Der Musiker und Autor Anton Brüschweiler hat die ultimative Lösung für die geschlechtsneutrale Sprache gefunden, gewissermassen das AntWort. Die Samstagskolumne.

Seit 40 Jahren versucht die Sprachwissenschaft, eine geschlechtergerechte Sprache zu etablieren. Dieses an sich vollkommen berechtigte Anliegen führte aber leider zu einem völlig unübersichtlichen Sprachdschungel.

Kein Mensch weiss verbindlich, wie er nun wirklich geschlechterneutral schreiben soll. Eine einheitliche Lösung fehlt, stattdessen gibt es unzählige, sich zum Teil widersprechende Lösungsansätze. Schreibt man jetzt liebe Leser und Leserinnen oder liebe LeserInnen oder liebe Leser*innen oder doch liebe Leser_innen oder vielleicht gar liebe Lesekraft?

Seien wir ehrlich, wir sind doch alle von diesen komplizierten Lösungsansätzen komplett überfordert. Zudem wird die Sprache so zu einem klobigen, schwerfälligen, mit komplizierten Zeichen durchsetzten Brei.

Endlich habe ich nun nach nächtelangem Nachdenken, das mich übrigens drei teure Flaschen meines Lieblingsweines Château Mouton d’ Alsace zum Flaschenpreis von 23.90 gekostet hat, die Lösung gefunden: Die weibliche Form wird in der deutschen Sprache ersatzlos abgeschafft! Mit der männlichen Form sind also ab sofort alle gemeint. Ab heute heisst es also richtig: Der Frau, der Sonne und der Kuh. Anhand der nun folgenden kurzen Schilderung eines Geburts möchte ich sie, lieber Leser, langsam aber sicher an den neuen Sprachregelung gewöhnen:

Der Geburt

«Als der Sonne endlich aufging, setzten der Presswehen ein. Ein ganzer Nacht hatte der Frau auf den Geburt gewartet. Der Hebammerich versuchte, den Frau zu beruhigen, er hielt ihm den Hand. ‹Atmen Sie ruhig durch den Nase aus und ein›, sagte der Hebammerich, der eigentlich ein Frau war. ‹Es wird nicht mehr lange dauern, bis der Mädchen da sein wird.›
Dazu ist zu sagen, dass der Frau den Geschlecht des Kindes schon kannte. Ein Woche vorher hatte ihm nämlich der Arzt, der eigentlich ebenfalls ein Frau war, bei einem Ultraschalluntersuchung mitgeteilt: ‹Der Mädchen in ihrem Bauch gedeiht prächtig.› Somit hatte der Arzt, der wie gesagt eigentlich ein Frau war, den Geschlecht unabsichtlich verraten. Der Frau wusste also, dass er in wenigen Minuten den Mädchen an den Brust nehmen konnte.»

Natürlich werden jetzt wieder viele Leser über mich lachen und denken: Der Anton, der spinnt. Nur weil Ihnen ein Idee ein bisschen ungewöhnlich vorkommt, müssen Sie mich doch nicht gleich als Spinner abtun! Ich kann Ihnen gleich was sagen: Alle Genies wurden zuerst belächelt! Als Galileo Galilei behauptete, der Erde drehe um den Sonne, wurde er auch nur ausgelacht! Aber er hatte recht, wie alle Genies! 

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Anton Brüschweiler ist Musiker, Veranstalter von Anlässen mit Geheimtipp-Potenzial (https://www.chäsigysenstein.ch) und Autor des Buches «Das AntWort – die Wahrheit des Absurden», eine Sammlung von lebensrettenden Weisheiten in einer verrückten Welt.

Anton Brüschweiler: Das AntWort – die Wahrheit des Absurden. edition Zeitpunkt, 2018. 106 Seiten, Fr. 19.00.-/€ 17.00.- Geb. Mit Illustrationen von Lukas Machata.
Leseprobe und Bestellung.


Die nächsten Lesungen:
22.9.20 Raum für Literatur, St Gallen, musikalische Umrahmung: Manuel Stahlberger
18.12.20 Literaturcafé Biel, musikalische Umrahmung: Andreas Schaerer