Unser Autor Anton Brüschweiler wird 60. Und hat natürlich eine Kolumne dazu geschrieben. Zum Beispiel darüber, was Bleistifte mit Musikkassetten zu tun haben … 

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Letzte Woche wurde ich doch tatsächlich 60. Ich kann es kaum fassen! Mein Leben verflog im Zeitraffer. Nach meinem relativen Zeitgefühl würde ich schätzen, dass ich höchstens seit 40 Jahren den Planeten unsicher mache. Doch beim Zurückdenken wird mir bewusst, wie krass sich in den letzten 60 Jahren alles verändert hat. Unvergessen bleiben da etwa meine Erlebnisse im Krompholz Bern. Die Firma Krompholz führte ab den siebziger Jahren den grössten Musikladen Berns. Der Shop hatte eine riesige Schallplattenabteilung.

Ich erinnere mich noch gut, wie ich diesen Laden als 13-Jähriger mit meiner zwei Jahre älteren Schwester betrat. Sie hatte mehrmals ein Lied im Radio gehört und wollte nun die Langspielplatte dieser Gruppe käuflich erwerben. Das Problem dabei: Sie wusste weder wie der Song hiess, noch von welcher Gruppe er stammte. Aber die Melodie des Refrains kannte sie. Um die richtige Platte zu finden, wählte sie einen damals durchaus üblichen Weg: Sie sang die Melodie einer Verkäuferin vor, leider sehr unrein und laut. Der halbe Laden drehte sich nach uns um. Am liebsten wäre ich vor Scham im Erdboden versunken. Die Verkäuferin brauchte nur wenige Sekunden, bis sie herausposaunte: «Das ist Mexico von Los Paraguayos.» Zwanzig Sekunden später hatte sie die LP zur Hand.

Meine Schwester bezahlte und wir verliessen überglücklich den Laden. Das Shazam dieser Zeit bestand also aus Vorsingen vor einer Verkäuferin. Ich selbst konnte mir damals noch keine Langspielplatten leisten. Also nahm ich meine Lieblingsmusik auf Kassetten auf. Nur betagte Menschen wie ich wissen noch, warum wir damals oft einen Bleistift zur Hand nahmen mussten, um diese Tonträger wieder flott zu machen.

Sehr gut kann ich mich auch an den Tag erinnern, als im Gymnasium die ersten fünf Computer eintrafen. Ehrfürchtig und fast etwas angsterfüllt pilgerten wir der Reihe nach in den Computerraum, um diese Wunder der Technik zu betrachten. Es war eine riesige Sensation, denn wir hatten vorher noch nie einen Computer gesehen. Ungefähr zehn Jahre später unterschrieb ich meinen ersten Arbeitsvertrag als Gitarrenlehrer an einer Musikschule. Im Vertrag, den ich immer noch in einem Ordner aufbewahre, stand unter anderem: «Es ist der Lehrkraft verboten, während des Unterrichts alkoholische Getränke zu konsumieren und zu rauchen.»

Erst wenn ich mich daran erinnere, was ich alles erlebt habe und wie krass sich die Welt während meines Lebens verändert hat, wird mir klar, dass ich schon eine sehr lange Zeit auf diesem Planeten verbringe und dass diese 60 Jahre in der Tat länger sind, als ich sie subjektiv empfinde.

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