Zuckerberg: Das grösste Geschenk bleibt ein leeres Versprechen
Er war der lebende Beweis für das menschenfreundliche Gesicht des Kapitalismus: Im Dezember 2015 versprach Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, 99 Prozent seines Vermögens für wohltätige Zwecke zu verschenken. Jetzt zeigt sich, dass von der Ankündigung nicht mehr viel übrig bleibt.
Philantropie hat Tradition unter den Superreichen Amerikas. Besonders bekannt ist die 1999 gegründete Bill and Melinda Gates-Stiftung mit einem Kapital von 43,5 Mrd. Dollar, der grösste privaten Stiftung der Erde.
Die Stifter sind allerdings eher gute Rechner als grosszügige Menschenfreunde. Auch nach ihren Spenden können sie sich immer noch jeden erdenklichen Luxus leisten. Zudem verlieren sie die Kontrolle über das «gespendete» Kapital nicht. Sie können es immer noch so einsetzen, dass es dem privaten Vermögen und privaten Zielen grössten Nutzen bringt.
Wenn beispielsweise die Gates-Stiftung Aktien kauft oder verkauft, dann kann der private Bill Gates mit seinem Aktienbesitz ohne weiteres von den Bewegungen profitieren, die seine Stiftung an den Aktienmärkten auslöst. Zudem ist die Stiftung der Gates nicht besonders philantropisch: Sie stärkt multinationale Konzerne und macht Druck für Marktlösungen von Hunger- und Gesundheitsproblemen.
Natürlich musste Zuckerberg ein bisschen grosszügiger als Bill Gates sein, als er am 2. Dezember aus Anlass der Geburt seines Kindes ankündigte, 99 Prozent seines damaligen Vermögens von 45 Mrd. Dollar zu verschenken. Aber: Zum Einen wären ihm immer noch 450 Mio. Dollar zur privaten Verwendung geblieben – mehr als genug für jedes nur denkbare menschliche Bedürfnis. Zum anderen rechnete er damit, die Kontrolle über Facebook dank der Einführung einer neuen Aktienkategorie behalten zu können. Gegen den Plan hatten Facebook-Aktionäre im April 2016 jedoch geklagt.
Heute, am 26. September hätte Zuckerberg vor Gericht erscheinen müssen. Um dem zuvorzukommen und einen möglichen Imageschaden zu verhindern, hat Facebook am vergangenen Freitag seine Pläne aufs Eis gelegt. Der Imageschaden dürfte freilich schon eingetreten sein, allerdings nur bei jenen, die Zuckerbergs wahre Absichten erkannt haben: als grosszügiger Spender erscheinen, aber die Kontrolle doch behalten.
von:
Über
Christoph Pfluger
Christoph Pfluger ist seit 1992 der Herausgeber des Zeitpunkt. "Als Herausgeber einer Zeitschrift, deren Abobeitrag von den Leserinnen und Lesern frei bestimmt wird, erfahre ich täglich die Kraft der Selbstbestimmung. Und als Journalist, der visionären Projekten und mutigen Menschen nachspürt weiss ich: Es gibt viel mehr positive Kräfte im Land als uns die Massenmedien glauben lassen".
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