3 Fragen an Autor Mathias Bröckers
Ja, es gibt ihn, den Jahrestag der Kiffer. Der ist heute. Und wer, wenn nicht Mathias Bröckers, ist der geeignetste Interviewpartner, um über den «Kiffertag» zu reden. Hanfpapst wird der Deutsche immer wieder genannt. Bröckers hat in den 1990er-Jahren mit seinem Buch «Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf» eine Art Bibel geschrieben – und damit in der Schweiz altes Wissen über Cannabis zum erneuten Leben erweckt und die neue Hanfbewegung ausgelöst.
Zeitpunkt: Der Tag des Kiffers. Von wem reden wir? Wer sind die Kiffer?
Mathias Bröckers: Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil es «die» Kiffer nicht gibt, kurzum: Die gibt es überall. Letztes Jahr hatte ich mein Hanf-Jubiläum. Ich feierte meinen ersten Joint, den ich vor fünfzig Jahren in Amsterdam geraucht hatte – und dabei kaum etwas von der Substanz gemerkt hatte. Aber so entspannt abhängen wie die Hippies, die ich damals dort erlebte, das wollte ich als 16-jähriger Provinzbubi auch. Also tastete ich mich an Marihuana ran, merkte allerdings bald: Kiffen ist prima, wenn man gut drauf ist und einen Plan hat. Wenn man jedoch keinen Plan hat und alles öde findet, wird es dadurch noch öder. Kurzum: Cannabis ist bewusstseinserweiternd. Bevor ich aber mein Bewusstsein erweitere, muss ich erst Mal eins haben. Leute, denen es schwerfällt, den Arsch hoch zu kriegen, für irgendetwas, sollten deshalb besser nicht kiffen. Ansonsten ist meine Erfahrtung: Wenn man etwas gut kann, gelingt es mit Hanf noch besser, was man es nicht gut kann, geht bekifft gar nicht mehr.
Teuflisches Gewächs, als das wurde Marihuana in den USA vor bald 90 Jahren plötzlich bezeichnet. Und seither hat die Pflanze einen schlechten Ruf. Wieso?
Nach der Wieder-Legalisierung des Alkohols Anfang der 1930er mussten die US-Prohibitionsbeamten weiterbeschäftigt werden. Und mit der Dämonisierung der Hanfpflanze schlug man zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen lieferte sie ein neues Werkzeug zur rassistischen Verfolgung von Schwarzen und Latinos, die das Kraut konsumierten. Zum anderen sorgte sie dafür, dass die Chemie- und Ölindustrie keine grüne Konkurrenz vom Acker bekommt. Dank neu entwickelter Ernte- und Verarbeitungsmaschinen hatte nämlich der uralte Hanf als alternativer Rohstoff für die Industrie, etwa für die Herstellung von Papier, Textilien und Kunststoffe, gerade milliardernschwere Zukunftsaussichten bekommen. Aber der Chemikonzern DuPont, der genau in diesem Moment die Kunstfaser aus Erdöl – Nylon – entwickelt hatte und in seinem Geschäftsbericht von einer Welt «ohne Naturfasern» schwärmte, war natürlich nicht daran interessiert, dass da eine Konkurrenz aus natürlichem Rohstoff entsteht, der ein Vielfaches mehr Papier und Holz liefert.
Es verwundert also nicht, dass die erste grosse Kampagne in den USA gegen das «Teufelskraut» Marihuana, initiiert von der neu gegründeten Abteilung Federal Bureau of Narcotics (FBN), privat finanziert war vom Chemiekonzern DuPont. 1937 wurde der Anbau von Marihuana denn auch verboten.
Heute noch gilt Marihuana in vielen Ländern als Droge und ist illegal. Uruguay beispielsweise legalisierte die Pflanze vor ein paar Jahren. Wie sieht es in der Schweiz aus?
Mit der «Single Convention» hat 1961 die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen Cannabis weltweit auf eine Stufe mit «harten» Drogen gestellt. In den letzten Jahren wurden allerdings in einigen Ländern Schritte zur Entkriminalisierung und Legalisierung unternommen, und die Folgen davon sind in jeder Hinsicht positiv. Aus den Niederlanden wissen wir schon seit Jahrzehnten, dass nicht mehr Jugendliche und junge Erwachsene kiffen, weil es legale «Coffeeshops» gibt. Und ebenso in Uruguay oder in den US-Bundestsstaaten, die den Konsum legalisiert haben, ist keineswegs das Armageddon von Sucht, Kriminalität und Wahnsinn ausgebrochen, das die Prohibitionisten seit den 1930er-Jahren an die Wand malen. In der Schweiz können ja die Kantone im kommenden Jahr – dank des neuen Experimetierartikels im Gesetz – Versuche starten und beobachten, wie eine legale Abgabe über Social Clubs und Apotheken funktionieren könnte und wie sie sich auswirkt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Ergebnisse positiv sein werden – auch aus Sicht von Polizei und Justiz. Spätestens nach Ablauf dieser Experimente, die zwischen drei bis fünf Jahre dauern sollen, wird dann wohl auch die Schweiz die Hanfprohibition aufgeben.
Im Übrigen: Cannabis wächst in nahezu jedem Klima, benötigt keine Pflanzenschutzmittel, verbessert die Böden und kann so universell und vielfältig genutzt werden wie keine andere Pflanze auf diesem Planeten, etwa als Biomasse und Energieträger, als Bau- und Faserverbundstoff. Last but not least: Hanf ist eines der ältesten Heil- und Genussmittel der Menschheit. Gegen Krämpfe, Übelkeit und viele andere Leiden, einschliesslich Stress, liefert Hanf eine hochwirksame Medizin und ist gleichzeitig eine der ungiftigsten Pflanzen, die die Pharmakologie kennt.
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