Kantone winken Umrüstung auf 5G ohne Baubewilligungen durch
Seit einigen Jahren können sich Mobilfunkanbieter kleine Änderungen an Antennen im «Bagatellverfahren» von der kantonalen Fachstelle bewilligen lassen. Doch ein neues, unabhängiges Gutachten im Auftrag der Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) zeigt nun: Die Umrüstung auf eine adaptive Antenne ist keine Bagatelle, sondern bedarf eines ordentlichen Baubewilligungsverfahrens.
Wer in der Schweiz etwas umbauen will, braucht eine Baubewilligung. Doch für Mobilfunkbetreiber habe das bisher nur selten gegolten, teilt der Verein Schutz vor Strahlung in einer Medienmitteilung mit. Folgendes Beispiel soll dies aufzeigen: Ein Mobilfunkbetreiber beantragte im Jahr 2008 den Bau einer 3G-Antenne und erhielt eine Baubewilligung. Danach fand bestenfalls eine Abnahmemessung vor Ort statt. Gut zehn Jahre später wurde beim Kanton eine Umrüstung auf 4G oder 5G beantragt: Dies bedingt den Ersatz der Antennenkörper sowie eine Ergänzung mit Verstärkern. Nach Abschluss des Umbaus ging eine Kontrolle vor Ort mit entsprechenden Messungen «vergessen».
Im Rahmen eines solchen Bagatellverfahrens erfahren meist weder die betroffene Gemeinde noch die Bevölkerung vom Vorhaben. Wenn der Kanton zustimmt, kann der Mobilfunkbetreiber die Anlage seinen Plänen gemäss umbauen.
Dass solche Bagatellverfahren tatsächlich existieren, zeigt auch das Faktenblatt Verfahrensmöglichkeiten zur Einführung von 5G auf Mobilfunkanlagen. Rechtlich gesehen befreit der Kanton die Mobilfunkbetreiber im Rahmen eines Bagatellverfahrens von der Baubewilligungspflicht. «Doch er müsste in unseren Augen das Gegenteil tun: Bei Änderungen auf adaptive Antennen sollte er ein Baubewilligungsverfahren verlangen!», so der Verein. Änderungen, die räumliche Folgen haben oder die Umwelt beeinträchtigen, bedürfen einer Baubewilligung, meist durch die Gemeinde. «Im obigen Beispiel hat sich die Anzahl Frequenzbänder verdoppelt.» Zudem würden die Anwohnerinnen und Anwohner von diesem Zeitpunkt an mit einer adaptiven 5G-Antenne bestrahlt. Über deren Köpfe hinweg installierten die Betreiber eine völlig neue, gefährliche Technologie.
«Unsere Recherchen ergaben, dass schweizweit rund 600 Mobilfunkanlagen in Landwirtschaftszonen widerrechtlich auf adaptives 5G umgerüstet wurden.» Rechtlich gesehen müsste zumindest die adaptive Antenne auf diesen Anlagen wieder abgeschaltet werden. Brisant sei dabei insbesondere, dass mehrere Kantone Anfragen für Listen von adaptiven 5G-Antennen in ihren Landwirtschaftszonen abblockten. Gemeinden ihrerseits reagierten kaum auf die Aufforderung, selbstständig alle Antennen zu überprüfen, um sie wenn nötig ausschalten zu lassen. «Dies führt dazu, dass die Bevölkerung in aufwändigen Verfahren die Abschaltung einer Antenne erstreiten muss, was auch für die Gemeinden unnötigen Mehraufwand und Ärger bedeutet.»
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