3 Fragen an Salomé Fässler, Mitgründerin von Valeriana

Valeriana ist ein Non-Profit Social Impact Projekt mit dem Ziel, die Gesellschaft näher zusammenzubringen. Menschen mit Migrationshintergrund erhalten die Möglichkeit, zu einem fairen Lohn zu arbeiten und sich so in der Schweiz zu integrieren.

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Zeitpunkt: Was gab den Anstoss, Valeriana zu gründen?

Salomé Fässler: Den Anstoss lieferte die Mutter von meinem Co-Founder. Im Jahr 1991 flüchtete sie mit drei kleinen Kindern als Kurdin in die Schweiz. Im Gepäck nur die nötigsten Habseligkeiten und die grosse Hoffnung, dass jetzt alles besser wird. Der gelernten Schneiderin zeigten sich schon bald die nächsten Hürden: Bürokratie, sprachliche Barrieren, ungewisse berufliche Perspektiven etc. 

Deswegen haben wir das soziale Impact Projekt Valeriana gegründet. Wir sind ein Non-Profit und finanzieren uns bisher privat, mit teils Unterstützung von Stiftungen für die Community-Aktivitäten. Der Weg einer erfolgreichen Integration, ganz gleich in welchem Land, führt zwangsläufig immer über die Sprache. Daran führt nichts vorbei. Die Kinder lernen dies viel rascher in der Schule. Sie sind schneller integriert und finden sofort Anschluss über neue Freundinnen und Freunde.

Den Müttern hingegen fällt das erfahrungsgemäss schwer. Ohne anerkannte Berufsausbildung haben sie ohnehin kaum Chancen auf eine Anstellung. Ihr Leben schrumpft schnell auf ein eng gestricktes Netz aus Zuhause, Einkaufsladen und wenigen Bekanntschaften zusammen. Das ändern wir mit Valeriana. Das Projekt dient als Sprungbrett in die Arbeitswelt. Ich selbst habe mit verschiedenen NGO’s in der EMEA Region zusammengearbeitet und weiss, dass Valeriana nicht nur für die Schweiz sinnvoll sein wird. 

Unsere Vision ist es, jeglicher Arbeit einen fairen Wert zu geben und Sinnhaftigkeit in alles einzubringen, was wir tun und womit wir uns tagtäglich beschäftigen. Wir möchten Vertrauen und Sicherheit aufbauen und persönliche Kontakte - authentisch von Mensch zu Mensch - fördern. Unser Ziel ist es, die Bevölkerung näher zueinanderzubringen und da zählt jeder «Touchpoint» den es zuvor noch nicht gab. Das schafft Vertrauen für alle und bringt uns als Gesellschaft deutlich weiter; alle müssen ihren Teil dazu beitragen. Unsere eigens dafür entwickelte Technologie und Plattform sind so effizient und helfen, dass wir die Valeriana-Erfolgsformel an vielen Orten multiplizieren können – je mehr Menschen wir erreichen, desto besser für unsere Gesellschaft.

Was macht Valeriana so einzigartig?

In erster Linie begegnen wir uns bei Valeriana alle auf Augenhöhe. Um die Integration unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich umzusetzen, verfolgen wir unsere ABC-Philosophie. Will heissen:  Arbeit, Bildung und Community für eine erfolgreiche und nachhaltige Integration in die Arbeitswelt und Gesellschaft. Wir arbeiten unabhängig und sind, wie zuvor erwähnt, ein selbst finanziertes Non-Profit Start-up. Wir sind frei, agil und schaffen Chancen.

Für uns ist dabei völlig klar, dass wir faire Arbeitsbedingungen schaffen und nachhaltig mit unserer Umwelt interagieren für mehr Nachhaltigkeit. Ein Beispiel dazu: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen ihre Arbeitstools von uns zur Verfügung gestellt. Wir arbeiten mit umweltschonenden und wiederauffüllbaren Reinigungsmitteln, die gut für Mensch und Umwelt sind. Also: Zero-waste und nachhaltig. Wir orientieren uns an den Sustainable Development Goals (SDG), den Nachhaltigkeitszielen der UNO.

Das «Wir-Gefühl» stärken wir mit der Integration durch Arbeit und wirkungsvoller Community-Arbeit. Somit bringen wir die Gesellschaft näher zueinander und schaffen mehr Berührungspunkte. Wir sind überzeugt, dass alle ihren Teil beisteuern können und wir so gemeinsam zum Ziel kommen. Das geschieht ganz einfach durch eine online Buchung einer unserer sieben Services über unsere Valeriana-Plattform. So kann jede und jeder soziales Engagement zeigen und jemandem die Chance bieten, zu arbeiten.

Für einige unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wir die erste Arbeitgeberin überhaupt. Ein Beispiel hierfür: Eine unserer Valerianas hatte zuvor noch nie Arbeitserfahrung gesammelt. Sie ist bei uns gestartet, hat Schulungen und Weiterbildungen erhalten und durch das positive Feedback von Kunden - und die Interaktion mit ihnen - hat sich ihr Gefühlszustand enorm verbessert. Sie fühlte sich gebraucht und wertvoll. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass diese Frau in der Zeit bei Valeriana um fünf Zentimeter gewachsen ist. Sie hat in der Zeit bei uns viel Selbstvertrauen gewonnen und ist weitergezogen. 

Welche Perspektiven bieten Sie Ihren Mitarbeitenden?

Unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bieten wir die Perspektive und die Chance, ein Teil der grösser werdenden Bewegung der Valeriana-Community zu werden. Zu den regulären Absicherungen und Versicherungen gibt’s bei uns faire Anstellungsbedingungen und sogar 20 bis 30 Prozent mehr Lohn als in der Branche üblich. Sie erhalten Unterstützung in verschiedenen Bereichen in ihrem Leben und wir helfen ihnen, unabhängiger zu werden. 

Im Gegenzug verlangen wir von unseren Valerianas, dass sie sich engagieren, unsere mehrmals wöchentlich stattfindenden Deutschklassen besuchen, an Workshops und Schulungen teilnehmen und sich in die Community einbringen. Ziel ist auch, die TELC-Prüfungen zu bestehen. Hier haben wir tolle Erfolgsgeschichten aufzuweisen, wo die Prüfungsangst überwunden wurde und die Frauen die Prüfungen bestanden haben. Das eröffnet weitere Perspektiven und hängt eng mit der Aufenthaltsbewilligungen zusammen. Die Frauen freuen sich auch darauf, sich in den Deutschstunden zu treffen und auszutauschen. Zudem finden regelmässig Schulungen «on- und off the job», Workshops im Bereich Digitalisierung und Selbstbewusstseinsförderung und generell Empowerment in verschiedenen Lebensbereichen statt. 

Mit den bei uns erlangten Diplomen «on- und off- the Job» bekommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit, sich bei anderen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zu bewerben und so weiterzugehen. Ein anschauliches Beispiel dafür: Eine unserer Mitarbeiterinnen konnte dank der Valeriana-Diplome und Weiterbildungen eine Stelle als Hauswart antreten.

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