3 Lebensfragen an Mirjam Rigamonti

Mirjam Rigamonti ist nicht nur Leserin des Zeitpunkts, sondern auch eine unserer Kolumnistinnen. Kommenden Samstag dürfen wir uns wieder auf eine Kolumne von ihr freuen. Wir wollten nun von der in Rapperswil wohnhaften 65-jährigen, die auch Psychotherapeutin, Kunstschaffende, freie Publizistin und Friedensaktivistin ist, mehr wissen. Neu werden wir in regelmässigen Abständen im Interview «3 Lebensfragen» Menschen zu ihren richtungsweisenden Momenten und Visionen in ihrem Leben befragen.

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Zeitpunkt: Welcher Moment hat Ihr Leben in eine andere Richtung geführt? Ein Wendepunkt?

Mirjam Rigamonti: Es gibt mehrere Wendepunkte, doch der folgende löste eine wahre Kettenreaktion aus: Nach einem langen steinigen Weg hatte ich das Glück, doch noch Mutter zu werden. Ich war als späte Mutter in jeder Beziehung unkonventionell. In meinem Herzen sowohl friedensbewegte Hippie-Frau als auch kritische Emanze, führte ich eine erfolgreiche psychotherapeutische Praxis für Erwachsene und Kinder.

Nun war ich glückliche Mutter, konnte die Arbeitszeit frei einteilen und fühlte mich trotzdem innerlich zerrissen, wenn ich mich um fremde Kinder kümmerte, statt bei meinem Wunschkind zu sein. So liess ich alles los, gab meine Praxis und unser selbst umgebautes Haus auf, zog an einen neuen Ort und kümmerte mich fortan spiessig-traditionell um meine inzwischen zwei Töchter. Daneben schrieb ich meine Dissertation zum Thema Gewalt. Und als meine Töchter grösser wurden, entschied ich mich, Künstlerin zu werden und meine Ausbildung in Psychologie und Ethnologie in politisch-kritischer Kunst umzusetzen. Weil dies kein Geld einbrachte und meine «Mutter-Hausfrau-Rolle» in unserer Gesellschaft wenig Ansehen hat, kompensierte ich dies mit enormen Arbeitspensen. Da dies nie wirklich genügen konnte und keine Karriere versprach, kam ich oftmals an die Grenzen meiner Kräfte. Doch da trat kürzlich ein neuer Wendepunkt, in Form eines grippalen Infektes, in mein Leben. Was es damit auf sich hat, beschreibe ich in meiner nächsten Kolumne, die diesen Samstag erscheinen wird.

Wenn Sie für einen Tag die Schweiz regieren könnten: Was würden Sie verändern?

Statt in der Politik der Angst zu verweilen, würde ich die 3-L-Regel einführen und die Menschen damit wieder an die wesentlichen Dinge des Lebens erinnern:

L iebe
L ache
L ebe

JETZT!

Die Politiker müssten eine Schulung des Herzens in Empathie, Konfliktlösung und Ethik durchlaufen und sich auch mit andersdenkenden Fachleuten konstruktiv auseinandersetzen. Politik, Bildung und Gesundheitssystem würden per sofort von wirtschaftlichen Interessen entkoppelt.

Ihre Vision der Welt 2050?

Es wäre eine Welt, in der Menschen von klein auf in den wichtigsten Eigenschaften des Lebens geschult würden: in Liebe, Achtung und Empathie sich selbst und allen anderen Lebewesen gegenüber. Konflikte würden fair, respektvoll und konstruktiv ausgetragen werden, und oberstes Ziel wäre eine optimale Lösungsfindung für die gemeinsamen Probleme. Die Menschen könnten mit Mehrdeutigkeiten umgehen und müssten nicht mehr um absolute und dogmatisch vertretene Meinungen kämpfen. Da Armut und Hunger nicht mit dem natürlichen Mitgefühl zu vereinen sind, wäre das Teilen ein selbstverständliches Bedürfnis. Die Natur würde geschätzt und massvoll behandelt werden. Werte wie Sinnhaftigkeit, Glücklich-Sein und Achtsamkeit wären wichtiger, als materielles Wachstum und Besitz. Lebensentwürfe dürften frei gewählt und gelebt werden und würden nicht mehr abgewertet und gegeneinander ausgespielt. Konkurrenz und Wettbewerb hätten mehr spielerischen Charakter und wären weniger bedeutsam, als ein  sinnvolles Miteinander.
 

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