Chapeau! – fürs Velodach
Wer mit dem Velo oder zu Fuss unterwegs ist, kann über velodach.ch gratis bei anderen Mitgliedern dieses Netzwerks übernachten. Dies schont das Portemonnaie genauso wie die Umwelt – und beschert einem interessante Begegnungen und Gespräche.
Schon mehr als dreissig Jahre lang vermittelt die Plattform velodach.ch Menschen, die unmotorisiert reisen, gratis Übernachtungen in Privatunterkünften. Den Service in Anspruch nehmen dürfen alle, die auch bereit sind, als Gastgeber zu wirken und ihrerseits Reisende bei sich aufzunehmen. Ins Leben gerufen wurde das Projekt 1991, ursprünglich war es in erster Linie für Velofahrerinnen und Velofahrer gedacht. Inzwischen können auch Wanderer, Rollschuhfahrerinnen und Kanufahrer teilnehmen – alle, die «aus eigener Kraft unterwegs sind», wie es Velodach-Leiter Twan Boonstoppel formuliert. «Übernachtungsverzeichnis für langsam Reisende» heisst es auf der neuen Website, die seit kurzem online ist.
Entstanden ist die Idee nach dem Vorbild der deutschen Plattform «Dachgeber», die bereits seit 1987 existiert und inzwischen mehr als 3600 Adressen in seiner Kartei hat. Bei Velodach sind es knapp 500, der Grossteil davon in der Schweiz – wobei auch einige Unterkünfte in Österreich und Deutschland dabei sind, sogar zwei in Holland.
«Anfang der 90er Jahre war das etwas ganz Neues», erinnert sich Boonstoppel. «Da gab es noch keine internationalen Plattformen wie Warm Showers oder Couchsurfing.» Boonstoppel hat Velodach 2018 übernommen und kann seither jedes Jahr einen kleinen Mitgliederzuwachs verzeichnen. «Es ist ein Selbstläufer und wird vor allem über Mund-zu-Mund-Propaganda bekannt.» Beliebt ist Velodach bei ganz verschiedenen Menschen: Studierende oder andere, die nicht viel Geld für Hotelübernachtungen haben, nutzen die Plattform genauso wie ältere Menschen, die gerne Gäste bei sich haben.
«In meiner Jugend war ich viel mit dem Velo unterwegs – da habe ich oft Bauern gefragt, ob ich bei ihnen auf dem Feld oder in der Scheune übernachten könne», sagt Boonstoppel. Aus eigener Erfahrung weiss er, wie bereichernd diese kurzen Begegnungen sein können: «Da man nur schon durchs Interesse am Velofahren oder Wandern Gemeinsamkeiten hat, ergeben sich immer interessante Gespräche.» Probleme mit unangenehmen Gästen treten höchst selten auf.
Die Funktionsweise der Plattform ist äussert simpel: Wer den kleinen Mitgliederbeitrag von 20 Franken pro Jahr bezahlt, bekommt Zugang zur Adresskartei. Eine passende Unterkunft kann entweder durch Klick auf die Übersichts-Landkarte gefunden werden oder über die Suchfunktion in der Datenbank, in der alle Gastgeber-Profile ersichtlich sind. Die Kontaktaufnahme erfolgt bilateral, und natürlich hat man als registrierter Gastgeber auch die Möglichkeit, Nein zu sagen, wenn man am entsprechenden Tag keine Zeit oder keine Lust auf Gäste hat. Es soll ja kein Zwang sein, sondern eine Bereicherung.
Wir ziehen den Hut vor der Initiative, die sich bereits seit mehr als 30 Jahren hält und nicht nur Portemonnaie und Umwelt schont, sondern auch etwas Entschleunigung in unsere schnelllebige Zeit bringt – und nicht zuletzt einen Beitrag zu einem aktiveren Sozialleben leistet, indem es Menschen in einem entspannten, freundlichen Ambiente zusammenbringt.
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