Eine neue Beziehung zum eigenen Körper zu entwickeln, hilft zu genesen. Das erfuhr unsere Autorin nach ihrer Diagnose: Brustkrebs.

Bild: National Cancer Institute

In unserer Gesellschaft sind es gemeinhin Spezialisten und Experten, die für unsere Gesundheit verantwortlich sind. Von ihnen erhoffen wir uns, dass sie in unserem Sinne handeln. Während wir die Verantwortung für unsere Körper und unser Leben zunehmend aus der Hand geben, bereichern sich ganze Industriezweige an dem Leid, das die sich immer weiter ausbreitenden Zivilisationskrankheiten auslösen. Es ist eine Frage des Bewusstseins, ob es uns gelingt, dauerhaft gesund zu werden.

Vor elf Jahren bekam ich die Diagnose Brustkrebs. Es war eine Woche vor meiner Hochzeit. Überrollt von den Ereignissen folgte ich dem Protokoll, das man mir anbot: sechs Sitzungen Chemotherapie, chirurgischer Eingriff, 35 Bestrahlungen, fünf Jahre Hormontherapie. Vielleicht zehn. Das Übliche. Millionen Frauen auf der ganzen Welt haben diese Behandlung am eigenen Körper durchgemacht. Viele haben sie nicht überlebt.

Meine Überlebenschancen, so sagte man mir, stünden gut. Was man mir nicht sagte: für die nächsten fünf Jahre. Doch ich wollte leben, nicht nur überleben. Ich wollte vollkommen gesund werden, nicht nur in Remission gehen.

Ich glaubte nicht an die Geschichten von Killermonstern und bösartigen Zellen. Wie, so fragte ich mich, sollen Körperzellen «bösartig» sein? Ich war krank. Kranke brauchen Ruhe, Pflege und Zuversicht, wieder gesund zu werden. Stattdessen wurde mir der Krieg erklärt: Ich bekam ein Derivat des Senfgases verabreicht, dessen tödliche Effizienz in den Schützengräben des Ersten Weltkrieges erprobt wurde, und radioaktive Strahlungen, deren zerstörerische Wirkung am Ende des Zweiten Weltkrieges getestet wurde. (*)

 

Überall lauert der Feind

Seit den grossen Kriegen des vergangenen Jahrhunderts sind es unsere Körper, die in Schlachtfelder verwandelt werden. Die «Bösen» werden bekämpft, und man hofft, dass die «Guten» gewinnen. Für das Resultat gibt es keine Garantie. Jeder Mensch reagiert anders auf die standardisierten Protokolle. Am Ende ist nicht mehr zu unterscheiden, ob es der Krebs ist, der uns so zugesetzt hat, oder seine Behandlung. Viele sehen nach getaner Arbeit so mitgenommen aus, dass sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihrer Umgebung Angst machen.

Viren sind die heutigen Stars unter den Angstmachern.

So kann das Narrativ vom Killermonster aufrechterhalten werden. Es erfreut sich bester Gesundheit. Und das, obwohl immer wieder von «Durchbrüchen» die Rede ist, die den Krebs endgültig zu Grabe tragen sollen. Trotz jahrzehntelanger Forschung, millionenfacher Behandlungen und unermesslicher finanzieller Mittel sind wir heute mit der Tatsache konfrontiert, dass der Krebs sich zu einer der ersten Todesursachen gemausert hat.

Damit nicht genug. Nicht nur hinterhältige Körperzellen trachten uns nach dem Leben, sondern auch bösartige anorganische Kleinststrukturen. Viren sind die heutigen Stars unter den Angstmachern. Nach AIDS, Vogelgrippe, Schweinegrippe und Ebola ist es mit Covid-19 gelungen, die Welt davon zu überzeugen, dass die Gefahr überall lauert.

Das Schlimmste: Wir merken es nicht einmal! Während bei Krebs banale Anzeichen auf eine potenziell tödliche Krankheit hinweisen können, sind es bei Covid-19 oft eben keine Symptome, die sich als fatal auswirken können.
 

Alles unter Kontrolle

Während uns die Kontrolle über unsere Körper, unsere Gesundheit und unser Leben zunehmend entgleitet, übernehmen andere das Steuer. Spezialisten und Experten kümmern sich um uns. Wir müssen nur noch schlucken, was man uns verabreicht, und daran glauben, dass das globale Netz, das etwa die Weltgesundheitsorganisation zur Erkennung, Überwachung, Identifizierung und Verfolgung von Infektionskrankheiten spinnt, zu unserem Besten ist.

Allein die Frage, ob es anders sein könnte, treibt viele an den empfindlichen Rand ihres Weltbildes. Was nicht sein darf, das kann nicht sein. Die globalen Vereinigungen handeln im allgemeinen Interesse, die Wissenschaft forscht in unserem Sinne, und unsere Ärzte setzen sich Tag und Nacht für unser Leben ein. Werden die vielen Verordnungen, Kontrollen und Gesetze, die uns auf Schritt und Tritt verfolgen, nicht zu unserer Sicherheit beschlossen? Ist Gesundheit nicht quasi zu einer Pflicht geworden? Wer könnte da denken, es ginge um etwas anderes als um unser aller Wohlsein?

 

In der Sackgasse

Es sind die guten Absichten, die das Bollwerk bilden zwischen masslosem Gewinnstreben und den zur Ohnmacht degradierten Patienten. Sie haben kaum noch eine andere Wahl, als die Protokolle der industrialisierten Medizin über sich ergehen zu lassen. Das medizinische Personal handelt nach bestem Wissen und Gewissen. In einem langen und entbehrungsreichen Studium lernen die angehenden Ärzte das auswendig, was als erwiesen gilt. Zeit für Fragen und Zweifel gibt es nicht. Die Formatierten stehen so unter Druck, dass sie nur noch das ausführen können, was von ihnen verlangt wird.

Die ständige Überforderung sorgt dafür, dass sich daran auch in der Zukunft nichts ändert. Parallel werden alternative und natürliche Heilmethoden verunglimpft und ausgegrenzt. Homöopathie und energetisches Heilen gelten zunehmend als wirkungslose oder gefährliche Spinnereien, und der Zugang zu natürlichen Heilkräutern wird mittels Patentierungen durch die Industrie erschwert oder verunmöglicht. Die Psychologie spielt bei der Diagnose und Behandlung schwerer Erkrankungen so gut wie keine Rolle und wird hauptsächlich dafür eingesetzt, dass die Patienten die Protokolle möglichst klaglos über sich ergehen lassen.

Es erfordert eine Menge Mut, hiervor nicht die Augen zu verschliessen. Es braucht Mut, sich für eine andere Sicht als die eigene zu öffnen. Mut, sich auf unbekanntes Terrain zu wagen. Mut, wirklich ehrlich zu sich selbst zu sein. Und Mut, sich einzugestehen, dass man sich vielleicht geirrt hat. Ob wir diesen Mut haben oder nicht: Früher oder später wird der Moment kommen, in dem es uns wie Schuppen von den Augen fällt.

 

Die Sprache des Lebens

Was wahr ist und was falsch, erkennen wir, wenn wir hinausgehen in die Natur. Hier ist alles echt. Hier gibt es keine Lüge, keinen Fortschritt und keinen Abfall. In der Natur ist alles Zyklus. Die Natur braucht niemanden, der auf sie aufpasst und der kontrolliert, ob auch alles in Ordnung ist. Sie ist Ordnung. Die Natur braucht keine Medizin. Sie ist Medizin. Die Natur braucht keinen Retter. Sie kann sich von sich aus regenerieren.

Gebieten wir dem Waffengerassel Einhalt und hören wir ganz genau hin: Unser Körper spricht mit uns.

Alles, was die Natur braucht, ist, dass wir sie in Ruhe lassen. Hören wir also auf damit, ständig in die natürlichen Prozesse einzugreifen und es Fortschritt zu nennen. Nehmen wir die Finger aus dem Spiel und lassen wir die Natur machen, so, wie sie es Milliarden Jahre ohne uns getan hat. Sie braucht nicht unser Know How. Sie hat ihre eigene Intelligenz, ihre eigene Biologie, ihre eigene Sprache des Lebens: bio-logos. Lernen wir, diese Sprache erneut zu verstehen.

Gebieten wir dem Waffengerassel Einhalt und hören wir ganz genau hin: Unser Körper spricht mit uns. Er sagt uns, wann uns eine Laus über die Leber gelaufen ist, wann uns etwas auf den Magen schlägt oder in den Rücken «schiesst». Krankheiten und Beschwerden fallen nicht vom Himmel in uns hinein. Sie haben etwas mit unserer Lebensweise zu tun und mit dem Umgang mit uns selbst. Wenn heute eine immer länger werdende Liste von Zivilisationskrankheiten Pest und Cholera verdrängt hat, dann ist das kein Zufall, sondern ein Ausdruck dafür, dass sich unsere Körper gegen das wehren, was wir ihnen antun.

 

Der Lohn der Angst

Die industrielle Medizin konzentriert sich darauf, das Symptom zu unterdrücken und die Sprache des Körpers zum Schweigen zu bringen. Sie kann die meisten Zivilisationskrankheiten nur behandeln, nicht heilen. Und um Heilung geht es auch gar nicht. Ein auf Gewinn ausgerichtetes System braucht kranke Menschen. Und wenn sie noch nicht krank sind, dann sollen sie soviel Angst vor Krankheit haben, dass sie sich behandeln lassen, obwohl da gar nichts ist.

Ideale Angstmacher sind Viren. Man kann sie nicht sehen, nicht einmal wirklich nachweisen. Einige Wissenschaftler ziehen in Zweifel, dass es sie überhaupt gibt.

Als unsichtbare Feinde, so wird gesagt, bedrohen sie unser aller Leben. Ein Grossteil der Menschheit würde ihnen zum Opfer fallen, wenn es keine Labore gäbe, in denen fieberhaft daran gearbeitet wird, die globale Gefahr zu besiegen.

Impfung heisst das Schwert des edlen Retters, der die Menschen vor ihrem Untergang bewahren soll. Das Prinzip ist genial: Eine Erkrankung wird verhindert, noch bevor sie zum Ausbruch kommt. Wer möchte nicht an diese Idee glauben? Wer möchte nicht glauben, dass wir dank der Impfung Polio und Tuberkulose überwunden haben? Wer würde nicht erbost die Stimmen zurückweisen, die diesen Fortschritt in Zweifel ziehen? (**)

Verantwortung bedeutet, die Idee vom bösen Angreifer, vom ohnmächtigen Patienten und vom rettenden Experten zu begraben.

So glaubt die Mehrheit unerschütterlich daran, dass die Medizin, die uns verabreicht wird, uns vor allem nützt. Sicher, es werden auch Fehler gemacht. Es gibt auch Korruption und Interessenskonflikte. Und natürlich geht es auch um Profit. Doch im Grunde ist alles doch in Ordnung, oder? Nur wenige Menschen brechen aus dieser Komfortzone aus. An irgendetwas muss man schliesslich glauben. Wenn schon kein Gott mehr über uns wacht, dann doch immerhin die Götter in Weiss.

 

Die Entscheidung

Wer wirklich gesund werden will, der geht einen anderen Weg. Er übernimmt selbst die Verantwortung für seinen Körper, seine Gesundheit und sein Leben. Verantwortung bedeutet, die Idee vom bösen Angreifer, vom ohnmächtigen Patienten und vom rettenden Experten zu begraben. Sie sind Konstrukte eines Denkens, das immer wieder neue Kriege und neue Waffen erschafft. Frieden kann eintreten, wenn nicht mehr die Angst unser Ratgeber ist, sondern das Vertrauen in die Prozesse des Lebens.

Anstatt unseren Körper verstrahlen und vergiften zu lassen und hemmungslos in ihn einzugreifen, unterstützen wir seine Genesung mit natürlichen Mitteln. Wir vertrauen auf seine Selbstheilungskräfte und konzentrieren uns auf das Wesentliche, auf das, was uns dauerhaft gesund macht: die Achtung vor uns selbst. Wir erkennen, dass Krankheit ein Ausdruck dafür ist, wo wir unsere eigenen Bedürfnisse und Wünsche vernachlässigen.

Das Symptom teilt uns mit, wo wir uns von uns selbst entfernt haben. Hier haben wir uns vergessen. Wir stehen nicht zu uns. Wer das versteht, der macht sich an die Arbeit. Er beginnt, das aus dem Weg zu räumen, was den Zugang behindert. Auf Hilfe muss er hierbei nicht verzichten. Doch die Verantwortung liegt allein bei ihm: die Aufgabe, seinem Körper zu antworten. «Ich bin da. Ich stehe zu dir.» Wer so die Wichtigkeit der Fürsorge erkennt, der trägt dazu bei, dass nicht nur er selbst gesundet, sondern auch die Welt, in der er lebt.

 

Eine Frage des Vertrauens

In diesem Sinne habe ich mich auf den Weg gemacht. Nachdem ich das Protokoll anfangs über mich ergehen liess, habe ich die Hormontherapie eigenmächtig abgebrochen und folge seit vielen Jahren keiner Untersuchung mehr. Es geht mir gut. Nicht mehr Spezialisten kümmern sich um mich, sondern mit natürlichen Methoden heilende Therapeuten und vor allem ich selbst.

Ich arbeite daran, den Nestkonflikt zu lösen, der sich hinter einem Brustkrebs verbirgt, dem Leid der Brust, Organ des Nährens und des Gebens. Ich lerne es, mir selbst Mutter und Vater zu sein und für das verletzte Kind in mir, dessen Hilferuf der Krebs war, zu sorgen. Damit werde ich mein Leben lang zu tun haben. Es gibt keine Garantie, dass der Krebs nicht zurückkommt oder an einer anderen Stelle auftritt, ob als Folge der Vergiftungen, die ich erlitten habe, oder als Ausdruck eines Problems, das es zu lösen gilt.

Niemand kann sicher sein, dass die Dinge sich so abspielen, wie er sie sich vorstellt und wünscht. Doch wir können darauf vertrauen, dass das, was unser Körper äussert, seine Richtigkeit hat. Als ein Teil der Natur spricht er die Wahrheit. Ihr können wir nicht entkommen. Wir können sie nicht bekämpfen. Alles, was wir tun können, ist, die Information anzunehmen und mehr und mehr das abzulegen, was uns blockiert und schwer und undurchdringlich macht. Und das ist eine ganze Menge.


* Kerstin Chavent: Die Waffen niederlegen. Die Botschaften der Krebszellen verstehen. Scorpio 2019

** Kerstin Chavent: In guter Gesellschaft. Wie Mikroben unser Überleben sichern, Scorpio 2020