Warum uns Krank-Sein oft gesünder und glücklicher macht, als wir es vorher waren. Kolumne.

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Ich war krank. K R A N K ! Welch Unwort! Seit zwei Jahren verbiete ich mir krank zu werden. Bei der kleinsten Erkältung sperrte ich mich freiwillig und prophylaktisch von allen potentiell gesunden Menschen weg. Ich will ja keine Angstneurosen befeuern! Seit zwei Jahren missgönne ich mir diese kleinen Ausstiege aus dem Schaffensprozess, aus dem Anspruch, ständig funktionieren zu müssen. Seit zwei Jahren verzichtete ich darauf, einfach mal liegen zu bleiben im kuschelig warmen Bett und mich von meiner Familie mit Tee und kleinen Achtsamkeiten verwöhnen zu lassen. Seit zwei Jahren war ich durchwegs gesund, nicht mal das kleinste Hüsteln erlaubte ich mir.

Doch nun hab ich es zugelassen: Ich war krank, so richtig krank mit hohem Fieber, Erkältungssymptomen und dem einzigen Wunsch: zu schlafen und in Ruhe gelassen zu werden. Ich war krank, und nichts Schlimmes geschah…! Ich trank literweise Cistustee, inhalierte Schwarzkümmelöl, schlief viel und gönnte mir die vom Körper verordnete Auszeit.

Meine grösste Sorge war, dass ich es bis anhin versäumt hatte, meine Patientenverfügung so zu ändern, dass ich Spitäler und Beatmungsgeräte möglichst meiden möchte. Mein Vertrauen in die ärztliche Kunst ist in den letzten zwei Jahren immer mehr gesunken, kommt mir die ganze «Wissenschaft» doch eher vor wie eine Lotterie, bei dem sich durchsetzt, wer am meisten Geld, Macht oder Stimme hat. Doch gerade Vertrauen in die ärztliche Behandlung wäre eine wichtige Voraussetzung für einen positiven Placeboeffekt, der die Heilung vorantreibt.

Nun geht es mir besser und ich gönne mir einen kleinen Rückblick in Coronas Kuriositäten-Kabinett:

Früher war ich krank und die Selbstdiagnose «Grippe» war Erklärung genug. Diesmal wurde getuschelt und gemutmasst, ob es möglicherweise Corona sein könnte? Unverständnis kam mir entgegen, wenn ich sagte, dass dies durchaus möglich wäre. «Ja, hast du dich denn nicht getestet?!» «Nein, warum denn? Ich stelle es mir nicht gerade gesundheitsförderlich vor, fiebrig durch die Kälte zu irgendeinem ungemütlichen Testzentrum zu gehen, um dort eine unangenehme Nasenpenetration über mich ergehen zu lassen. Zudem hätte das Resultat ja nichts an meiner Behandlungsart geändert und zu Hause blieb ich ja freiwillig und gerne, wie früher auch immer.

Eine Freundin versuchte mir das begehrte Genesenenzertifikat schmackhaft zu machen. Sie selber war, trotz Impfung, krank geworden und hat sich diesen Freifahrschein ergattert. Wieder meine Frage: «Wozu? Um einige Monate lang als immun zu gelten und an Orte gehen zu dürfen, die ich unter all diesen merkwürdigen Bedingungen noch so gerne freiwillig meide? Oder um in einer zentralen Datei gespeichert zu sein und dadurch ein System mitzutragen, das ich unsinnig finde? Nein danke, auf dieses Zückerchen verzichtete ich noch so gerne!»

Einige Bekannte setzten selbstverständlich voraus, dass ich sicher geimpft und darum zum Glück nichts zu befürchten hätte, sie verstanden die Welt nicht mehr, als ich mich als überzeugte Ungeimpfte outete, die sich von jeher gegen allzu unnatürliche Eingriffe in unsere doch eigentlich perfekt funktionierende Natur stellte.

Nun bin ich also, allen Unkenrufe zum Trotz, auf dem Weg zur Besserung und blicke sogar dankbar zurück auf meine Zeit des Krankseins:

So habe ich gelernt, auf meine Körper zu hören und ihm zu vertrauen, ohne mich von irgendwelchen äusseren Gespenstern verängstigen zu lassen; Ich habe erfahren, wie wohltuend es ist, einfach nichts tun zu müssen, mich zurückzunehmen und die Dinge geschehen zu lassen, ohne mich für alles verantwortlich zu fühlen. Und gerade weil das Leben endlich und darum umso wertvoller ist, nehme ich mir nun verstärkt die Freiheit, gut für mich selber zu sorgen und lasse den Anspruch los, von allen geliebt, verstanden oder bewundert werden. Ich bin frei und für mein Leben selber verantwortlich und niemand kann oder darf mir dies abnehmen.  

Wer hätte gedacht, dass fünf kleine Buchstaben – KRANK – zu so vielen Worten inspirieren würden?! Und dass eine kleine Leidenszeit zu so viel wertvoller Einsicht führen würde…?
 

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Mirjam Rigamonti Largey aus Rapperswil in St. Gallen ist Psychotherapeutin, hat Psychologie, Religions-Ethnologie und Ethnomedizin studiert, arbeitet als Kunstschaffende, freie Schriftstellerin und als Friedensaktivistin.

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