaltige Bereitschaft entstehe, brauchten die Geber ein sichtbares Ergebnis für ihre «Investition». Auf der anderen Seite wollten sich Menschen in einer Gemeinschaft, die Hilfe von anderen benötigten, nicht schuldig fühlen, wenn sie Hilfe erhalten. Für diesen Ausgleich sorgt Timebanks Frankfurt durch den Tausch der Talente der Teilnehmer.
Wolfgang Weicht hat Timebanks in Frankfurt ins Leben gerufen, weil die alten Strukturen aus Vereinen, Tauschringen und Ehrenamt offenbar nicht ausreichen, um die Gesellschaft zusammenzuhalten. Tauschringe etwa würden zudem meist von Menschen geführt, die sowieso aktiv seien. Doch um die geht es ihm nicht. «Es geht mir um die, die nicht sichtbar sind», sagt er. «Der Arbeitslose, die Oma, der Flüchtling, die alleine zuhause mit ihren Talenten sitzen und darauf warten, dass der Tag vorbei geht.» Es geht ihm auch darum Anlässe zu schaffen wieder vor Ort ins Gespräch zu kommen.
Aus «Die Farbe des Geldes», Newsletter der Triodos-Bank
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